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Der Wald: Roman

Der Wald: Roman

Titel: Der Wald: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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können.
    Nur die Fläche des Sees trennte ihn von den jungen Frauen. Es waren nicht mehr als dreißig Meter, schätzte Ettie. Wenn er Lust hatte, konnte er die Strecke in einer halben Minute schwimmen.
    »Lass sie einfach in Ruhe«, flüsterte Ettie.
    Sie betrachtete die Mädchen. Sie saßen nah zusammen auf Steinen, reichten ein paar kleine Beutel herum und aßen daraus.
    Mittagspause, dachte Ettie. Sie hoffte, dass es dabei blieb, dass sie schnell aufessen und sich wieder auf den Weg machen würden.
    Das Mädchen mit dem Cowboyhut, das mit dem Rücken zu Ettie saß, zog die karierte Bluse aus. Die Träger des BHs leuchteten hell auf der gebräunten Haut. Sie stand auf und streckte sich, als würde sie die Brise genießen. Dann beugte sie sich vor und legte ihren Hut auf den Stein. Sie strich sich über das kurze braune Haar, wandte sich von den anderen ab und ging zum Ufer. Dort kniete sie nieder und tauchte eine Hand ins Wasser.
    Ettie sah nach Merle. Er war verschwunden.
    Die junge Frau kehrte zu ihren Freundinnen zurück. Sie nahm ihren Hut von dem Stein, setzte sich wieder und begann, ihre Stiefel aufzuschnüren.
    »Du Närrin«, murmelte Ettie. Sie spähte zum gegenüberliegenden Ufer, konnte Merle aber immer noch nirgendwo entdecken.
    Eines der anderen Mädchen, ein knochiges Ding in Jeans und einem verblichenen blauen Hemd, stand auf und stopfte einen Beutel in ihren Rucksack. Dann zog sie das Hemd aus. Ihre Brüste waren kleine Hügel, weiß bis auf die dunklen Spitzen.
    »Oh Merle, Merle.« Die Versuchung würde zu groß für ihn sein.
    Sie erwog, schreiend zu den Mädchen hinabzulaufen und zu versuchen, sie wegzujagen. Aber das hätte alles aufs Spiel gesetzt. Sie würden mit Sicherheit jemandem von der wilden Frau erzählen, die sie vertrieben hatte – vielleicht einem Ranger. Mit einem Zauber ließe sich das regeln, aber warum ein Risiko eingehen? Ein guter Zauber war schwierig herbeizurufen, und man konnte sich nicht immer darauf verlassen, alles damit in Ordnung zu bringen.
    Es wäre besser, Merle zu finden und ihn aufzuhalten, ehe er eine Dummheit beging.
    Das Mädchen, das ihre Hand ins Wasser gesteckt hatte, war wieder aufgestanden und zog ihre Shorts herunter. Die Vollbusige hatte ihr T-Shirt ausgezogen und griff hinter den Rücken, um den BH aufzuhaken. Die Dünne setzte sich genau dahin, wo Merle die Leichen vergraben hatte, und schlüpfte aus ihren Schuhen.
    Ettie konnte Merle immer noch nirgendwo entdecken. Sie nahm an, dass er auf der anderen Seite des Sees war und die Mädchen beobachtete. Wahrscheinlich hatte er mittlerweile einen Knüppel in der Hose und war kurz davor, durchzudrehen.
    Sie hastete gebückt den Hang entlang, quetschte sich durch Felsspalten, rutschte steile Stellen auf ihrem Hintern hinunter, duckte sich hinter jedem Steinhaufen, der ein wenig Deckung bot, und arbeitete sich langsam bis zum Ende des Sees vor. Als sie stehen blieb, um Atem zu schöpfen, waren alle drei Mädchen splitternackt. Die Vorderste stand bis zu den Knien im Wasser, ging rückwärts und drängte ihre Freundinnen, ebenfalls hereinzukommen. Die Dünne streckte einen Fuß hinein und zog ihn schnell wieder zurück. Die andere ging in die Hocke, so dass sich ihre Brüste gegen die Knie wölbten, und testete mit der Hand die Wassertemperatur.
    Ettie verließ den Schutz der Felsen. Vor ihr lag ein karger, leicht abfallender Hang aus Granit. Er bot keinerlei Deckung. Wenn die Mädchen zufällig zum Ende des Sees blickten, würden sie sehen, wie sie den Abschnitt überquerte. Sie schlängelte sich auf dem Bauch weiter und behielt die Eindringlinge im Blick.
    Das Mädchen im See war losgeschwommen. Die, die am Ufer hockte, schöpfte Wasser und rieb es sich über die Schultern und Brüste, als wollte sie sich an die Kälte gewöhnen. Die Dünne schlang schaudernd die Arme um den Leib und watete langsam in den See. Keine von ihnen sah in Etties Richtung.
    Sie erreichte unbemerkt das Ende des ungeschützten Abschnitts und kroch hinter einen Felsen. Vorsichtig spähte sie über den Stein. Die kleine Bucht, in der Merle geangelt hatte, war höchstens zehn Meter entfernt. Es gab eine Menge Deckung zwischen hier und dort. So schnell sie konnte, lief sie hinunter. Von der zurückgesetzten Uferlinie aus waren die Mädchen nicht zu sehen. Sie hörte Geplätscher und Stimmen, dann einen plötzlichen Aufschrei, bei dem sich ihr beinahe der Magen umdrehte, ehe sie bemerkte, dass es ein lustiges Kreischen war.
    Sie

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