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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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blitzenden Augen und vor Grimm verzerrten Zügen gegenüber, und es entstand eine lange Pause, während welcher sie sich einander maßen wie zwei Wölfe, die sich vor Hunger auf einander stürzen wollen.
    Da kam ihnen doch die Ueberzeugung, daß ein solches Verhalten zu nichts führen könne, und Oroche ergriff zuerst das Wort.
    »Sennor Baraja!«
    »Don Oroche.«
    »Es ist besser, wenn wir Freunde bleiben!«
    »Das ist allerdings auch meine Ansicht; doch ist es nicht leicht, mit Euch in Güte zu verkommen!«
    »Auch Ihr macht mir die Freundschaft schwierig! Der Block ist außerordentlich schwer, und es ist unmöglich, daß ihn ein Mann allein zu heben vermag. Wir müssen uns beistehen und werden dann theilen.«
    »Ihr sprecht mir aus dem Herzen, Sennor Oroche. Hier habt Ihr meine Hand; laßt uns aufrichtig mit einander sein!«
    »Aufrichtig!« betheuerte der lange Mandolinenspieler.

    »Wir theilen den Block!«
    »Wir theilen ihn!«
    »Aber Don Estevan und Diaz können wir unmöglich im Stiche lassen!«
    »Unmöglich!«
    »Einer von uns muß fort!«
    »Ja, Einer!«
    »Aber welcher?«
    »Wollen wir loosen?«
    »Wir müssen es!«
    »Seht hier diese zwei Blätter: es ist ein großes und ein kleines. Ich rolle beide zusammen und lege sie in meinen Hut. Wir ziehen Jeder eines von ihnen, und wer das größere ergreift, muß nach dem Lager.«
    »Ich stimme bei. Gebt her, ich ziehe zuerst!«
    »Nein, ich! Ich habe das Recht dazu, denn der Vorschlag stammt von mir.«
    »Ihr werdet das kleine herausfühlen!«
    »Ihr ebenso!«
    »Ihr seid nicht aufrichtig, Sennor Oroche!«
    »Und Ihr noch weniger als ich, Don Baraja!«
    Sie standen einander wieder enttäuscht gegenüber und maßen sich mit zornigen Augen. Der Golddurst hatte sie so ergriffen, daß sie selbst vor dem größten Verbrechen nicht zurückgebebt wären.
    »Sennor Oroche, ich mache Euch einen Vorschlag!«

    »Ich höre ihn!«
    »Ihr schüttelt die Blätter aus dem Hute heraus, und wie sie fallen, das entscheidet. Derjenige, nach welchem zu das große fällt, wird gehen!«
    »Unweigerlich?«
    »Unweigerlich!«
    »Gut, ich stimme bei. Paßt auf!«
    Er schüttelte seinen Hutfetzen mit einer Andacht hin und her, als gälte es, ein außerordentliches Werk zu verrichten, und ließ dann die Blätter zur Erde fallen. Das große flatterte ihm gerade zwischen die Beine, während das kleine mehr nach Baraja hinflog.
    »Das Loos hat Euch getroffen, Sennor Oroche!«
    »Allerdings.«
    »Und Ihr werdet gehen!«
    »Das versteht sich. Oder ist es nicht vielleicht besser, wenn ich reite?«
    »Besser ist es. Wollt Ihr Euch das Pferd suchen?«
    »Wollt Ihr mir helfen?«
    »Ja.«
    »So kommt!«
    Sie schlichen sich längs des Felsenpfades hinter den Büschen hin und stiegen auf der dem Goldthale entgegengesetzten Seite des Berges hinab. Unten angekommen, begannen sie, nach den Spuren des Pferdes zu suchen. Sie fanden sie und gelangten zu einer Art von Grotte, in welcher das Thier mittelst des Pflockes in den Boden befestigt war. Sie zogen es heraus.
    »Steigt auf, Sennor Oroche!«
    Der lange Gambusino brauchte trotz seiner unendlichen Beine eine beträchtliche Zeit, ehe er in den Sattel gelangte.
    »Macht schnell; es ist keine Zeit zu verlieren!« drängte Baraja.
    »
Per dios,
Ihr thut ja, als hinge das Leben der ganzen Christenheit an einer halben Sekunde! Werdet Ihr gut Wache halten?«
    »Das versteht sich!«
    »Ich werde die Expedition nicht von hier aus über den Berg zur Bonanza führen, sondern auf demselben Wege, den wir mit Don Estevan gekommen sind.«
    »Warum?« frug sich unwissend stellend, obgleich er den Beweggrund Oroche’s wohl vermuthete, Baraja.
    »Weil es doch Jemandem einfallen könnte, in die Tiefe zu blicken und unsern kostbaren Block zu entdecken.«
    »Ihr seid ein vorsichtiger Mann, Sennor Oroche, auf den man sich vollständig verlassen kann. Jetzt aber macht, daß Ihr vorwärts kommt!«
    »Gleich! Ihr werdet Euch natürlich nicht an unserem gemeinsamen Schatze vergreifen!«
    »Nicht ohne Euch.«
    »Wollt Ihr mir Euer Ehrenwort darauf geben?«
    »Ich gebe es Euch!«
    »Oder, verzeiht Sennor Baraja! Ihr müßt wohl eingestehen, daß bei einem solchen Blocke das Ehrenwort eine unbedeutende Sache ist, an die man gar nicht denken kann. Schwört es mir lieber bei der heiligen Madonna!«
    »Ich schwöre es!«
    »Gut, ich werde diesem Schwure glauben!«
    »Das könnt Ihr, besonders wenn Ihr bedenkt, daß es einem einzelnen Manne ganz unmöglich ist, sich des Goldklumpens

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