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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einer Stunde eine Strecke zurück, zu welcher die Apachen wohl mehr als die doppelte Zeit gebraucht hatten, und stießen, als der Abend bereits zu dunkeln begann, auch wirklich auf eine breite Fährte, welche der Zahl der Hufspuren nach die gesuchte sein mußte.
    »Es sind wohl zwanzig Minuten vergangen, seit sie vorübergekommen sind,« meinte El Mestizo.
    »So erreichen wir sie nicht vor der Dunkelheit.«
    »Ihr Feuer wird uns leuchten.«
    »Wenn sie so unvorsichtig sind, ein solches anzuzünden.«
    »Sie sind so stark, daß sie sich vor etwaiger Verfolgung nicht zu fürchten brauchen. Sie werden ein Lagerfeuer anbreunen und keine andere Vorsichtsmaßregel treffen, als daß sie einige Wachen ausstellen.«
    Seine Ansicht bewährte sich. Der kurzen Dämmerung folgte schnell der Abend, und noch hatten sie, die Spuren jetzt nicht mehr erkennend, nur wenige Minuten lang die gleiche Richtung eingehalten, so sahen sie einen kleinen, leuchtenden Punkt vor sich, der von einem stillsitzenden Leuchtkäfer zu stammen schien.
    »Das ist das Lagerfeuer!«
    Sie verschmähten es als Freunde der Apachen, sich in der gewöhnlichen Weise anzuschleichen, sondern ritten in gestrecktem Laufe und unter lautem Hufschlage direkt auf das Lager zu.
    Der Schrei eines einzelnen Wachtpostens ließ sich vor ihnen hören; ihm folgte ein vielstimmiges Geheul, ausgestoßen von sämmtlichen Indianern, welche sich erhoben hatten, um die Nahenden zu empfangen.
    Sang-Mêlé warf sich von dem dampfenden Pferde und trat furchtlos mitten unter sie hinein.
    »Wo ist der Anführer meiner rothen Brüder?«
    »El Mestizo!« klang es rundum.
    Sie kannten Alle den furchtbaren Mann. Sie wußten, daß er stets eine That, ein Abenteuer brachte, wenn er sie aufsuchte, und waren begierig, zu hören, was ihn heut zu ihnen geführt hatte.
    Einer von ihnen trat hervor. Er trug nicht die Adlerfedern als Abzeichen eines Häuptlings, aber es war ihm unschwer anzusehen, daß er die erforderlichen Eigenschaften zur Befehligung einer Abtheilung haben könne.
    »Die ›starke Eiche‹ gebietet über die Krieger der Apachen.«
    »Wirklich stand der Wilde in der glühenden Beleuchtung des Lagerfeuers so hoch, breit und sicher da, wie der knorrige Stamm eines Baumes, den bloße Menschenkräfte nicht von seinem Standpunkte zu entfernen vermögen.«
    »Zu welchem Häuptlinge gehören meine Brüder?«
    »Schwarzvogel hat seine Krieger ausgesandt, die Pferde der Bleichgesichter zu holen.«
    »Sie haben gethan, was er ihnen gebot,« antwortete der Mestize. »Neunzehn muthige Thiere sind ihnen in die Hände gekommen; aber die Bleichgesichter sind hinter ihnen her mit Lasso’s, Büchsen und Messern, um die Pferde wieder zu holen.«
    »Der Apache lacht seiner Feinde!«
    »Auch der Comanchen?«
    »Er verachtet sie. Aber der Fuß des Comanchen ist fern von der Spur der Apachen!«
    »Der Comanche ist auf ihrer Fährte mit den Bleichgesichtern!« behauptete der Mestize.
    Verwundert blickte ihn die »starke Eiche« an.
    »Was will der Comanche bei den Bleichgesichtern, und wie kommt er auf die Fußstapfen der Apachen?«
    »Er kam nach Tubac, um einen Krämer zu holen, der seinen Brüdern und Schwestern Pulver und Blei, Decken und Perlen bringen soll. Er traf auf die Fährte der Apachen und wird ihr mit den Bleichgesichtern folgen.«
    »Der Comanche wird sein ein Hund, den man nicht beim Namen rufen kann.«
    »Er hat einen großen Namen.«
    »Wie lautet er?«
    »Falkenauge.«
    Der Apache antwortete nicht, aber man sah ihm trotz der gewöhnlichen Rückhaltung der Indianer die freudige Ueberraschung an, in welche er durch diesen Namen versetzt wurde. Auch die Anderen blickten erwartungsvoll auf, was er beschließen werde.
    »Weiß mein Bruder genau, daß der Comanche Falkenauge ist?«
    »Er hat mit ihm gesprochen.«
    Der Mestize verschwieg wohlweislich die Art und Weise dieses Gespräches.
    »Und wird er uns zu ihm führen?«
    »Ja.«
    »Was sollen ihm die Apachen dafür geben?«
    Die »starke Eiche« wußte aus Erfahrung, daß die beiden Räuber bei Allem, was sie thaten, ihren eigenen Vortheil im Auge hatten. Darum wurden El Mestizo und Main-Rouge von ihnen zwar gefürchtet, aber nicht geachtet und geliebt.
    »Er verlangt für sich den Krämer mit seinem Eigenthume.«
    »Er soll ihn haben. Der Skalp des Comanchen ist den Apachen mehr werth, als die ganze Savanne voll bleicher Krämer. Wo werden wir die Bleichgesichter treffen?«
    »Im Osten. Doch müssen meine Brüder ein wenig nach Mittag

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