Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin
Schwierigkeiten gebracht. Tagsüber macht es auch nicht mehr Spaß.«
Zumindest damit hatte er recht. » Warum hast du heute Morgen nach mir gesucht?«
» Vor allem, weil ich dich sehen wollte.«
» Mm-hm. Warum noch?«
Gerade in dem Augenblick kam die Kellnerin zurück und reichte mir das schnurlose Telefon. » Eine Spezialbestellung«, sagte sie. » Sie haben nach dir gefragt.«
» Hallo?«
» Mo, ich bin’s, Edie aus dem Shady Acres.«
Mir sackte der Magen in die Kniekehlen.
» Es tut mir leid, dass ich dich störe«, fuhr sie fort. » Einer unserer Bewohner macht sich Gedanken um eine Bestellung, die er losgeschickt hat. Mr. Eckert?«
Das Einzige, was Mr. Eckert – oder Mr. Ekomow oder wie auch immer er von mir genannt werden wollte – losgeschickt hatte, waren bewaffnete Männer gewesen, die mitten in der Nacht in mein Haus eingedrungen waren. Kalter Zorn durchströmte meine Adern.
» Ich glaube nicht, dass wir ihm helfen können.«
» Bist du sicher? Er scheint anzunehmen, dass es zu einem Missverständnis gekommen ist. Er würde sehr gern persönlich mit dir sprechen.«
» Kein Missverständnis. Wir haben nichts für ihn.«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, legte ich auf.
» Probleme?«, fragte Luc.
» Schon gelöst.«
» Willst du, dass ich dich nach Hause bringe?«
» Nein.« Ich schob die Hand in meine Tasche und fand die Wegbeschreibung zum Pflegeheim, die ich vorhin ausgedruckt hatte. » Aber wenn du Lust hast, kannst du mitkommen. Ich muss noch woandershin.«
Kapitel 32
Das Pflegeheim St. Mary of the Angels roch genauso wie erwartet – nach starkem Desinfektionsmittel und etwas, das an der Reife vorbei zum Verfall gealtert war, kränklich süß. Der Geruch versagender Körper. Ich rieb mir die Nase, aber der Gestank blieb. In den vergangenen paar Monaten war jeder Tod, den ich mit angesehen hatte, gewaltsam, unerwartet und in jedem Sinne des Wortes unnatürlich gewesen. Aber hier erlagen Menschen Stück für Stück dem Alter, Krankheiten oder der Vernachlässigung. Ich war mir nicht sicher, was schlimmer war.
Dennoch versuchte man, alles so angenehm wie möglich zu gestalten. Im Hintergrund lief leise klassische Musik, und die Wände waren mit beruhigenden impressionistischen Gemälden geschmückt. Pfleger in fröhlich bedruckten Kitteln plauderten mit den alten Patienten, die sie im Rollstuhl irgendwohin schoben. Dann und wann sah man jemanden schwer auf einen Gehwagen gestützt einen Flur entlangschlurfen oder in einem motorisierten Rollstuhl vorbeisurren.
Luc ließ das alles auf sich wirken. » Sag mir noch einmal, was wir vorhaben.«
» Hier ist etwas. Jemand. Es ist wichtig.« So wichtig, dass ich ihn gebeten hatte, uns zu verhüllen, damit wir uns ungesehen aus dem Slice davonschleichen und dann eine Reihe von CTA -Bussen und Zügen nach Norden nehmen konnten. Luc hatte wegen der stundenlangen Fahrt gemurrt, aber nicht vorgeschlagen, durchs Dazwischen zu gehen.
» Warum muss ich mit dabei sein? Kannst du sie nicht einfach fragen?«
» Es gibt Datenschutzbestimmungen. Sie geben nicht einfach jedem Informationen über Patienten. Ich muss mich hineinschleichen.«
» Oh, das sollte unterhaltsam sein.«
Ich rammte ihm den Ellbogen in den Bauch, und er keuchte.
Befriedigt setzte ich ein falsches Lächeln auf und ging zum Empfangstresen. » Ich bin hier, um meine Oma zu besuchen?«, sagte ich und hob das Ende jedes Satzes, um ihn wie eine Frage klingen zu lassen. » Sie hat morgen einen Termin? Bei einem Spezialisten im Northwestern? Und wir sollen so ungefähr all ihre Krankenakten herbringen?«
Die Frau hinter dem Tresen schaute kaum von ihrem Solitärspiel am Computer auf. » Dafür ist Jeannie zuständig.«
» Und ihr Büro ist …«
» Linker Flur, dann der erste rechts, zweite Tür. Neben dem Direktorenbüro«, sagte sie und schob auf dem Bildschirm einen Kartenstapel auf den anderen. » Aber die Verwaltung ist am Wochenende geschlossen. Du musst am Montag wiederkommen.«
Perfekt. » Danke«, sagte ich und ging wieder zu Luc zurück. Sie nickte geistesabwesend und begann ein neues Spiel.
» Lügnerin«, sagte Luc beeindruckt. » Die Seite an dir gefällt mir irgendwie. Ungezogen.«
Ich verdrehte die Augen. » Mach mich einfach unsichtbar.«
Die Luft schimmerte und kam wieder zur Ruhe, als er uns verhüllte. Er hielt die Hand fest um meine gelegt, während wir den Flur entlanggingen. » Dieses Heim ist entsetzlich.«
» Haben Bögen keine Pflegeheime?«
» Wir
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