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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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die drei Jäger ihn besaßen, macht oft ein Pferd entbehrlich; aber ohne sein Gewehr ist der Mann mit starkem Herzen nichts weiter als ein gebrechliches Spielzeug, das Hunger und wilde Tiere einander streitig machen oder das die Willkür eines herumstreifenden Indianers vernichten kann.
    Beim Anblick seiner bewährten Waffe, der treuen Gefährtin in so vielen Gefahren, die, seinen Händen entschlüpft, in denen sie von den Wäldern Kanadas bis zu den Nebelbergen so oft ihr Krachen hatte ertönen lassen, dort unten auf dem Sand lag, wurde das Herz des alten Waldläufers wie durch den Anblick des leblosen Körpers eines teuren Freundes tief erschüttert. Man hatte eben dem Kanadier nicht bloß seine eigene Kraft und sein Leben, sondern auch das Leben und die Kraft seines Kindes geraubt. Der rauhe Krieger der Prärien fühlte seine Augen feucht werden wie der Araber, der seinen Renner beweint. Eine Träne rollte aus den Augen über seine Wangen.
    »Ihr seid von jetzt an nur zu zweit auf dem Felsen; der alte Bois-Rosé zählt nicht mehr!« sagte er endlich, indem er eine Anstrengung machte, seine Schwäche zu verbergen. »Ich bin nur noch ein Kind in den Händen seiner Feinde. Fabian, mein Sohn, du hast keinen Vater mehr, um dich zu verteidigen ...« Dann verfiel er in ein düsteres, trauriges Schweigen wie ein besiegter Indianer.
    Seine beiden Kameraden machten es nicht anders. Beide fühlten das Unglück, das sie alle drei getroffen hatte, in seiner ganzen Ausdehnung. Der Versuch, eine Waffe wiederzuerlangen, die durch den Anprall der Kugeln verbogen sein konnte, war eine nutzlose Tollkühnheit. Das hieß, sich der Gefahr aussetzen, in einem Augenblick von Feinden umzingelt zu sein, deren Anzahl den Jägern ganz unbekannt war; das hieß, sich den Indianern lebendig überliefern, während auf dem Gipfel der Pyramide wenigstens noch Rettung – das heißt, ein der Gefangenschaft vorzuziehender Tod in der Tiefe des nahen Abgrundes – zu finden war.
    »Ich verstehe dich, Bois-Rosé«, sagte Pepe, der die Augen des Kanadiers überraschte, wie sie sich auf den Wasserfall hefteten, der einen Augenblick glänzte, um im Abgrund zu verschwinden; »aber soweit sind wir bei Gott noch nicht; du bist ein viel besserer Schütze als ich, und meine Büchse wird in deinen Händen besser aufgehoben sein als in den meinigen.« Mit diesen Worten schob Pepe seine Waffe auf dem Boden bis zu dem Kanadier hin.
    »Solange noch ein Gewehr unter uns dreien übrigbleibt, muß es dir gehören, Bois-Rosé!« fügte Fabian hinzu. »Ich denke wie Pepe; welch besseren Händen könnten wir je unsere letzte Zuflucht anvertrauen?«
    »Nein, ich danke, mein Kind; ich danke, mein alter Gefährte. Ich schlage euer Anerbieten aus, denn das Unglück ruht auf mir.« Und Bois-Rosé verweigerte die Annahme der Büchse, die Pepe in seine Hand legte. »Aber Gott sei Dank«, begann er abermals, und seine schmerzliche Niedergeschlagenheit machte nach und nach einem solchen löwenhaften Zorn Platz, wie ihn der Riese zuweilen fühlte, »habe ich noch ein Messer, um damit so vielen den Bauch aufzuschlitzen, als herankommen werden, und Arme, die stark genug sind, sie zu ersticken oder ihre Köpfe an den Felsen zu zerschmettern!«
    Pepe hatte seine Büchse nicht wieder genommen.
    »Nun, du Hund von Mestize, du Auswurf der weißen Rasse, ihr indianischen Landstreicher – werdet ihr es denn wagen, aus eurer Höhle hervorzukriechen und hier heraufzukommen?« rief der Kanadier, der sich einem Ausbruch der Wut überließ und Main-Rouge, Sang-Méle und ihre Bundesgenossen zugleich anredete. »Nur zwei sind noch hier, die euch erwarten. Was ist ein Krieger ohne Gewehr?«
    Ein mahnender rollender Donner brach plötzlich am dunklen Gewölbe des Himmels los und übertönte Bois-Rosés Stimme. Ein anderer Indianer, der beinahe denselben Weg eingeschlagen hatte wie sein Vorgänger, war hinter der grünen Einfassung des Val d'Or angelangt; nur verbarg er sich so sorgfältig, daß man nur seine Augen und den oberen Teil seines Kopfes mit den roten Bändern sah, die seine Skalplocke schmückten.
    »Ah! Er ist es; es ist dieser Hund von Mestize!« sagte Pepe, ohne die Augen von den Merkmalen abzuwenden, die in der Tat den Sohn des Renegaten kennzeichneten, und suchte dabei nach seiner Büchse.
    Bois-Rosé war ihm zuvorgekommen. Blind vor Wut gegen Sang-Méle, aufgeregt durch den Verlust seiner Büchse, hatte der Kanadier die Pepes ergriffen, und in einem Augenblick, wo der Zorn, der

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