Der Waldläufer
Brüder?«
»Sie sind Vaquero’s auf dem offenen Lande.«
»Wo haben sie ihre Pferde und Lariats?«
»Sie haben ihre Thiere vor der Stadt angebunden.«
»Ein Vaquero geht nicht von seinem Pferde. Meine rothen Brüder sind schlimm gekleidet; ihr Sennor muß eine fest geschlossene Hand besitzen.«
»Die Papagos sind arm.«
»Aber sie haben theure Büchsen. Darf ihr rother Bruder sich die Gewehre einmal betrachten?«
»Ihr rother Bruder hat selbst eine Büchse, die er betrachten kann!«
Die Anwesenden lauschten mit hoher Spannung dieser eigenthümlichen Unterhaltung; sie wußten sofort, daß der Scharfsinn des Comanchen etwas Verdächtiges an den Papagos bemerkt haben mußte, und waren begierig zu erfahren, was es sei.
Falkenauge ließ sich durch die Weigerung nicht irre machen, vielmehr bestärkte sie ihn nur in seiner schnell gefaßten Ansicht.
»Die Papagos haben schöne Farbe; aber unter ihr blickt eine lichte Haut hervor.«
»Was geht unseren Bruder unsere Haut an?« brauste der Jüngere auf.
»Ihr Haar hat das Aussehen eines indianischen Schopfes, aber die Haut des Kopfes ist hell wie die Haut der Bleichgesichter.«
»Unser rother Bruder scheere sich zum Teufel!« rief der Aeltere, den Lauf seiner Büchse fest umfassend.
»Mein Bruder hat die Sprache der Rothhäute, aber die Höflichkeit der weißen Männer. Warum sind seine Nägel von der Farbe der Baumwollenblüthe?«
Jetzt erhob sich der Jüngere vollständig.
»Mein rother Bruder bekümmere sich um seine Nägel, sonst lassen wir ihn die unsrigen fühlen!«
»Mein rother Bruder hat einen weißen Vater. Warum verkleiden sich Mani-Sangriente und El Mestizo als Indianer?«
Die beiden Namen wurden mit Nachdruck gesprochen. Bei ihrem Klange sprangen sämmtliche Anwesenden empor. Die beiden Genannten waren als Wüstenräuber so allgemein bekannt, daß sie Jedermann zum Feinde hatten, und ihre Thaten hatten sich selbst so weit hinein in die civilisirten Distrikte erstreckt, daß für sie eine große Kühnheit dazu gehörte, hier in Tubac zu erscheinen.
»Mani Sangriente und El Mestizo!«
»Main-Rouge und Sang-Mêlé!«
»Red-Hand und Half-Breed!«
So rief es wirr durcheinander, je nach der Sprache, welche den Anwesenden geläufig war. Alles griff zu den Waffen, Alles war überrascht, erschrocken, bestürzt, und nur Einer stand stolz und ruhig inmitten des Wirrwarrs und blickte auf die beiden entlarvten Wüstenräuber mit einer Miene, als habe er zwei schwache, unschädliche Schulknaben vor sich.
»Drauf, nehmt sie fest!« rief Einer.
»Laßt sie, laßt sie gehen!« meinte ein Anderer.
»Halt!« donnerte der Wirth dazwischen. »Die Venta ist mein Eigenthum, und hier hat niemand zu befehlen, als nur ich allein. Ich leide keinen Kampf in meinem Hause. Geht hinaus, wenn Ihr Euch die Hälse brechen wollt!«
Jedermann sah ein, daß der ehrsame und vorsichtige Franzesko Metalja im Grunde genommen Recht habe. Weder El Mestizo noch sein Vater hatten Einem von ihnen persönlich ein Leid gethan; die erste Aufregung verflog so schnell, wie sie über die Versammlung gekommen war, und bald standen sich nur noch Falkenauge und die beiden Piraten gegenüber.
»Hund von einem Comanchen, wer erlaubt Dir, Dich um uns zu bekümmern!« knirschte El Mestizo, das Messer, welches er gezogen hatte, wieder in den Gürtel steckend.
»El Mestizo ist weder roth noch weiß,« antwortete der Beschimpfte ruhig; »er darf nicht von Hunden sprechen. Er ist der Koyote, der nur Aas frißt und Leichen raubt; die Thiere der Erde und die Vögel der Luft verachten ihn.«
»Hier hast Du den Koyoten!«
Er sprang auf den Comanchen ein; dieser aber wich zur Seite aus, und von der Gewalt seines Sprunges niedergeworfen, stürzte der Mestize zur Erde.
Sofort kniete der Comanche über ihm, riß den Chignon des Gefallenen auf, schlang sich das Haar mit einer blitzschnellen Bewegung um die Linke und machte mit dem Messer in der Rechten dreimal die Bewegung des Skalpirens in der Luft, noch ehe ihn Main-Rouge oder ein anderer daran hatte hindern können. Dann aber richtete er sich wieder empor.
»Der Koyote mag aufstehen; er befindet sich nicht in der Savanne, sondern in dem Wigwam eines Bleichgesichtes; darum soll er noch einige Sonnen leben!«
El Mestizo erhob sich in dem Augenblicke, als sein Vater den Comanchen erreicht hatte und diesem das Messer in die Seite stoßen wollte.
Der Bedrohte wich dem Stoße aus, und jetzt warfen sich die Vaquero’s und Cibolero’s zwischen die
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