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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Dämonen im Bunde sein. Ignacio nahm das Protokoll, in dem die Aussagen der Informanten festgehalten waren, und begann zu lesen. Nach der ersten Seite kräuselte sich seine Stirn, er schnaubte vernehmlich durch die Nase. Bei der barmherzigen Mutter Gottes! Dieser Fall versprach interessant zu werden. Er wandte sich nach links, wo Pater Alegrio saß, der bei dem kommenden Prozess das Protokoll führen sollte. »Habt Ihr nähere Informationen zu diesem, äh ...«, er blickte nochmals in seine Unterlagen,
    »Vitus?« Alegrio schüttelte den Kopf. »Leider nein, Hochwürden. Außer vielleicht, dass man unter den Gefangenen sagt, er sei ein ungewöhnlich begabter Heiler.«
    »Ein Heiler? Ein Wunderheiler gar?«
    »Ich weiß es nicht, Hochwürden.« Alegrio zuckte höflich mit den Schultern.
    »Wisst Ihr mehr über diesen Burschen, Don Jaime?«, fragte Ignacio nach rechts, wo der Alcalde als ordentlicher Vertreter der weltlichen Macht Platz genommen hatte.
    »Tut mir leid, Hochwürden.« Der Bürgermeister wirkte lustlos. Er war alles andere als erbaut darüber, dass die Prozessteilnahme an ihm hängen geblieben war. Doch selbstverständlich war es unter der Würde des Conde gewesen, hier zu erscheinen. Das ausgeprägte Hierarchieverständnis eines spanischen Edelmannes war durch nichts auf der Welt zu übertreffen. »Hm, wir werden sehen.« Ignacio ordnete die Zeugenaussagen vor sich. Sein Blick wanderte durch den Raum, in dem die Verhandlung gleich beginnen würde. Es war der Sitzungsraum der Bürgermeisterei von Dosvaldes, der, seiner Schätzung nach, rund zwanzig mal fünfundzwanzig Fuß maß. Von den vergilbten Wänden hingen mehrere schwarze Stoffbahnen mit großen, goldenen Kreuzen herab, unterbrochen von der roten Fahne Kastiliens und dem Banner des Königs. Stoffe und Flaggen gaben dem Raum etwas Düsteres; die wenigen, fast blinden Glasfenster, die zur Plaza de la Iglesia hinausgingen, besserten die schlechten Sichtverhältnisse kaum auf. Der Tisch, an dem er saß, war zu klein für die vielen Papiere, die auf ihm lagen. Gottlob war wenigstens der Stuhl, den man ihm zur Verfügung gestellt hatte, weich gepolstert...
    Es klopfte. Der Hellebardist, der an der Tür Aufstellung genommen hatte, blickte Ignacio fragend an.
    »Ja, bitte.« Ignacios Stimme wirkte sehr beschäftigt. Der Posten öffnete die Tür und rief stramm: »Hochwürden, ich melde: Angeklagter wie befohlen vorgeführt!«
    »Der Ketzerdokter is hier.« Nunu schob einen jungen Mann in den Raum.
    »Danke. Nunu, du kannst dich neben die Tür setzen und der Verhandlung folgen.« Ignacios Stimme klang konzentriert. »Angeklagter, komm näher.«
    Vor den Tisch trat ein blonder Jüngling mit ausdrucksvollen Gesichtszügen.
    Sein Blick war angespannt, aber furchtlos. Von seinen Handgelenken hing eine Kette herab. Der abgerissene Mantel, den er trug, schlotterte ihm um die Gliedmaßen, denn er war ziemlich abgemagert. Vix ossibus haeret, er hängt kaum in den Knochen, dachte Ignacio, doch sei's drum, die Inquisition hat nicht die Aufgabe, ihre Gefangenen zu mästen. Laut sagte er: »Bevor die Verhandlung beginnt, möchte ich wissen, mit wem ich es zu tun habe. Wie also lautet dein voller Name, Bursche?«
    »Ich heiße Vitus. Meinen Familiennamen kenne ich nicht.«
    »Soso. Du willst mir damit aber nicht sagen, du hättest keine Familie und seist göttlichen Ursprungs?« Dies war ein erster Versuch, den Jungen aufs Glatteis zu führen. Vielleicht bekannte er von vornherein, dass der Teufel in ihn gefahren war und ihn dazu verleitet hatte, sich als Jesus Christus aufzuführen. Das würde die Sache erfreulich abkürzen.
    »Sind wir nicht alle Kinder Gottes?«, fragte der Bursche zurück. »Ich heiße Vitus, mehr kann ich Euch nicht sagen. Ich wäre Euch aber dankbar, wenn Ihr mich nicht duzen würdet. Ich weiß zwar nicht, ob ich von Stand bin, aber ich habe einige Bildung. Ich wuchs auf in einem Kl... »
    »Alles zu seiner Zeit! Ich stelle zunächst fest, dass du, äh ... dass Ihr mir Euren Nachnamen nicht nennen könnt. Oder wollt. Nun denn, Pater Alegrio, haltet bitte fest, dass vor dem Inquisitionsgericht, bestehend aus meiner Person, Hochwürden Ignacio, dem Alcalden von Dosvaldes, Don Jaime de Vargas, und Euch, Pater Alegrio, dem Protokollführer, erschienen ist: ein Mann namens Vitus. Alter: ... Wie alt bist du, Bursche, äh ... seid Ihr?«
    »Zwanzig Jahre, Hochwürden.«
    »Gut, Alter also zwanzig Jahre. Ort: Bürgermeisterei zu Dosvaldes. Datum: 6. Juli

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