Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
Männern, die seinen ersten Brückeneinsatz überlebt hatten, waren inzwischen dreiundzwanzig tot. Zwei waren zu anderen Brückenmannschaften versetzt worden, weil sie sich auf irgendeine Weise bei Gaz eingeschmeichelt hatten. Aber sie waren dort gestorben. Nur ein einziger anderer Mann und Kaladin waren übrig geblieben. Zwei von fast vierzig.
Die Mannschaften waren durch weitere Unglückliche ergänzt worden, doch auch die meisten von diesen waren inzwischen tot. Sie waren rasch ersetzt worden. Und viele von diesen waren ebenfalls bereits gestorben. Ein Brückenführer nach dem anderen war ausgewählt worden. Es war angeblich eine bevorzugte Position in der Brückenmannschaft, denn sie verschaffte das Privileg, an den besten Stellen mitzulaufen. Doch bei Brücke Vier machte es keinen Unterschied.
Einige Brückenläufe waren nicht ganz so schlimm. Wenn die Alethi vor den Parschendi eintrafen, starb kein einziger Brückenmann. Und wenn sie viel zu spät ankamen, war manchmal schon ein anderer Großprinz da. In diesem Fall half ihm Sadeas nicht, sondern kehrte mit seiner Armee ins Lager zurück. Selbst bei schlimmen Läufen konzentrierten sich die Parschendi meistens auf bestimmte Mannschaften und versuchten sie zu Fall zu bringen. Daher starben zwar manchmal Dutzende Brückenmänner, aber keiner von Brücke Vier.
Doch das war selten. Aus irgendeinem Grund wurde Brücke Vier fast immer angegriffen. Kaladin machte sich erst gar nicht die Mühe, die Namen seiner Gefährten zu lernen. Das tat keiner der Brückenmänner. Warum auch? Wenn jemand den Namen eines anderen Mannes auswendig lernte, würde
einer von beiden binnen einer Woche tot sein, vermutlich sogar beide. Vielleicht sollte Kaladin doch die Namen lernen. Dann hätte er wenigstens jemanden, mit dem er in der Verdammnis reden konnte. Dann konnten sie sich daran erinnern, wie schrecklich es bei Brücke Vier gewesen war und einstimmig zu der Meinung kommen, dass die ewigen Feuer weitaus angenehmer waren.
Er grinste matt und starrte noch immer auf den Stein vor sich. Gaz würde bald kommen und sie zur Arbeit schicken. Sie mussten Latrinen auskratzen, Straßen säubern, Ställe ausmisten und Felsen sammeln. Das alles lenkte die Gedanken von ihrem Schicksal ab.
Er wusste noch immer nicht, warum sie auf diesen verdammten Plateaus kämpften. Es hatte etwas mit diesen großen Kokons zu tun. In ihrem Inneren befanden sich offenbar Edelsteine. Aber was hatte das mit dem Rachepakt zu tun?
Ein anderer Brückenmann – ein jugendlicher Veden mit rotblondem Haar – lag nicht weit entfernt von ihm und starrte in den regensprühenden Himmel hoch. Wasser sammelte sich an den Rändern seiner braunen Augen und rann ihm das Gesicht herunter. Er blinzelte nicht.
Sie konnten nicht weglaufen. Das Kriegslager ähnelte einem Gefängnis. Die Brückenmänner konnten zwar zu den Händlern gehen und ihren mageren Lohn für billigen Wein und Huren ausgeben, aber es war ihnen doch nicht möglich, das Lager zu verlassen. So gut war es gesichert. Einerseits sollten Soldaten aus anderen Lagern ferngehalten werden – es gab immer Rivalitäten, wenn Armeeteile aufeinandertrafen –, und andererseits sollten die Sklaven und Brückenmänner an der Flucht gehindert werden.
Warum? Warum musste all das so schrecklich sein? Das ergab doch keinen Sinn. Warum wurde denn nicht zugelassen, dass einige Brückenmänner mit Schilden vor den Brücken herliefen und die Pfeile abfingen? Er hatte danach gefragt, und es
war ihm gesagt worden, dass sie dann zu langsam seien. Er hatte abermals gefragt, und es war ihm gesagt worden, man würde ihn aufknüpfen, wenn er nicht den Mund hielt.
Die Hellaugen taten so, als wäre dieser ganze Schlamassel ein großes Spiel. Wenn dem so sein sollte, dann blieben seine Regeln den Brückenmännern verborgen, so wie die Spielsteine auf einem Brett keine Ahnung hatten, welche Strategie der Spieler mit ihnen verfolgte.
»Kaladin?«, fragte Syl, floss herunter und landete auf seinem Bein. Sie hatte ihre mädchenhafte Gestalt beibehalten, und ihr langes Kleid lief in Nebel aus. »Kaladin, du hast seit Tagen nichts mehr gesagt.«
Zusammengesunken starrte er weiter vor sich hin. Es gab einen Ausweg. Die Brückenmänner konnten die Kluft aufsuchen, die dem Lager am nächsten lag. Das war zwar verboten, aber die Wachen hinderten sie nicht daran. Sie betrachteten es als die einzige Gnade, die sie den Brückenmännern gewähren konnten.
Die Brückenmänner, die diesen Pfad
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