Der Weg der Helden
furchteinflößend.«
» Er kommt aus einem Kriegervolk. Sie glauben, dass eine Schlacht der einzige Weg zu wahrer Größe ist.«
» Und das hier ist wahre Größe?« Pendar deutete auf die Leichen.
» Nein«, sagte Talaban. » Das hier ist Barbarei, das Gegenteil von allem, wofür Zivilisation steht. Aber in mancherlei Hinsicht versteht Mondsteins Volk Wahrheiten, die wir schon lange vergessen haben. Wir wachsen nur im Kampf. Was du heute, in diesen wenigen Momenten, gelernt hast, hätte dir kein Buch, kein Lied und auch kein Lehrer jemals vermitteln können. Du hast am Eingang des Passes auf einem Pferd gesessen und dem Tod ins Auge geblickt. Dann hast du deine Angst überwunden und angegriffen. Hast du dich jemals so lebendig gefühlt?«
» Nein, noch nie«, gab der Vagar zu. » Und doch war es widerlich.«
» Ja, das ist es. All diese Toten, Almecs, Avatar und Vagaren, hätten ein nützliches, produktives Leben führen können. Jetzt sind sie nur noch Futter für die Aasgeier. Wenn deine Großmutter Recht hat und du tatsächlich in die Politik gehst, dann kannst du das, was du hier und heute gelernt hast, nutzen, um es zum Wohl deines Volkes einzusetzen. Ich habe in meinem langen Leben allmählich gelernt, dass alle Menschen ständig zwischen Niedertracht und Edelmut hin und her schwanken. Sie treffen täglich Entscheidungen, die sie in eine dieser beiden Richtungen ziehen können und dann wieder in die andere. Anführer sollten immer den Adel des Geistes befeuern. Heute hast du so viel Niederträchtiges gesehen, aber noch mehr Edles. Deswegen wirst du entweder ein besserer oder ein schlechterer Mann werden. Ich glaube, du wirst ein besserer Mann. Jetzt nimm dein Schwert. Ich denke es wird Zeit, für ein paar Grundübungen.«
Es war ein langer Tag gewesen, und Sofarita war müde bis auf die Knochen, als sie zum Haus zurückkehrte. Questor Ro schlief. Alle Lakaien bis auf einen waren ebenfalls zu Bett gegangen. Nur der alte Sempes wartete auf sie, als sie eintraf.
» Möchtet Ihr etwas zu essen, Mistress?«, erkundigte er sich. » Oder soll ich Euch vielleicht ein Bad einlassen?«
» Nein, danke. Ich glaube, ich werde einfach nur schlafen«, erwiderte sie. Sie stieg langsam die Treppe hinauf. Ihre Knie und Hüftgelenke schmerzten dabei, ein weiteres Anzeichen für das Fortschreiten der Kristallisierung ihrer Gliedmaßen. Am oberen Treppenabsatz blieb sie kurz stehen und ging dann mühsam weiter zu ihrem Zimmer. Es war ein kleines Schlafgemach, das nach Westen hin lag und eine große Glastür aufwies, hinter der ein kleiner Balkon lag. Durch das Glas konnte sie die Sterne über dem funkelnden Ozean sehen.
Sie war zu müde, um sich auch nur auszuziehen, trat einfach die Schuhe von ihren Füßen, schlug die Decken zurück und legte sich aufs Bett. Das Kissen war weich und einladend, aber sie schlief nicht sofort ein.
Vor acht Tagen war Talaban mit seinen Männern aufgebrochen. Sie hatte seinen ersten Zusammenstoß mit den Almecs beobachtet und hatte Angst gehabt, er könnte möglicherweise getötet werden. Er beschäftigte sie zurzeit sehr stark. Etwas an ihm ging ihr nah. Sie konnte allerdings nicht genau sagen, was es war. Seitdem hatte er vier Scharmützel gefochten, blitzschnelle Angriffe auf Kolonnen der Almecs, und war jetzt zu seinem Treffen mit der Schlange unterwegs, mit der Methras zur Mündung des Luan gesegelt war.
Überall sonst hatte es nur düstere Nachrichten gegeben. Die Almecs hatten die meisten Bewohner der Städte Boria, Pejkan und Caval abgeschlachtet, und jetzt marschierten dreitausend Soldaten langsam die Küste entlang auf Egaru zu. In acht Tagen würden sie vor der Hauptstadt auftauchen. Eine andere Armee von ähnlicher Größe machte Anstalten, von Ammons Hauptstadt aus aufzubrechen.
Methras hatte zwei goldene Schiffe versenkt, aber immer mehr kamen den Fluss hinaufgesegelt, beladen mit Soldaten und Waffen.
Viruk hatte mit Sofaritas Hilfe den Agenten Boru getroffen und war mit ihm zusammen dabei, Ammon nach Egaru zu bringen. Sie hatte den Planwagen tagsüber gesehen, als er über die Weiden und Äcker in der Nähe von Pacepta, ihres Heimatdorfes, schaukelte. Die Siedlung war verlassen; die Bauern hatten sich in den Höhlen in Sicherheit gebracht.
Die Almecs hatten ihre Armeen auf dem ganzen Kontinent an Land gesetzt. Im tiefen Süden hatten sie die Nomaden vernichtet und Hunderte getötet. Im Osten hatten sie eine erbitterte Schlacht mit dem Hantu-Stamm ausgefochten. Dort
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