Der Wanderchirurg
geht ein Kamel durch ein Nadelöhr.«
Elvira, die eben noch vor dem goldenen Tablett gestanden hatte, kam nun auf Martinez' Seite herüber. Ignacios Kopf drehte sich mit, sodass sein Gesicht jetzt Martinez halb zugewandt war. »Du verweigerst mir also meinen Lohn?«, fragte sie kalt.
»So, wie du dich mir eben verweigert hast. Ich habe nicht im Mindesten das bekommen, wofür zu zahlen sich lohnen würde.« Hochwürden Ignacio lächelte noch immer überlegen.
Elvira schaute ihn starr an und sagte betont langsam:
»Dann verschwinde, und lass dich hier nie wieder blicken, du geistlicher TEUFEL.«
TEUFEL! Das war das Stichwort, auf das Martinez gewartet hatte. Fast hätte er es überhört, so gebannt war er dem Geschehen gefolgt. Doch jetzt holte er tief Luft, spitzte die Lippen und spuckte mit aller Kraft durch das Loch im Vorhang. Der Speichelstrahl flog geradewegs in Ignacios Gesicht und landete klatschend auf dem linken Auge. Die Gesichtszüge des Geistlichen versteinerten. Elvira lachte schrill: »Da hast du dein Weihwasser, Teufel!
Ich sehe, du scheust es! Und nun verschwinde, ehe ich dich hinauswerfen lasse!«
»Das ist Blasphemie! Das wirst du bitter bereuen!«, zischte Ignacio und blickte in die Richtung, aus der Martinez gespuckt hatte. »Wer war das?« Er machte Anstalten, hinter den Vorhang zu sehen.
»Wage es nicht, wenn dir dein Leben lieb ist«, warnte Elvira ihn kalt. »Ich habe neuerdings Freunde, die genauso einflussreich sind wie die deinen. Vielleicht sogar noch einflussreicher. Einer davon steht hinter diesem Vorhang.«
Ignacio schreckte zurück. Sein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Wut und Verblüffung, während er hastig sein Gewand überzog. Er wandte sich zum Gehen.
»Ich verfluche dich dreimal und flehe zu Gott, dass er dich zur Hölle schickt!«
»Vergiss dein goldenes Kreuz nicht«, sagte Elvira. Der nächste zahlungsunwillige Freier war ein reicher Tuchhändler. Er erschien am darauf folgenden Abend,
»um meiner Freundin Elvira wieder einmal meine Aufwartung zu machen«, wie er sich ausdrückte. Auch diesmal hielt Martinez sich nicht an Elviras Diskretionsbefehl. Er blickte durch das Loch im Vorhang und sah einen kleinen, dicken, prächtig gekleideten Mann, der als Erstes eine Rute auf das Bett legte. »Ich sehe, du hast dein Spielzeug dabei«, sagte Elvira, die sich wie am Vortag im Schein der Kerzen auf dem Bett räkelte. Der dicke Händler hob theatralisch die Arme: »Oh Elvira, meine Holde! Ein wenig kitzeln und zwicken muss es schon! Du selbst weißt am besten, wie fade ein bloßer Geschlechtsakt ist. Nein, wir wollen es subtiler treiben, uns langsam gegenseitig stimulieren, anstacheln, entflammen, bis wir es nicht länger aushalten und uns einander schenken müssen!« Er hielt inne und begann hastig an den oberen Knöpfen seines Wamses zu nesteln. »Bitte gehe mir beim Ausziehen zur Hand.«
Elvira, die bereits völlig nackt war, erhob sich vom Bett, um ihrem Freier zu helfen. Unter ihren geschickten Händen entledigte sich der Tuchhändler rasch seiner Kleidung. Dazu gehörten eine üppige Spitzenhalskrause, eine goldene Kette, an dem ein taubeneigroßer Amethyst hing, ein langärmeliges Wams aus Atlasseide, eine bestickte Weste, ein Hemd mit Applikationen aus Brüsseler Spitze, ein weites Unterhemd, eine Leibbinde, ein breiter Gürtel mit lederner Gürteltasche, eine gepolsterte, mit Schlitzen versehene Oberschenkelhose aus schwerem Brokat, eine enge Seidenstrumpfhose, ein Sacktuch und nicht zuletzt ein Paar schön gearbeitete Lederstiefel. Martinez fühlte sich an das Schälen einer Zwiebel erinnert.
»Endlich, Geliebte«, rief er enthusiastisch, »stehe ich vor dir, wie Gott der Herr mich erschuf.« Er setzte einen Fuß auf das Bett und beugte sich vor, um die Rute zu ergreifen. Martinez sah, dass nicht nur seine Brust und sein paukengleicher Bauch, sondern auch Schultern und Rücken von einem dichten Haarteppich bedeckt waren.
»Ob er dich wirklich so erschaffen hat, mein lieber Fadrique, möchte ich stark bezweifeln«, erwiderte Elvira trocken. »Lass uns anfangen.«
Fadrique heißt du dicke Qualle also, dachte Martinez.
»Oh ja, meine Schöne!«, rief der Tuchhändler. »Ich kann es kaum erwarten, mich von dir liebkosen zu lassen!«
Er krabbelte auf das Lager und legte sich der Länge nach auf den Bauch, gleichzeitig gab er Elvira die Rute. Sie bestand aus zähen Riedgrashalmen, die von einem schönen Silbergriff zusammengehalten wurden.
»Fang an!«,
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