Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
Vom Netzwerk:
Augenblick!«, bat Habakuk höflich. Solomon ging zum Abtritt, Habakuk und David folgten ihm, um ihn mit ihrem Körper abzudecken. Kurz darauf traten sie zur Seite und gaben den Blick auf Solomon frei, der sich aufrichtete und dabei einen kleinen Gegenstand mit Stroh abwischte. Alle drei schienen plötzlich sehr verlegen. Dann nahm Habakuk den Gegenstand und gab ihn Vitus.
    Es war ein silberner Achterreal.
    »Ja woher habt ihr ...«, entfuhr es ihm. Doch dann hatte er begriffen. »Ah ... ich danke euch! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.«
    »Vielleicht sollten wir als Nächstes Nunu rufen«, erwiderte Habakuk sanft. »So viel ich weiß, ist bei ihm für Geld so ziemlich alles zu haben.«
    Wenig später erschien der Hinkende. »Was is?«, knurrte er, »euern Fraß habter doch schon.« Er vermied es, den Magister anzusehen.
    »Ich möchte dich bitten, mir Arzneien zu besorgen«, sagte Vitus höflich, »der Magister muss dringend behandelt werden.«
    Nunu stemmte die Arme in die Hüften. »Die Behandlung von Ketzern is nich üblich, un überhaupt nur, wenn's der Inquisitor gesacht hat!« Vitus hielt ihm die Münze hin.
    "Das is was andres.« Der Kerkermeister hob sie prüfend ins Licht. Dann tat er etwas, womit keiner gerechnet hatte: Er biss darauf.
    Sie sahen sich an und mochten nicht glauben, was sie gesehen hatten. Dann grinsten sie, stießen sich in die Seite, prusteten los, brüllten schließlich vor Lachen.
    "Pecunia non olet!«, krächzte der Magister. Jetzt lachte nur Vitus.
    Maul halten, ihr Ketzerschweine!« Der Koloss wusste zwar nicht, warum sie lachten, aber er begriff, dass er die Zielscheibe ihres Spotts war. Er besann sich auf das Wichtigste: »Die is jedenfalls echt. Was willste haben?«
    »Zunächst einmal brauche ich Feder und Papier, um alle Dinge aufzuschreiben. Der Apotheker im Ort kann sicher lesen. Er soll die Heilmittel sorgfältig zusammenstellen. Anschließend bringst du die Sachen her. Dann sehen wir weiter.« »Ach, un das is schon alles?«, fragte der Riese ironisch. »Nein. Du musst mich noch von diesem Ring im Boden losmachen, sonst kann ich die Behandlung nicht durchführen.«
    »Das geht nich!«
    »Dann vergessen wir das Ganze, gib die Münze wieder her!« In Nunus Gesicht arbeitete es. Er schwankte zwischen Geldgier und Pflichtgefühl. Die Geldgier siegte.
    »Nu, nu, wenn's nich anders geht, schließ ich dich vom Ring ab. Aber nich für lange!«
    »Natürlich«, sagte Vitus.
    Am späten Vormittag des nächsten Tages begann die Behandlung. Vitus genoss seine neue Freiheit. Er trug zwar noch immer die Kette, aber er konnte aufstehen, umhergehen und alles eigenhändig vorbereiten.
    Obwohl der Magister große Schmerzen litt, wollte er über jeden Schritt genau informiert werden, vielleicht auch, um dadurch auf andere Gedanken zu kommen.
    »Was ist das?« fragte er, als Vitus eine Hand voll Körner in kochendes Wasser warf. »Das ist Leinsamen.«
    Der Magister öffnete den Mund, um die nächste Frage zu stellen, doch Vitus kam ihm zuvor: »Lass die Fragerei, Magister, es ist besser, wenn du nicht so viel redest. Ich erklär's dir schon: Die Verletzung auf deiner Stirn ist eine schwere Verbrennung. Das heißt, es handelt sich um eine Wunde, in der sich sehr viel Hitze befindet. Und Hitze durch Feuer ist immer wild. Nach der Vier-Säfte-Lehre des Galenos bekämpft man sie am besten durch einen Stoff, der gegensätzlich wirkt, in diesem Fall durch den Lein, denn Lein ist warm und sanft. Man kocht ihn in Wasser und durchtränkt mit dieser Flüssigkeit ein Tuch. Das Tuch legt man auf die Brandwunde, alsdann wird der Lein sämtliche Giftstoffe herausziehen und dafür sorgen, dass die Hitze entweicht.«
    »Das klingt gut«, sagte der Magister.
    »Ich hoffe, es wirkt auch so.« Mit Hilfe von Habakuk führte Vitus die einzelnen Behandlungsschritte aus. Siebzehn Stunden danach, im ersten Morgengrauen, wurde Vitus vom Magister geweckt.
    »Ich glaube, es geht mir schon besser!«, rief er munter.
    »Hoffentlich übertreibst du nicht«, freute sich Vitus. Er griff zum Handgelenk des Kranken. Eine Zeit lang schwieg er konzentriert. Dann tastete er die Achseln des Magisters ab. Seine Miene verdüsterte sich. »Dein Puls geht ziemlich schnell, und unter den Armen bist du heiß. Ich fürchte, du hast Fieber.«
    »Aber die Wunde schmerzt nicht mehr so stark.«
    »Das ist gut. Aber das Fieber muss runter, es schwächt dich zu sehr.«
    »In Ordnung, ich mache alles mit. Übrigens: Habe ich immer noch

Weitere Kostenlose Bücher