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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Tessendorf
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wie selbstverständlich neben Olgas Großvater.
    Thorvald hatte auf dem Klavierhocker Platz genommen und blätterte in den mitgebrachten Noten. Ab und zu blickte er zu Olga hinüber und lächelte verstohlen. Dann versank er wieder tief in Robert Schumanns ›Dichterliebe‹, ohne auf die Anwesenden zu achten. Einen langen Moment herrschte absolute Stille. Vincent und Gudrun zeigten nicht die geringste Ungeduld. Sie wussten, dass die tiefe Konzentration vor einem Konzert dazugehört, und genossen die Spannung.
    Es kam kaum mehr vor, dass in Vincents Haus ein musikalisches Ereignis stattfand, noch dazu in so hochkarätigerBesetzung. Olga und Thorvald hatten sich, ohne lange zu überlegen, für Schumann entschieden. Als Olga nun gerade die einleitenden Takte zu ›Ein Jüngling liebt ein Mädchen‹ spielte, öffnete sich lautlos die Tür und ein weiterer Zuhörer trat ein. Leise schlich Benno zu dem zweiten Sofa am Fenster und setzte sich schnell. Olga lächelte, und Thorvald sang nur für Benno.
    Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
    Die hat einen andern erwählt;
    Der andre liebt eine andre
    Und hat sich mit dieser vermählt.
    Olga und Thorvald waren beruhigt, dass es Benno gut zu gehen schien. Mit übereinandergeschlagenen Beinen und verzückter Miene lauschte er dem Gesang und betrachtete dabei die Gemälde oder schaute aus dem Fenster zu seiner Linken, als ob es ihm Ruhe und Erholung verschaffte, der Musik zu lauschen und dabei die Gedanken in die Ferne zu schicken.
    Das Mädchen nimmt aus Ärger
    Den ersten besten Mann,
    Der ihr in den Weg gelaufen;
    Der Jüngling ist übel dran.
    Thorvald schaute Benno mit hochgezogenen Augenbrauen an und freute sich sichtlich, während Benno ob dieser Anspielung müde das Gesicht verzog.
    Thorvald und Olga hatten sich darauf geeinigt, im Anschluss an Schumanns ›Dichterliebe‹ noch Beethovens ›Adelaide‹ darzubieten, weil Thorvald das Lied unbedingt in sein künftiges Programm aufnehmen wollte.Während der ersten Strophe wurde Benno unruhig, irgendetwas draußen schien seine Aufmerksamkeit zu fesseln. Bei »Eine Blume der Asche meines Herzens   …« stand er vorsichtig auf, warf Olga eine Kusshand zu und verschwand genauso leise, wie er gekommen war.
    Am Ende der romantischen Reise durch die Welt des Kunstliedes herrschte einen Augenblick Stille. Alle lauschten den träumerischen Klängen nach, bevor sie wieder in die Gegenwart zurückfanden. Dann stand Gudrun Himmelreich flink auf und bedankte sich bei Thorvald, indem sie ihm erst die Hand gab, dann ihre Contenance vergaß und ihn leidenschaftlich umarmte. Vincent Ambach hatte sich deutlich langsamer erhoben und ging gemessenen Schrittes auf den Künstler zu, um ihm mit einer ergebenen Verbeugung seinen Respekt zu bezeugen.
    Thorvald hatte den hochgewachsenen, strengen Mann noch nie lächeln sehen, er konnte sich jedenfalls nicht daran erinnern. Umso mehr genoss er es, dass dieser jetzt strahlte. Vincent ging aus dem Zimmer und kam mit zwei riesigen Blumensträußen wieder zurück.
    »Ich bin erstaunt, das muss ich sagen. Meine Enkelin hat wirklich nicht übertrieben, als sie so von Ihnen schwärmte.«
    Olga blickte Thorvald an und lächelte verlegen, als ob sie sagen wollte: Schwärmen. Ich doch nicht!
    Thorvald nahm sie in die Arme und küsste sie auf die Wange, dann verbeugte er sich tief vor ihr. »Bei dieser Begleitung konnte ich gar nicht anders. Madame, Sie waren wunderbar.«
    Plötzlich wurde Olga ernst. »Ja, wunderbar. Ganz phantastisch. Juliane ist tot und wir machen einfach weiter.«
    Alle waren still. Olgas Worte hatten den flüchtigen Zauber der Musik verscheucht, der sie für eine Stunde der tristen Wirklichkeit entrückt hatte.
    Gudrun Himmelreich war es, die als Erste wieder das Wort ergriff. »Wir dürfen nicht in Trauer oder Hass verharren. Das Leben geht weiter. Wenn wir den Mut verlieren, dann hat das Böse wirklich gewonnen. Das dürfen wir nicht zulassen.«
    »Sie haben ja recht«, sagte Olga. »Aber ich musste die ganze Zeit an Juliane denken.« Tränen schossen ihr in die Augen. Sie versuchte, sich zusammenzunehmen, denn sie wollte auf keinen Fall losheulen.
    Eigentlich hatte sich Olga während des gesamten Vortrages nicht so entspannen können wie sonst beim Klavierspielen. Immer wieder hatte sie vorsichtig zu ihrem Großvater und Gudrun Himmelreich hinübergesehen. Sie wollte erforschen, wie die beiden zueinander standen, was sie verband. Vincent war sehr ergriffen gewesen. Olga hatte das

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