Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
Weißt du, was geschehen ist?« Aus meiner Sicht war die Situation nicht einmal ansatzweise komisch.
» Ich habe eine Vermutung. Vielleicht hat die Magie dich auserwählt, weil ihr so viel miteinander gemeinsam habt.«
» Ich glaube nicht…«
Ich brach ab, als er näher herantrat und mich an den Baum zurückschob. Er beugte den Kopf über meinen, so dass sein Atem mein Haar bewegte, und sagte leise: » Du willst mich.«
» Das ist wirklich nicht der beste Zeitpunkt«, erwiderte ich und legte ihm die Hand auf die Brust, um ihn von mir zu stoßen.
Er trat weit genug zurück, um mir in die Augen zu sehen. » Du hast Angst, dass es nicht richtig ist. Du machst dir Sorgen darum, verletzt zu werden– und um Cujo. Es ist kompliziert. Also lässt du mich nahe herankommen, so wie jetzt. Weil du mich willst und weil es dir gefällt, dass ich dich will. Du magst das Kribbeln im Blut, den Schauer, der dir über den Rücken läuft, und die Schmetterlinge im Bauch. Aber nur zu deinen Bedingungen. Wenn ich dir mit voller Kraft nachstellen würde, würdest du davonlaufen. Wenn ich dränge, sperrst du dich. Du sagst nein. Wenn ich stark genug dränge, sagst du nein, niemals.«
» Können wir das bitte später besprechen?« Mein verräterisches Blut kribbelte, genau, wie er es gesagt hatte, angesichts der Wahrheit seiner Worte.
Er strich sich mit ungeduldiger Gebärde die Haare aus den Augen, und der Moment war vorüber. » Verstehst du denn nicht? Die Magie tut dasselbe. Je heftiger du sie bedrängst, desto weiter zieht sie sich zurück, sogar, wenn du tust, was sie will.«
Ich hatte unwillkürlich die Finger um den Rand seiner Lederjacke geschlungen und ließ sie nun sehr bewusst wieder los, um meine eigene Jacke enger um mich zu ziehen. » Worauf willst du hinaus?«
» Sie hat gesagt, dass du sprechen sollst.«
» Ich habe gebettelt. Ich habe gefleht. Ich habe alles erklärt. Was sollte ich denn sonst noch tun?«
» Jene Symbole waren die reinste Ausdrucksform der Magie«, sagte er. » Es ist, als ob man Stille Post spielt. Jedes Mal, wenn jemand einen Zauber wirkt, verändern sie sich ein wenig. Jeder hat eine eigene Betonung, einen Akzent, eine Stimmlage. Kein Zauber ist eine exakte Kopie des Originals. Aber du hast eine direkte Verbindung. Bei der Nachfolgezeremonie hast du die Worte gesprochen, und es waren die getreuesten, die ich je gehört habe.«
» Ich kann sie jetzt nicht sprechen«, rief ich ihm ins Gedächtnis. » Damals habe nicht ich gesprochen, sondern…« Ich brach ab, als das Verstehen wie ein Schwall Eiswasser über mich hereinbrach. » Ich habe für die Magie gesprochen.«
Er schüttelte bedauernd den Kopf. » Weißt du, ich habe noch nie einen Streit mit meiner Mutter gewonnen. Sie hat immer recht.«
» Das muss dich doch ärgern«, sagte ich. Er stand so nahe bei mir, dass ich den Pulsschlag an seinem Hals sehen konnte. » Da du doch so selbstbewusst bist und überhaupt.«
» Das täte es auch, wenn sie sich mit uns nicht so sicher wäre.« Er trat zurück, und ich bekam wieder Luft. » Du bist am Zug, Mouse.«
Ich ging den Bürgersteig entlang aufs Morgan’s zu, und Luc hielt mit mir Schritt. » Du glaubst, dass ich für die Magie sprechen soll? Dolmetschen?«
» Das ergibt doch einen gewissen Sinn, nicht wahr? Wenn die Magie so schlau ist, wie du sagst, bist du perfekt geeignet– du warst in der Lage, eine Verbindung mit ihr einzugehen, kannst sie aber nicht benutzen. Du willst es noch nicht einmal. Wer könnte besser als Stimme der Magie dienen als jemand, der sie nicht entstellen und für seine eigenen Zwecke ausnutzen wird?«
Seine Worte hallten tief in meinem Innern nach. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. » Apropos eigene Zwecke«, sagte ich. » Wovon hat Dominic gesprochen, als er gesagt hat, dass du tun sollst, was das Beste für dein Volk ist?«
» Unwichtig. Das hier ist etwas Größeres. Wir müssen herausfinden, was die Magie will.«
» Ehrlich gesagt interessiert es mich im Moment mehr, was Dominic will, denn jedes Mal, wenn er lauthals verkündet, was das Beste ist, meint er nie das, was das Beste für mich ist.«
» Vergiss Dominic.«
» Nichts lieber als das, aber er ist hinter irgendetwas her, und er will, dass du es für ihn besorgst. Was ist es?«
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und sah mir in die Augen. » Du.«
Wenn ich es recht bedachte, wäre es mir lieber gewesen, wenn Luc mich noch hätte belügen können.
Kapitel 29
» Dominic hat es
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