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Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Ferry
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»Caramba!« sagte er. »Eure Herrlichkeit verschiebt nicht gern auf den folgenden Tag, was heute geschehen kann! Wohlan – ich werde mein Möglichstes tun. In der Tat – alles ist so ruhig hier, als ob nichts vorgefallen wäre, obgleich ich, um die Wahrheit zu sagen, erstaunt bin, daß das Geschrei des Mädchens nicht gehört worden ist.«
    Wirklich hatte der Kampf zwischen Tiburcio und seinen Angreifern dank der späten nächtlichen Stunde keinen anderen Zeugen gehabt als die Tochter des Eigentümers dieser weitläufigen Hacienda, in der, wie wir schon sagten, alles schlief, mit Ausnahme der Gäste, in deren Interesse es lag, die Freveltat, die eben begangen worden war, zu verbergen.
    Während sich Cuchillo nach dem Teil der Gesindewohnungen wandte, wo sich seine Gefährten befanden, schlug Don Estévan den Weg nach seinem Zimmer ein. Der Mond strahlte am Himmel, die Sterne funkelten, und die Luft war erfüllt vom Wohlgeruch der Orangenbäume, ganz als ob das Verbrechen nicht wach gewesen wäre mitten in dieser strahlenden Nacht. Don Estévan ging lange in seinem Zimmer auf und ab.
    Der Senator schlief in dem seinigen mit der Ruhe eines Mannes, der sich in schwierigen Verhältnissen auf andere verläßt; süße Träume umschwebten sein Lager.
    Don Agustin seinerseits ahnte in seinem Schlummer ebensowenig als der glückliche Tragaduros, daß ein zärtlicher Blick Doña Rosaritas, eine Träne in ihrem schönen Auge, ein Wort von ihren roten Lippen alle Pläne hätten scheitern lassen können.
    Don Estévan allein ging in seinem Zimmer mit großen Schritten auf und ab wie der Ehrgeizige, der gewohnt ist, zu wachen, wenn die anderen schlafen, als Cuchillo zweimal an seine Tür klopfte. Beim Anblick seiner bestürzten Züge bebte der Spanier; er fürchtete und wünschte zugleich die Vollziehung seiner Befehle.
    »Meine zwanzig Unzen sind futsch!« sagte Cuchillo. »Der junge Mann ist nicht mehr in der Hacienda.« »Er ist fort!« rief Don Estévan. »Und Ihr habt ihn entkommen lassen!«
    »Wie war es zu verhindern? Dieses Tier Baraja war ebenso wie Oroche trunken vom Mescal; Diaz hat sich geradezu geweigert, mit mir gemeinsame Sache zu machen; und ehe ich den beiden Trunkenbolden begreiflich machen konnte, worum es sich handelte, hatte der junge Mann das Weite gesucht und die Mauer überstiegen. So wenigstens haben wir vermutet.«
    »Weshalb?« fragte der Spanier.
    »Als wir anlangten, hatte sich Doña Rosarita, mit dem Gesicht nach dem Wald, der sich hinter der Hacienda erhebt, über die Mauer gelehnt, und wenn der junge Mann, der offenbar diese Richtung eingeschlagen hat, nicht schon sehr weit entfernt gewesen wäre, so ist es mehr als gewiß, daß die Liebesworte, die ihr Mund ihm nachsandte, ihn hätten umkehren lassen.«
    »Also liebt sie ihn doch!« rief Don Estévan.
    »Leidenschaftlich! Dafür bürge ich – oder ihre Worte und ihre Stimme waren sehr trügerisch.« Und Cuchillo wiederholte Don Estévan den leidenschaftlichen, aber erfolglosen Ruf, den das junge Mädchen Tiburcio nachgeschickt hatte.
    »Man muß zu Pferd steigen und ihm nachsetzen; der Erfolg unserer Expedition hängt vom Leben dieses jungen Mannes ab. Sattelt schnell unsere Pferde, Ihr und Eure Freunde; weckt Benito, die Diener, so daß wir spätestens in einer Stunde alle im Sattel sitzen. Während dieser Zeit will ich noch zuvor Don Agustin und den Senator benachrichtigen.«
    Geradeso habe ich ihn vor zwanzig Jahren gekannt: immer feurig und voller Verachtung aller Schwierigkeiten, sagte Cuchillo für sich, als Arechiza weggegangen war. Wenn er mit solchem Charakter kein Glück in seinem Vaterland gemacht hat, so weiß ich nicht mehr, wozu Ausdauer und Energie gut wären. Unter diesen Betrachtungen beeilte sich Cuchillo, die Befehle seines Chefs auszuführen.
    Dieser zog sogleich seine Reisekleider wieder an und ging nach dem Zimmer des Senators. Die Tür stand offen wie meist in diesen Ländern, wo man fast das ganze Leben außer Haus zubringt. Der Mond schien in vollen Strahlen durch die Fenster des Senators und erleuchtete hinreichend das Zimmer, in dem er schlief.
    »Was gibt es denn, Señor Estévan? Señor? Herzog wollt' ich sagen« (vielleicht träumte Tragaduros vom Hof des Königs von Spanien), rief der Senator, indem er, erwacht, sich aufrichtete.
    »Ich will Abschied von Euch nehmen, Don Vicente, und Euch meine letzten Verhaltensbefehle geben.«
    »Wie denn?« sagte der Senator. »Wieviel Uhr ist es denn? Oder habe ich etwa drei

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