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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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mal, Enano, du hattest doch im Casa de la Cruce noch das kleine rote Holzkästchen. Wo ist das eigentlich geblieben?«
    »'s is zu den Fischen, Vitus, als Battista uns zur Cargada geschockelt hat.« Der Zwerg kratzte sich bedauernd die Haarbüschel. »Un die Güldmücken, die ich dir zurückstochen wollt, sind auch mit baden gegangen.«
    »Meine Goldescudos würden uns hier sowieso nichts nützen. Aber vielleicht wären ja ein paar brauchbare Arzneien im Kästchen gewesen.«
    »Iwo, 's war mehrstens nur Maschierpulver.«
    »Gift? Nun, ich hätt's mir denken können.« Vitus kramte weiter und entdeckte schließlich noch ein paar unversehrte Wallwurzeln. Mit Hilfe des Magisters zerquetschte er sie und legte die Masse auf die schmerzenden Stellen. Anschließend fixierte er sie mit vorsichtig angelegten Kompressen. Erst jetzt sah Vitus sich genauer in der Kammer um. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es zwei ungenutzte Schlafkojen, und an der Wand darüber befand sich ein Medizin-und Instrumentenschrank, der aussah, als wäre er schon Jahre nicht mehr geöffnet worden. Vitus klappte ihn auf. In dem von Spinnennetzen durchzogenen Schapp hingen zahlreiche Amputationsinstrumente, darunter eine Reihe scharfzahniger Knochensägen. Am Boden standen Fläschchen mit Arzneien, eines davon trug die Aufschrift Opium liquidum. Er wandte sich erneut an Hall.
    »Meist geht die Gicht mit einem Ungleichgewicht der Körpersäfte einher, Doktor. Ihr als erfahrener Arzt wisst dies natürlich viel besser als ich, dennoch: Häufig findet sich im Zusammenhang mit dem Zipperlein irgendwo ein Eiterherd im Körper. Manche Ärzte vertreten die Meinung, solche Herde seien die Ursache der Gicht.«
    Hall schwieg.
    Vitus lächelte flüchtig. »Ich für meinen Teil glaube, dass dies stimmt. Doch gestattet die Frage: Wisst Ihr von einer Eiteransammlung in Eurem Körper? Vielleicht in einer der Mandeln?«
    »Wui, oder in einem der hintren Beißer?«, ergänzte Enano.
    Hall deutete auf seine rechte Wange. »Habe ... seit Jahren eitriges ... Zahnfleisch.«
    »Hm.« Vitus überlegte. »Um Eure Mundhöhle genau zu untersuchen, reicht das Licht nicht.«
    »Vielleicht fühlt Doktor Hall sich morgen ein bisschen besser«, meinte der Magister tröstend. »Dann könnten wir ihn an Deck bringen und dort die Behandlung durchführen.«
    »Nein!« Der alte Arzt fuhr erschreckt hoch und sank qualvoll stöhnend zurück. »Will nicht ... zum ... Gespött der Männer ... werden.«
    »Natürlich nicht, Doktor Hall. Ich schlage vor, wir warten erst einmal morgen oder übermorgen ab. Wenn es Euch dann besser geht, kann ich mir Eure Zähne immer noch ansehen - hier in der Kammer, beim Schein einer Laterne.« Vitus deckte den Kranken wieder zu.
    »Danke ... für Euer ... Verständnis ... kann mich ... nicht selbst behandeln ... bin nur ein einfacher ... Knochenflicker.« »Das seid Ihr nicht, und Ihr wisst es auch. Erlaubt, dass wir uns entfernen. Wir sehen uns später.«
    Er nickte freundlich, legte seine Kiepe auf eine der freien Kojen und verließ mit seinen Kameraden den Kranken.
    »Bevor wir nachsehen, wie es Rod und den anderen im Mannschaftslogis geht, eine Frage, Enano.« Vitus war unter dem Großsegel stehen geblieben und hielt den Zwerg an der Schulter fest.
    »Bist neugierig, wiewu der Kaptein so knäbbig zu mir war?« »Erraten. Taggart ist zwar ein Mann nach meinem Geschmack: bärbeißig, geradeheraus und gerecht. Aber er ist auch ein Mann, der seine Gefühle kaum zeigt. Um so seltsamer fand ich, dass er sich dir gegenüber ganz anders benahm. Fast so, als seist du ein Familienmitglied von ihm.«
    »Bist kess im Kopf, Vitus. Hast's fast erraten.« Der Winzling fuhr sich leicht verlegen über die rötlichen Haarbüschel, »'s is so, dass von Taggarts Streichungen einer auch 'nen Buckel hat. Der Stenz is wohl so altrisch wie ich. Drum hat der Kaptein mich gleich abgegriffen un in seinen Bau bugsiert. War hullig zu mir, hat was von Schicksal gefaselt un dass ich ihn an sein eignes Blag erinner. Nu, hab ihm ein wenig Garn gesponnen, halb stimm, halb nich stimm, muss ja nich gleich alles wissen, der neugierige Rock.«
    »Und dann hast du von mir, dem Magister, Fernandez und den anderen berichtet?«
    »Jija, sollt ich's nich?« Die Äuglein des Winzlings blickten, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Vitus musste lachen. Auch der Magister, der schon wieder ganz der Alte war, prustete los.
    »Klar doch, du abgebrochener Riese, hast uns damit einen großen

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