Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
kreischen und anfangen, für mein Zimmer im Studentenwohnheim einzukaufen. Eine Tabelle mit meinen Kursen für die nächsten vier Jahre erstellen. Aber ich konnte nichts davon tun. Verity war nicht mehr da. Der Weg, den wir uns vorgezeichnet hatten, war mir jetzt verschlossen. Daran zu denken würde mich bei lebendigem Leib auffressen. Ich spürte schon den schlangengleichen Hunger, der sich jedes Mal aufbäumte, wenn ich daran dachte, Jagd auf Anton zu machen. Über das nachzugrübeln, was ich verloren hatte, würde ihn nur verstärken, bis er mich völlig verzehrte.
» Ich habe dir doch schon gesagt, dass es keine Rolle spielt. Ich kann nicht hin.«
» Aber du bist angenommen worden. Du kannst ein bisschen feiern, oder? Das wolltet ihr doch immer, Verity und du. Und vielleicht findest du ja noch einen Weg.«
» Vielleicht«, sagte ich mit einem unsicheren Lachen. » Mein Gott, das hätte Jill wirklich geärgert, oder? Mich noch vier Jahre an der Backe zu haben.«
Lena musterte mich stumm. Ich schloss die Augen, schüttelte einmal den Kopf und öffnete sie wieder. » Jedenfalls gehen wir jetzt besser an die Arbeit, nicht wahr?«
Ich loggte mich aus und sah mich im Raum um. Ringsum schrieben Schülerinnen Geschichten, zogen los, um Interviews zu führen, oder diskutierten fröhlich über das Layout. Lena holte Luft und überflog die Liste von Artikeln, die noch eingereicht werden mussten. » Hast du den Leitartikel fertig?«
Ich musste nicht erst in meiner Tasche herumwühlen, um die Antwort zu kennen. » Nein. Ich wollte es eigentlich, aber…«
» Alles ist aus dem Ruder gelaufen.«
» Tut mir leid. Ich schreibe jetzt sofort einen…«
Sie winkte ab. » Ich sage einer der Elftklässlerinnen, dass sie sich darum kümmern soll. Gute Übung für sie.«
Ich sah zu, wie sie zu einer Schülerin hinüberging, die in der Nähe des Druckers stand und eifrig nickte, als ihr die Chance angeboten wurde, den Artikel für die Titelseite zu verfassen.
Nick Petros war es gewohnt, Geschichten für die Titelseite zu schreiben, dachte ich– je reißerischer, desto besser. Und jetzt sagte er Jenny, dass wir nicht mehr helfen kon nte n, gegen Billy vorzugehen. Irgendetwas stimmte da nicht.
» Darf ich aus Ihrem Büro jemanden anrufen?«, fragte ich Miss Corelli, die Lehrerin, die die Schülerzeitung betreute. » Hier ist es ein bisschen laut für ein Interview.«
» Geh nicht an meine geheimen Schokoladenvorräte«, warnte sie mich, winkte mir aber zu, mich in den winzigen Raum zurückzuziehen. Nicks Visitenkarte war noch immer an die Pinnwand geheftet, ein Andenken an seinen Besuch in unserem Kurs letzten Herbst. Ich wählte mit zitternden Händen seine Nummer und war erstaunt, als er beim zweiten Klingeln abnahm.
» Petros.« Im Hintergrund hörte man jemanden nach Adlersuchsystem tippen.
» Hier ist Mo Fitzgerald«, sagte ich und wartete.
» Mo.« Das Tippen hörte auf. » Stimmt etwas nicht?«
» Sie haben Jenny gesagt, dass wir nicht mehr an den Ermittlungen beteiligt sind.«
» Ihr seid minderjährig«, erwiderte er. » Ihr seid zu jung, dabei zu sein.«
» Das hat Sie vorher nicht gestört«, betonte ich. » Was ist jetzt anders?«
Er sog pfeifend die Luft ein. » Wir stehen an einem heiklen Scheideweg. Vieles ist in Bewegung geraten, und es ist besser, wenn ihr beiden euch da heraushaltet. Ihr habt gute Arbeit geleistet, aber jetzt müsst ihr die Finger davon lassen.«
» Ich kann immer noch helfen! Es gibt eine Liste, Nick. Leute, die mein Onkel bestochen hat. Leute, die für ihn arbeiten. Sie haben gesagt, dass Sie Beweise benötigen, un d i ch kann sie Ihnen beschaffen. Ich brauche nur etwas Zeit.«
» Nein. Sieh mal, Mo, ich habe das Jenny nicht erläutert, aber ich erzähle es dir, weil ich glaube, dass du klug genug bist, das Gesamtbild zu erkennen. Die Leute, die für die Ermittlungen die Verantwortung tragen, haben sich sehr klar ausgedrückt. Ihr dürft nicht beteiligt sein. Punkt.«
» Aber die Liste…«
» Wir wissen über die Liste Bescheid und werden sie bekommen. Aber du bist raus, Mo, tut mir leid.«
Ich dachte an Jennys tränenerstickte Stimme auf dem Anrufbeantworter, die Enttäuschung, die sie verspürt haben musste. » Ja. Das haben Sie auch Jenny gesagt, nicht wahr? Glauben Sie wirklich, dass ihr das hilft? Sie hat ihren Vater verloren, Nick. Sie muss die Sache durchziehen.«
Sein Ton war auf raubeinige Art freundlich, aber absolut unnachgiebig. » Jenny muss die Finger davon
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