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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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Hauptteil mit den Indianern gekämpft haben muß. Es ist nicht wahrscheinlich, daß uns jemand zuvorgekommen ist; ich muß also ganz offen bekennen, daß meine Ansicht von der Eurigen verschieden ist. Ich meine, wir müssen ohne Zeitverlust irgendeinen Ort in diesen Bergen zu gewinnen suchen, wo wir uns in einen letzten, unvermeidlichen Kampf gegen unsere Feinde mit einiger Hoffnung auf Erfolg einlassen können.«
    »Diesen ungleichen Kampf will ich eben vermeiden«, erwiderte Fabian mit Wärme. »Solange ich noch hoffen kann, vor dem Presidio von Tubac diejenigen einzuholen, die mir die Vorsehung für meine Rache bezeichnet hat, solange noch drei gegen fünf standen, habe ich sie ohne Überlegung verfolgt; solange ich glauben konnte, daß ich mich getäuscht hätte und daß diese Expedition wie alle vorhergehenden in dieselben Einöden ohne einen anderen Zweck eindrang als den, irgendeine unbekannte Goldmine zu entdecken, bin ich ihrem Marsch Schritt für Schritt gefolgt – aber was ist geschehen? Nachdem wir vier Tage hindurch eine verschiedene Richtung eingeschlagen hatten, finden wir nicht Don Estévan und seine Leute in dieser Nacht selbst bei den Nebelbergen wieder? Ihr Ziel ist also dasselbe wie unseres. Drei Männer können nicht gegen sechzig kämpfen; also wolle Gott nicht, daß ich im Interesse meiner Rache oder aus eigenen habgierigen Absichten zwei hochherzige Freunde opfere, deren Leben mir kostbarer ist als das meine.«
    »Du bist noch ein Kind«, sagte der Kanadier, »das nicht einsieht, daß hier zwar jeder für sich handelt, daß aber unser dreifaches Interesse nur ein einziges bildet. Verfolgten wir nicht schon zwei Tage zuvor, ehe Gott dich zum zweitenmal in meine Arme geworfen hat, den Mann, der damals deine Hoffnungen vernichtete, wie er einst deine Mutter getötet und deinen Namen gestohlen hat? Seit zehn Jahren tun Pepe und ich immer dasselbe; unsere Freunde und Feinde sind gemeinschaftliche gewesen, und du bist der Sohn Pepes, weil du der meinige bist. Fabian, mein Kind, danken wir Gott, daß er und ich dasselbe Ziel verfolgen, das zugleich das deinige ist. Was auch daraus folgen mag – wir werden nicht einen Schritt rückwärts tun.«
    »Und dann«, nahm der ehemalige Grenzsoldat das Wort, »achtet Ihr es denn für nichts, Don Fabian, Goldklumpen aufzulesen, ein ganzes Leben voll Überfluß für eine eingebildete Gefahr zu gewinnen? Denn ich wiederhole es: Wir müssen die ersten im Val d'Or sein, und ein Tag, eine Stunde Vorsprung kann uns für immer reich machen. Ihr seht also wohl, daß wir im Gegenteil nur unwürdige Egoisten sind und daß wir es vielmehr wagen, Euch unserem persönlichen Vorteil zu opfern.«
    »Pepe hat recht«, fügte der alte Jäger hinzu; »wir wollen Gold, viel Gold!«
    »Und was wolltest du mit dem Gold machen?« fragte Fabian lächelnd.
    »Was ich damit machen würde?« fragte Bois-Rosé, indem er den frühen Grenzjäger mit dem Ellbogen stieß.
    »Das Kind fragt, was ich damit machen würde!«
    »Ja, ich bestehe darauf, es zu wissen.«
    »Was ich damit machen würde?« wiederholte der ehrliche Kanadier, den diese Frage nicht wenig in Verlegenheit setzte. »Ich würde... wahrhaftig, ich würde... damit sehr vieles machen... und wenn ich es auch nur – mit deiner Erlaubnis – dazu benützte, an meine Büchse einen Lauf aus lauterem Gold machen zu lassen«, fügte er mit triumphierender Miene hinzu. Fabian konnte nicht umhin, noch lächelnd mit den Schultern zu zucken.
    »Du lachst?« fuhr Bois-Rosé fort, in Eifer geratend. »Denkst du denn nicht, daß es außerordentlich schmeichelhaft für mich wäre, wenn ich einem Apachen oder Sioux oder Pawnee mit dem Messer den Garaus machte und ihm sagen könnte: ›Hund, die Kugel, die dir den Kopf zerschmettert hat, kommt aus einem ganz goldenen Lauf!‹ Geh doch, mein Kind; wenige Biberjäger würden ebenso sprechen können!«
    »Das gebe ich zu«, antwortete Fabian. Dann fuhr er ernsthaft fort: »Nein, meine Freunde, Don Estévan entgeht meiner Rache dank den Kriegern, von denen er umgeben ist; diese Goldmine, die ich für mein Eigentum hielt, entgeht mir ebenfalls – was schadet es! Habe ich nicht noch im Fall, daß der Ehrgeiz mich ergreifen sollte, den Namen und die Güter meiner Väter wieder in Besitz zu nehmen? Gibt es nicht in Spanien Gerichtshöfe, die allein ein gleiches Recht sprechen? Gott wird helfen; aber ich will nicht wie ein Tor zwei edle Leben aufs Spiel setzen – ich rede nicht von meinem!« fuhr

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