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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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gehorchten sie. »Bindet sie!« Die vier Helfer traten hinzu und schlangen Stricke um Brust und Beine der Gefangenen. »Den Großen besonders eng binden, sein Brustkorb ist breiter als die Leiter. Wehe, er rutscht nachher runter!« Der Henker überzeugte sich, dass bei ihm die Knoten besonders fest saßen. »Und nun stellt sie auf!«
    Die Helfer zogen die Leitern zu den Holzpfählen, wo sie aufgerichtet und gegen die Pfähle gelehnt wurden. Beide Delinquenten hingen jetzt auf gleicher Höhe über den Scheiterhaufen.
    Der Henker meldete dem Priester: »Vorbereitungen beendet, Vater.«
    Der Priester nickte und wandte sich an den Protokollanten. »Bitte notiert, dass dem Procedere bisher ordnungsgemäß Genüge getan wurde.«
    »Jawohl.« Der Protokollant saß an einem kleinen Tisch und schrieb etwas in die Vollstreckungsurkunde. Der Priester schaute nach links und rechts. »Es ist so weit alles vorbereitet. Darf ich mit der Verlesung beginnen?«, fragte er den Inquisitor.
    »Bitte«, antwortete Hochwürden knapp. »Nur zu.« Der Adlige winkte zustimmend mit der Hand. »Ich komme nunmehr zur Urteilsverkündung!«, rief der Priester über den Platz. Er entrollte ein Pergament und begann laut abzulesen.
    „Im Namender Großen Alleinseligmachenden Mutter Kirche, hier vertreten durch Hochwürden Ignatio hat für Recht befunden: Pablo Sategui der sich Amandus rufen lässt, ist schuldig der satanischen Hexerei, der falschen Magie und des geisterhaften Spuks.

    »Neiiiiin!«, schrie Amandus. »Ich bin unschuldig! Um der barmherzigen Mutter Gottes willen, so glaubt mir doch!« Er zappelte und ruckte verzweifelt an seinen Stricken. »Ich kann es beweisen. Es ist alles nur ein Geschicklichkeitstrick! He, ihr guten Leute, ich will's euch zeigen ...«
    Ein Schlag mit dem Luntenstock brachte ihn zur Ruhe. Wimmernd und unverständliche Worte vor sich hin brabbelnd hing er am Leitergestell.
    »Ich fahre mit der Urteilsverkündung fort!«, sagte Pater Diego ungerührt:
    „Lonzo Arbol, genannt Felix wurde für schuldig befunden, den Pablo Sategui verhext zu haben, auf dass er ihm zu Willen sei und widernatürlich wie eine Frau mit ihm verkehre, Er hat dem Pablo Sategui die Mannesselle fortgehext und stattdessen Frauensinn in sein Hirn eingepflanzt.

    Die Zuschauer wurden langsam ungeduldig. Sie waren nicht gekommen, um lange Litaneien zu hören. Sie wollten Tod und Tränen sehen. Sie wollten was zu gaffen haben, und sie wollten den schaurigen Nervenkitzel spüren, der sich einstellt, wenn andere ihr Leben aushauchen. »Macht schon, beeilt euch!«, schrie einer. »Steckt endlich die Hexer an!«, rief ein anderer. »Ja, setzt den Roten Hahn auf die Scheiterhaufen!«, tönte ein Dritter.
    Und eine besonders schrille Stimme schrie: »Alle Sodomiten und Hexer sollen auf ewig in der Hölle schmoren!« Sie gehörte dem Narren.
    »Ruhe, Leute! Ruhe!«, verschaffte sich der Henker Gehör. »Alles zu seiner Zeit! Das Urteil muss zu Ende verlesen werden.« Pater Diego übergab das Schriftstück an Don Jaime als Vertreter der weltlichen Macht, damit dieser die Strafzumessungen verlesen konnte. Der Alcalde ergriff das Pergament und las mit dröhnender Stimme ab:
    Nach eingehender Prüfung innerer Zwiesprache mit Gott dem Allmächtigen ist das Gericht, bestehend aus den fünf Vorgenannten, einstimmig zu folgendem Ergebnis gekommen;
    Pablo Sategui und Lonzo Arbol werden verurteilt zum Tode durch Verbrennen.
    Das Urteil ist sofort zu vollstrecken.

    Don Jaime blickte auf. »Die Schuldigen haben das letzte Wort.«
    Felix bewegte sich nicht. Er hielt die Augen fest geschlossen. »Wenn es einen Gott gibt, so möge er Euch verzeihen«, sagte er leise. Er wandte den Kopf zu Amandus. »Sei tapfer, mein Kleiner, wir sehen uns bald wieder.«
    »Ich liebe dich«, schluchzte Amandus. Auch er hatte die Augen geschlossen. »Ich liebe dich, ich liebe dich ...«
    Unbewegt sprach Pater Diego zu Pater Alegrio: »Bitte haltet fest, dass die beiden Schuldigen selbst im Angesicht des Todes keine Reue zeigten. Notiert Datum, Ort und Zeit und lasst genügend Raum, damit Hochwürden und ich sowie Conde Alvaro de Lunetas und Don Jaime die Vollstreckung später per Unterschrift bestätigen können.«
    Der Alcalde gab die Schriftrolle an Pater Diego zurück. Wie auf ein Zeichen begann die Menge wieder zu johlen. So muss es in der Arena des Circus maximus zugegangen sein, dachte Pater Diego angewidert. Nur dass diese beiden Sünder keine Märtyrer waren. Doch egal, ob sie

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