Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
leichten Schlaf. An deiner Stelle wäre ich auf der Treppe vorsichtig.«
Und damit ging Billy.
Lucs Hand umschloss meinen Ellbogen und stützte mich. Ich holte langsam tief Atem und sagte: » Das war perfektes Timing. Wieder einmal.«
Er lächelte grimmig. » Ich habe ihn hereinkommen sehen. Ich wollte ja nicht stören, aber er sah aus, als hätte er vor, sich auf dich zu stürzen.«
» Du hast das Haus beobachtet.« Nach den Vorfällen am Abend störte mich die Vorstellung nicht mehr so sehr, wie sie es früher getan hätte.
Er hatte die blutbefleckten Kleider abgelegt, die er im Kampf getragen hatte. Jetzt hatte er uralte Jeans und ein derart blütenweißes T-Shirt an, dass es im Vergleich zu seiner schwarzen Lederjacke fast zu leuchten schien. » Du hast zwar Wächter, aber… ich wollte sichergehen.«
Beinahe hätte ich ihm gesagt, dass er gehen sollte. Billy würde nicht zurückkommen, und es hätte für Anton keinen Sinn gehabt, heute Nacht Jagd auf mich zu machen. Zweifellos leckte er irgendwo seine Wunden, plante den nächsten Angriff oder hetzte seine Anhänger auf. Aber Anton war wahnsinnig. Nichts, was er tat, ergab einen Sinn. Und der Gedanke, dass Luc mich beschützen würde, sorgte plötzlich dafür, dass ich mich sicher fühlte– nicht so, als hätte ich einen Stalker.
» Komm mit nach oben«, flüsterte ich. Er nahm meine Hand und verhüllte uns, während wir uns in mein Zimmer schlichen. » Haben die Quartoren dir gesagt, dass du herkommen sollst?«
» Sie wissen, dass ich hier bin.« Ich schaltete meine Lampe an, setzte mich aufs Bett und sah zu, wie er im Zimmer auf und ab ging. Er spazierte zu meiner Kommode und stupste beiläufig das Durcheinander aus Schmuck und Kleinkram an– abgerissene Eintrittskarten, mein Schülerausweis vom letzten Jahr, Stifte, Haarspangen. Er hob eine Parfümflasche hoch, schnupperte daran und rümpfte die Nase. » Das riecht nicht nach dir.«
» Ich nehme es auch nie. Was haben sie gesagt?«
» Sie haben mir befohlen, dich zurückzuholen.« Er zuckte mit einer raschen, zornigen Bewegung die Achseln.
Natürlich hatten sie das getan. Sie rieben sich wahrscheinlich schadenfroh die Hände und übten schon einmal ihr » Ich habe es dir ja gleich gesagt«. Ich zog die Knie an die Brust und versuchte, die Erschöpfung aus meiner Stimme herauszuhalten: » Heute Nacht?«
Er ging zu meinem Schreibtisch weiter, hob die Druse auf, die ich als Briefbeschwerer verwendete, und warf sie von einer Hand in die andere. » Ich dachte, du könntest ein bisschen Ruhe gebrauchen, also habe ich mich bereit erklärt, stattdessen bei dir zu bleiben.«
» Und da haben sie mitgespielt?«
Er grinste. Seine Zähne leuchteten so weiß wie sein Hemd. » Gerüchten zufolge kann man mir nichts abschlagen.«
Ich konnte gar nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern. » Ich hatte noch nie ein Problem damit.«
» Ausnahmen bestätigen die Regel.« Er durchquerte das Zimmer und setzte sich neben mich. » Und du bist eine ziemliche Ausnahme.«
Das Kinn auf die Knie gelegt, musterte ich ihn. Dunkle Ringe unter den Augen, eine Falte zwischen den Augenbrauen, die auf dem besten Weg war, zur Dauereinrichtung zu werden– der Abend hatte auch ihm einiges abverlangt. » Du bist erschöpft. Du kannst nicht die ganze Nacht wach bleiben, nur um auf mich aufzupassen.«
» Ich bin mir nicht sicher, ob ich schlafen kann. Ich sehe immer wieder vor mir, wie Anton dich gepackt hält, als würde ein Film in meinem Kopf ablaufen. Ich kann es nicht abstellen. Tut es weh?«
» Ein bisschen«, sagte ich und erinnerte mich daran, wie Antons Finger sich in meine Kehle gedrückt und mir die Luft abgeschnitten hatten. Ich atmete tief ein, einfach, weil ich es konnte.
Vorsichtig strich Luc mir die Haare beiseite und legte meinen Hals frei. Sein Tonfall war hart, seine Berührung dagegen behutsam und vorsichtig. » Der Dreckskerl hat Spuren hinterlassen.«
» Ich weiß.« Ich hatte schon versucht, darüber nachzudenken, wie ich sie verdecken könnte. Make-up würde die purpurnen Striemen nicht übertünchen. Ein Halstuch wäre besser gewesen, hätte aber gegen die Kleiderordnung verstoßen. Seit der fünften Klasse besaß ich keinen Rollkragenpullover mehr, und ganz gleich, wie ich die Spuren auch verbarg, sie würden immer noch da sein. Ich würde sie weiterhin spüren und mich erinnern.
Ich richtete mich auf und drückte mir die Handballen gegen die Augen, konnte aber nicht verhindern, dass mir der Atem
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