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Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
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kümmern uns um die Unseren«, sagte er, als eine Pflegerin vorbeitrampelte, die eine winzige alte Frau mit milchigen Augen in einem Rollstuhl schob. » An diesem Ort hier ist nichts heimelig.«
    » So schlimm ist es gar nicht«, erwiderte ich. » Ich habe auf Schulausflügen schon schlimmere gesehen.«
    Luc schauderte.
    Wir blieben vor dem Verwaltungsbüro stehen und spähten durch die kleinen Fenster. Das Schloss an der Tür war eines von diesen schicken elektronischen, für die man eine Schlüsselkarte brauchte. » Kannst du da etwas unternehmen?«, fragte ich.
    Er zog eine Augenbraue hoch. » Sehr elegant wird das aber nicht.«
    Drei Meter entfernt war die Tür zum Direktorenbüro zwar geschlossen, aber ein handbemaltes Holzschild verkündete, dass es geöffnet war. » Solange es nur leise ist.«
    Er zuckte die Achseln, bedeckte das Schloss mit der freien Hand und bewegte stumm die Lippen. Ein Knacken ertönte, es roch nach verbranntem Plastik, und das Schloss fiel ab. Er reichte es mir, als die Tür aufschwang. » Wir können später darüber sprechen, wie du mir deine Dankbarkeit erweisen willst«, sagte er und stieß mich durch die Tür.
    » Ich werde dir eine Dankeskarte schicken.« Nachdem ich seine Hand losgelassen hatte, steckte ich das geschmolzene Kartenlesegerät in die Tasche und ging zu dem Aktenschrank auf einer Seite des Büros.
    Was hatte Jenny – oder vielmehr Jennys Quelle – mir hier zeigen wollen? Wer von allen Leuten in Colins Vergangenheit könnte in ein Pflegeheim abgeschoben worden sein?
    » Gaskill, Raymond«, murmelte ich und blätterte Akten durch, bis ich das » G« erreichte.
    » Wer ist Gaskill?«, fragte Luc von seinem Posten an der Tür.
    » Ein sehr böser Mann.« Ich überflog die ordentlich beschrifteten Aktenordner.
    » Von denen scheinst du eine ganze Menge zu kennen.«
    » Ich kenne ihn überhaupt nicht.« Nichts. Ich sah ein zweites Mal nach, aber er war nicht da. Mir entging irgendetwas. » Verdammt.«
    » Es geht hier um Cujo, oder? Du steckst die Nase in all den Kram, von dem er dich fernhalten will?«
    Meine Geheimnisse, hatte Colin gesagt. Meine. Und Billy, so überzeugend: Sein Leben ist nicht das einzige, auf das es ihm ankommt.
    » Donnelly«, sagte ich leise. » Nicht Gaskill.«
    Ein seltsames Kribbeln huschte mir über den Hals, und es hatte nichts mit Magie zu tun.
    Luc ging durchs Zimmer und legte die Hand auf meine, als ich nach dem Schrank griff, der mit » A-E« beschriftet war. » Hast du je die Geschichte über die Büchse der Pandora gehört?«
    » Natürlich. Sie konnte nicht widerstehen nachzusehen, was darin war, und hat alles Böse in die Welt hinausgelassen. Wie feinsinnig, Luc.«
    » Ich habe nie erlebt, dass Cujo dir etwas abgeschlagen hätte, es sei denn, er hat versucht, dich zu beschützen. Vielleicht möchtest du dir eine Minute Zeit lassen, bevor du den Deckel dieser Büchse öffnest. Der Mann passt immer auf dich auf.«
    » Vielleicht wird es Zeit, dass ich einmal auf ihn aufpasse«, sagte ich und riss die Schublade auf. » Dinsmore … Donaldson … Donnelly.« Ich zog den Ordner heraus. Auf dem Ordnerrücken befand sich für jedes Jahr ein Aufkleber – elf Jahre. Ich sah den Namen noch einmal an.
    » Hallo, Tess.«
    Luc fuhr sich mit der Hand durchs Haar. » Hast du es gefunden?«
    Ich öffnete den Ordner. » Colins kleine Schwester ist Patientin hier.«
    » Kleine Schwester? Wie alt ist sie?«
    » Siebzehn.«
    » Was tut eine Siebzehnjährige in einem Altenheim?« Er klang erschüttert.
    » Sie versteckt sich.« Ich blätterte mit zitternden Händen den Ordner durch. Tess Donnelly, siebzehn, seit elf Jahren katatonisch. Laut dem Psychiater des Hauses war ihr Zustand teilweise körperlich zu erklären, als Folge der schweren Kopfverletzungen, die sie als Kind davongetragen hatte, teilweise aber auch psychisch, als Abwehrhaltung gegen den Missbrauch, den sie erduldet hatte, und die Nacht von Raymond Gaskills letztem Angriff.
    Ich wandte mich ihren Aufnahmepapieren zu. Als Elfjähriger hatte Colin sie nicht herbringen können, ganz gleich, wie verzweifelt er darauf bedacht gewesen war, sie zu beschützen. Er hatte Hilfe gehabt. Und da, unter » Sorgeberechtigter«, stand der Name, mit dem ich schon die ganze Zeit gerechnet hatte.
    William Grady.
    Mein Onkel hatte die beiden verbliebenen Donnellys gerettet und seitdem stets für Tess gesorgt.
    Es war keine Angst, die Colin loyal bleiben ließ. Es war Liebe.
    Ich wusste nicht, was ich empfinden

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