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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Tessendorf
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ich denke schon.«
    Sie drückte ihre Zigarette aus. Schweigend saßen sie auf dem Steg und lauschten den Geräuschen des nächtlichen Waldes, dem Rascheln irgendeines kleinen Nagers. Aus der Ferne erklangen Fetzen von Stimmen, die sich im warmen, abgestandenen Dunst des vergangenen Tages verflüchtigten.
    »Ach Mädels.« Juliane drehte sich mit einem Lächeln zu Olga. »Na, was ist nun mit deinem Heldentenor?«
    Olga hatte auf diese Frage gewartet. »Nichts«, sagte sie kurz angebunden.
    »Wie, nichts!«
    »Auf jeden Fall nichts Neues. Wir sehen uns ab und zu und das war‘s dann. Er ist in Kopenhagen   …«
    »…   und wohnt dort mit einer Japanerin zusammen«, fiel Juliane ihr ins Wort. »Weiß ich. Aber wenn man euch beide zusammen sieht, hat Thorvald seine Japanerin vergessen, glaub mir. Ihr habt immer so ein Leuchten in den Augen.«
    »Das Leuchten könnte verschwinden, wenn Thorvald und ich richtig zusammen wären.«
    »Weiß man erst, wenn man es probiert hat.« Juliane ließ nicht locker. »Und wenn es nicht klappt, macht ihr weiter wie bisher.«
    »Ach   … du bist immer so pragmatisch.«
    »Er ist richtig erfolgreich, oder?«
    »Ja, er arbeitet ja auch ohne Unterlass, es ist ein Wunder, dass er überhaupt gekommen ist«, sagte Olga.
    »Er wollte dich sehen, ist doch klar. Was zaudert und zögert ihr eigentlich so? Das kann man ja gar nicht mitansehen.«
    »Mein Gott, wenn das alles so einfach wäre, wären wir seit fünfzehn Jahren verheiratet und hätten sechs Kinder. Aber so ist es nun mal nicht. Wir   …«
    »Ihr wisst nicht, was ihr wollt«, unterbrach Juliane sie. »Und ihr traut euch nicht. Wie die Teenies.« Sie seufzte. »Na, ich kann mich ja selbst auch nicht festlegen. Und wenn man zu hohe Ansprüche hat, wird alles ganz schwer, und nichts funktioniert mehr.«
    »Thorvald ist für Olga eben mehr als nur ein möglicher Ehemann.« Hanna nickte Olga zu. »Ich kann dich verstehen.«
    »Warum hast du dann Luis geheiratet, wenn es nach dem Ehemann noch eine Steigerung gibt?«, lachte Juliane.
    »Luis ist nicht Thorvald. Und wir sind eben beide pragmatisch«, entgegnete Hanna.
    »Und Benno war nicht pragmatisch?« Juliane ließ nicht locker.
    »Benno ist der netteste Kerl, den ich kenne. Nach wie vor. Aber   … nein. Er ist kein Pragmatiker, er ist ein Träumer. Als ich ihn vorhin gesehen habe, hat er mir so leidgetan.« Hanna holte tief Luft.
    »Jetzt hör auf, ihn zu bemitleiden«, sagte Juliane. »Du musst an dich denken. Benno ist selbst schuld, dass er eine Frau wie dich verloren hat.«
    »Trotzdem   … ach, lassen wir das. Ich habe so viel darüber nachgedacht, ich will mir den Abend nicht verderben.«
    Sie richtete sich auf, als hätte sie den Ballast der trüben Gedanken von sich geworfen. »Wen hast du denn gerade an der Angel?«, fragte sie, an Juliane gewandt.
    »Ach, niemand Festen«, antwortete Juliane kurz angebunden und stand auf. Sie nahm den Stein, mit dem sie schon die ganze Zeit herumgespielt hatte. Sie hatte nicht vor, über ihr eigenes Liebesleben zu sprechen.
    Plötzlich zeigte Olga auf einen Lichtstrahl, der sich zwischen den Tannen auf der anderen Seite des Sees zu bewegen schien. Sie stand auf.
    »Wer ist denn da?«, rief sie.
    Noch eine Weile tanzte das Licht umher, dann verschwand es. Es war ganz ruhig. Nur von weit her erklang ein helles Lachen.
    »Die stromern durch den Wald«, sagte Hanna leise. »Möchte nicht wissen, was die hier alles so treiben.«
    »Ja, aber die Stimmen sind weit weg, das Licht war ganz nah.« Olga setzte sich wieder hin, behielt jedoch die Stelle im Auge.
    »Was ist eigentlich aus dem Floß geworden?« Juliane hatte sich erneut eine Zigarette angezündet.
    »Es wurde konfisziert.« Olga versuchte sich zu erinnern. Sie schaute auf das schwarze Wasser und beschwor die Bilder der Vergangenheit herauf.
    »Ich weiß nicht mehr genau, wie das passiert ist. Und wer uns verpfiffen hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Schwester Lissy ihre Klappe nicht halten konnte und unserem Vater davon erzählt hat.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, widersprach Juliane. »Ich denke, dass dein Vater euch gesehen und zurückgepfiffen hat. Oder dieser Heini da. Oder dein Großvater vielleicht?«, sagte Juliane bedeutungsvoll.
    »Was?«, fragte Olga erstaunt.
    »Du warst vorhin am Nebentisch, als wir uns darüber unterhielten«, erklärte Juliane.
    »Was hat denn dein Vater dazu gesagt? Irgendwann später werdet ihr ihm doch davon erzählt haben. Oder

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