Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
Boden und hoffte, dass mein Gesicht mich nicht verriet. Colin fand sich zwar wohl oder übel damit ab, dass ich Lucs Schutz brauchte, wenn ich mit den Bögen zu tun hatte, aber ich wollte nicht, dass er erfuhr, dass Luc mich auch vor meinen Mafiaproblemen gerettet hatte.
» Du weißt, dass ich recht habe«, sagte er.
» Und ich weiß, dass es in deinem nächsten Satz darum gehen wird, dass ich die Stadt verlassen soll. Spar dir die Mühe.« Ich knallte den Becher hin. » Ich muss zur Schule.«
Er hielt meine Hand fest. » He, ich bin nicht der Böse, Mo.«
» Ich weiß. Das Problem ist, dass du viel zu gut bist.« Ich lehnte mich gegen seine Brust, lauschte seinem klaren, stetigen Herzschlag und versuchte mir einzureden, dass wir einen Ausweg finden konnten.
Aschermittwoch bezeichnet den Beginn der Fastenzeit, und am nächsten Tag begann unser gemeinnütziges Fastenprojekt. Wir standen noch eine Messe für die ganze Schule durch und verbrachten die zweite Tageshälfte auf einem Wandertag zu unseren ehrenamtlichen Einsatzorten. Wir wurden in Gruppen aufgeteilt, in Busse verladen und mit der üblichen Ermahnung losgeschickt, dass wir Botschafterinnen unserer Schule und unseres Glaubens wären, so dass wir uns lieber gut benehmen sollten, wenn wir es nicht mit Schwester Donna zu tun bekommen wollten.
Lenas Prophezeiung erwies sich unglücklicherweise als zutreffend. Jill McAllister war in unserer Gruppe, Constance ebenfalls, und unsere Begleitperson war niemand anders als die mit einem Klemmbrett und einem finsteren Gesichtsausdruck bewaffnete Niobe. Unser Einsatzort war eine katholische Kirche ein paar Viertel östlich von der Schule. Pflichtergeben stapften wir vom Bus in den Keller, wo die Küche und der Speisesaal lagen. Niobe begann die Aufgaben zu verteilen, und ich hatte zum ersten Mal seit langer Zeit eine Verschnaufpause. Lena und ich würden im Speisesaal Essen ausgeben, während Constance der Küche zugeteilt wurde, um Bratensauce und Instantkartoffelp üree a nzurühren. Jill sollte sich um den Abwasch kümmern.
» Ich verstehe nicht, warum ich hinter den Kulissen bleiben muss«, beklagte sie sich. » Ich kann gut mit Menschen umgehen. Hier gibt es andere, die Erfahrungen mit solchen Hilfsarbeiten haben. Warum sollen sie ihre Fähigkeiten nicht zum Einsatz bringen dürfen? Ich könnte viel mehr Gutes tun, wenn ich Spenden sammeln würde, gerade wenn man bedenkt, welche Verbindungen mein Vater hat!«
» Es ist gut, den eigenen Horizont zu erweitern«, sagte Niobe und ging ohne ein weiteres Wort.
Jill trug neuen Lipgloss auf und ignorierte den Tellerstapel in der Spüle. » Da wir schon vom Horizont sprechen, Mo– hast du etwas von der NYU gehört?«
» Bald.«
Sie nickte in geheucheltem Mitgefühl. » Das Warten muss wirklich schwer sein. Mein Gott, ich bin ja so froh, dass ich beim vorgezogenen Verfahren mitgemacht habe. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie gestresst du jetzt sein musst, besonders, weil du doch das Vorstellungsgespräch vermasselt hast!«
» Ich komme schon zurecht«, erwiderte ich und widerstand dem Drang, ihr Bratensauce über den Kopf zu gießen.
» Komm«, sagte Lena und zog mich am Arm. » Sie warten auf uns.«
Ich schleppte die Sauce in den Speisesaal, wo die heutige Mahlzeit wie in einer Cafeteria auf einem langen Tisch aufgebaut war.
» Das wäre Essensverschwendung gewesen«, sagte Lena und klopfte mit der Kelle gegen den Saucenbehälter.
» Aber befriedigend.«
» Das stimmt. Ich glaube, der Wunsch, Jill zu ärgern, ist mit ein Grund, dass ich möchte, dass du an der NYU angenommen wirst.« Wir begannen Kartoffelbrei und Putenscheiben auszuteilen.
» Ja, klar, aber mach dir keine allzu großen Hoffnungen.«
Sie sah mich scharf an. » Glaubst du wirklich, dass du hierbleiben musst?«
» Es müssen viele günstige Umstände zusammenkommen, damit ich dort angenommen werde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich so viel Glück habe.«
» Aber wenn alles gut geht, wenn du es schaffst… dann gehst du nach New York, oder?«
Ich zuckte die Achseln und sah zu, wie Niobe die Runde durch den Raum machte und alle– Obdachlose wie Schülerinnen und Unterkunftsleiter– mit derselben Miene ohne jedes Lächeln begrüßte.
» Bäh.« Lena klatschte noch einen Löffel Kartoffelbrei auf einen Teller und deutete auf Niobe. » Warum konnten wir nicht Miss Corelli bekommen?«
» Weil das Universum nicht so gütig ist.« Ich beugte mich vor und legte einem kleinen Mädchen eine
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