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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihre Decken und schlossen die Augen, um sich durch den Schlaf für die kommenden Anstrengungen zu stärken. – – –

IX
Die Belagerung
    Der gefangene Baraja lehnte an dem Stamme eines Eichenbaumes, an welchen man ihn gebunden hatte. Er sah den Tod in seiner schrecklichsten Gestalt vor sich. Eine Abtheilung der Wilden vollführten um ihn einen fürchterlichen Rundtanz; Andere hatten in der Erwartung, daß Schwarzvogel bald das Zeichen zum Beginne der Marter geben werde, die eisernen Beschläge von den brennenden Wagen gerissen und waren beschäftigt, sie glühend zu machen, um sie als Werkzeuge der Tortur zu gebrauchen. Diejenigen, welche sich keine solchen Instrumente verschaffen konnten, spitzten Pfähle, schärften Messer oder schnitten Pflöcke, die dem Gefangenen in das Fleisch getrieben werden sollten.
    Baraja stand schon jetzt alle Qualen eines schmerzhaften Todes aus. Er dachte an die schrecklichen Schilderungen des alten Benito und hätte jetzt dem Schützen für eine mitleidige Kugel gedankt, welche ihn von einem langsamen Tode erlösen konnte.
    Einer der Indianer trat zu ihm. Eine große, vom Dolche eines Weißen herrührende Wunde ging über seine Brust von einer Seite bis zur andern, und trotz des angelegten Rindenverbandes strömte das Blut noch daraus hervor. Er tauchte einen Finger in das Blut und malte auf das Gesicht Baraja’s eine Demarkationslinie, welche von der Stirn bis herab zum Kinn reichte.
    »Das Bleichgesicht wird mir die Hälfte seines Gesichtes geben. Die halbe Stirn, das Auge und die Wange sind mein. Ich werde sie ihm herabreißen, wenn er noch am Leben ist!«
    Ein Anderer trat herzu.
    »Der Skalp des Bleichgesichtes gehört mir. Ich habe den Weißen gefangen!«
    Er strich ihm mit dem Messer so nahe um den Schopf, daß Baraja die Spitze desselben zu fühlen meinte.
    Ein Dritter funkelte ihn mit grimmigen Augen an.
    »Mir gehört dann der nackte Kopf des Bleichgesichtes; ich werde auf ihn das kochende Fett seiner Brüder gießen.«
    Ein Vierter faßte ihn bei der Schulter.
    »Wird das Bleichgesicht den Muth haben, den Todesgesang anzustimmen? Ich werde ihm die Zunge herausschneiden, wenn er schweigt!«
    Ein vielstimmiges Geheul erschallte jetzt rundum. Es war ein Zeichen der Ungeduld. Die Wilden wünschten, daß ihnen ihr Opfer überliefert werde. Da erhob sich Schwarzvogel, um das Zeichen zum Beginne der Folter zu geben.
    Aber noch sollte die Todesstunde Baraja’s nicht gekommen sein. Aus dem Dunkel der Nacht trat eine fremde Gestalt an das Feuer, an welchem der Häuptling saß, Sie trug die Kleidung der Papagosindianer.
    »El Mestizo!« meinte Antilope, welcher an der Seite Schwarzvogels Platz genommen hatte.
    »Ja, El Mestizo,« klang die stolze Antwort des Wüstenräubers. »Er kommt, um seine rothen Brüder zu begrüßen.«
    »Welcher Pfad sah die Füße meines Bruders?« frug der Häuptling.
    »Sein Pfad ging in das Land der Bleichgesichter, wo die Söhne der Apachen Pferde fingen.«
    Schwarzvogel horchte auf.
    »Hat mein Bruder die Kinder der Apachen gesehen?«
    »Er hat sie gesehen und mit ihnen gekämpft. Die ›starke Eiche‹ ist gefallen und mit ihr alle Rothgesichter unter den Händen der Weißen.«
    Es war eine schlimme Nachricht, welche der Mestize brachte, aber keine Muskel des ehernen Gesichtes des Häuptlings zuckte.
    »Sie sind gegangen zu Manitou in die ewigen Jagdgründe. Schwarzvogel aber wird gehen zu den Bleichgesichtern und für jeden seiner Söhne zwanzig Skalpe holen. Mein Bruder blicke um sich; die Erde hat getrunken das Blut der Weißen schon heute, und nur Einer steht am Pfahle, um den Sieg der Apachen mit seinem Schmerzgewimmer zu verherrlichen.«
    El Mestizo blickte zu dem Gefangenen hinüber.
    »Erlaubt mir, mein rother Bruder, mit dem Bleichgesicht zu sprechen?«
    »Mein Bruder thue, was er will!«
    Der Räuber der Savanne trat zu Baraja.
    »Wie ist Euer Name?«
    »Baraja.«
    »Ihr gehört zu der Expedition, die ein Don Arechiza von Tubac aus in die Apacheria geführt hat?«
    »Ja.«
    »Habt Ihr Gold gefunden?«
    Die Züge des Gefangenen erhellten sich. Er hörte aus der Sprache des Mestizen, daß dieser kein Indianer sei, und fertigte sich sofort einen Plan zur Rettung.
    »Ja.«
    »Wie viel?«
    »So viel, daß man ganz Sonora dafür kaufen könnte.«
    »Caramba, Ihr spaßt am Marterpfahle!«
    »Fällt mir gar nicht ein. Ich habe Gold gesehen, sage ich Euch, Stücke wie meine Faust, eine ganze Wagenladung. Ein Block ist dabei, zweimal so groß wie

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