Der Wald des Vergessens
dich die Scheiße!«
Ellie hackte ein Stück aus ihrer Lasagne, froh darüber, wieder in ihre Rolle als Stimme der Vernunft schlüpfen zu können.
»Keine Scheiße, nur ein paar gute Dialoge für einen viktorianischen Roman«, sagte sie. »Wohin bringt dich das? Nirgendwohin. Ada ist an die Grenze gestoßen. Du brauchst mehr als ein bißchen unheimlichen Zufall, um sie zu überwinden.«
»Es gibt noch immer Poll Pollinger.«
»Einzelheiten aus dem Prozeß, meinst du? Mach dir nur ja keine Hoffnungen. So wie es klingt, wurden die Prozesse nicht gerade unter idealen Bedingungen abgehalten, mit einem Stenographen, der Wort für Wort mitschrieb. Du weißt, was man ihm vorgeworfen hat, und du weißt, daß man ihn für schuldig befunden hat. Ich habe den Verdacht, selbst wenn es Poll gelingen sollte, aus ihrem schrägen Oberst die Genehmigung zu Exzerpten herauszuquetschen, sind die vielleicht alles in allem eine halbe Seite lang und sagen nicht viel mehr aus, als du ohnehin weißt. Das ist eine persönliche Sache, Peter. Laß es persönlich bleiben. Lies seine Tagebücher. Nach dem, was ich bisher gelesen habe, scheint er ein Mensch gewesen zu sein, von dem abzustammen man stolz sein kann. Und wenn der Krieg und das System ihn fertiggemacht haben, dann bete darum, daß du und die Deinen nie bis auf Biegen oder Brechen auf dem Prüfstand stehen. Jeden Tag sehe ich im Fernsehen Dinge, von denen ich weiß, daß ich sie nie ertragen könnte. Wenn man das mit mir machen würde, würde ich untergehen. Vielleicht können wir einiges davon ändern. Aber bis es soweit ist, sei stolz, verlier die Hoffnung nicht und iß deine Lasagne.«
»Nun will ich aber verflucht sein, wie deine Tochter gesagt hätte, bevor Miss Martindale mit ihrem Zauberstab wedelte«, sagte Peter Pascoe. »Ich habe eine Philosophin geheiratet. Auf dein Wohl, Sokrates.«
Er hob das Glas. Das Telefon klingelte.
»Scheiße«, sagte Pascoe im Gefühl, daß Miss Martindale ihm zugestimmt hätte.
Er stand auf und ging in die Diele. Ellie hörte seine Stimme in der Ferne, bemühte sich aber bewußt nicht, aus den Lauten einen Sinn zu konstruieren.
Sie sah an seinem Gesicht, daß sie gut daran getan hatte. Es war nichts, was sie wissen wollte.
»Was?« fragte sie.
»Es war Andy«, sagte er. »Wendy Walker ist gestorben. Und man hat Cap Marvell verhaftet.«
Zwölf
A ls es Freitag mittag geworden war, schien Adas Beerdigung weit, weit zurückzuliegen. Vermutlich empfand Dalziel den Weg, den er seither zurückgelegt hatte, als ebenso weit, wenn nicht noch weiter.
Spät an jenem Montag abend hatte er Cap Marvell zum ersten Mal gesehen. Während der nächsten zwei Tage war er, wenn die Gerüchte stimmten, mit ihr in eine Beziehung getreten, die ihm etwas bedeutete.
Und am Abend des dritten Tages hatte er sie über ihre Rechte aufgeklärt.
Die Anklage gegen sie stützte sich bisher im wesentlichen auf Indizien. Man hatte in ihrem Discovery eine Hosenklammer gefunden, die der entsprach, die Wendy an der linken Fessel trug, sowie Öl und Rostspuren, die von ihrem Fahrrad stammen konnten. Cap Marvells Erklärung lautete, Wendy und ihr Fahrrad bei mehreren Gelegenheiten mitgenommen zu haben. Um es im Kofferraum unterbringen zu können, habe Wendy das Vorderrad ausgebaut und dabei möglicherweise eine Menge Rost gelöst und Öl verschmiert.
Es waren auch Blutspuren auf dem Rücksitz gefunden worden. Die Blutgruppe stimmte mit der Wendy Walkers überein. Marvell erinnerte sich, daß jemand aus ihrer Gruppe sich bei einer Demo, zu der sie mit dem Discovery gefahren waren, geschnitten hatte. Die Untersuchung ergab, daß die betreffende Frau ebenfalls Blutgruppe 0 hatte.
Die vordere Stoßstange wies einen frischen Kratzer auf, der davon herrühren konnte, daß er mit dem Vorderrad eines Fahrrads in Berührung gekommen war. Reste aus den Rillen der Vorderräder unterzog Dr. Tod jedem Test, den er kannte, um eine Verbindung mit dem Fahrrad oder Ludd Lane herzustellen.
Cap Marvells Behauptung, am Tag des Anschlags in Redcar auf einer Hochzeit in Scarborough gewesen zu sein, hatte sich bestätigt. Genaueres Nachfragen hatte allerdings ans Tageslicht gebracht, daß ein beträchtlicher Teil der offiziellen Gäste politische Aktivisten verschiedener Couleur gewesen waren, einschließlich Meg Jenkins und Donna Linsey von ANIMA . Was die zusätzlichen, nicht geladenen Gäste betrifft, die nach der Trauung zur Party in der Gaststätte aufkreuzten, konnte man davon
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