Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
letzte Ort, an dem Verity gelebt hatte, und wenn sie ihm auch nicht ihren Stempel aufgedrückt hatte, weil sie nur einen einzigen Sommer hier verbracht hatte, so hatte Evangeline es gewiss getan: Alles hier war von kultiviertem Luxus geprägt. Der Rasen war üppig grün und perfekt gemäht, die Muscheln auf den Wegen glatt geharkt. Ein Spiegelteich lag an einem Ende der Rasenfläche, ein Springbrunnen am anderen. Die Büsche entlang des Zauns waren von cremefarbenen, intensiv duftenden Gardenienblüten übersät.
Der Druck von Lucs Hand auf meinem Rücken nahm ein winziges bisschen zu. » Geh vor«, sagte er zu mir. » Öffne das Tor.«
» Ist es nicht verschlossen?«
» Es ist mit einem Zauber belegt. Aber du bist ein Mitglied des Hauses, also wird es dich einlassen. Da wir aneinander gebunden sind, bin ich dein Begleiter.«
» Was ist mit den Quartoren?«
» Sie kommen nur auf besondere Einladung herein, weil es um die Nachfolge geht. Warte einen Moment.«
Rasch öffnete er ein Fach im Dazwischen, zog den stoffumwickelten Dolch daraus hervor und bot ihn mir mit dem Griff voran dar.
» Ich brauche eine Waffe?«
» Das bezweifle ich, aber ich werde nicht in der Lage sein, irgendeinen Zauber zu wirken, sobald wir drinnen sind, und mir behagt der Gedanke nicht, keine Waffe zur Hand zu haben.«
» Dann trag du sie.«
» Bewaffnet ein fremdes Haus betreten? Dann würde ich nicht auf eigenen Beinen wieder hinausgehen. Du hältst ihn fest, ich halte dich fest, dann läuft alles wie geschmiert.«
Meiner Erfahrung nach waren diese Worte Vorboten einer Katastrophe. Jedes Mal. Dennoch nahm ich die Klinge von ihm entgegen und löste den Stoff genug, um die Symbole zu betrachten, die in den silbernen Griff eingraviert waren. Die Waffe war nicht groß, aber schwer. Ich hatte gesehen, wie scharf sie war, als ich sie gegen Anton eingesetzt hatte.
Sehr vorsichtig wickelte ich die Klinge wieder ein und hielt sie von meinem Körper abgewandt. » Was jetzt?«
» Öffne das Tor.«
Ich streckte die Hand aus, zuckte zurück und versuchte es dann noch einmal. Auf den leisesten Druck meiner Finger gegen das Eisen schien die Magie zu erbeben und sich geradezu überschwänglich zu entfalten, und das Tor flog so schwungvoll auf, dass es gegen den Zaun prallte und wieder zuzufallen drohte.
Luc fing es mit einem wohlplatzierten Fuß auf. » Es hätte nichts geschadet, einen Gang tiefer zu schalten.«
Ich sah ihn finster an und trat durch das Tor. Ein paar Schritte entfernt umfloss ein plätschernder Bach das Haus und die Gärten. Das Wasser war sogar im Mondschein kristallklar.
» Sie haben einen Burggraben«, sagte ich.
Er hockte sich hin und hielt eine Hand über das Wasser. Es wallte sofort auf: Blaue Energie kreiste am äußersten Rand, und Luc zuckte zurück und schüttelte seine Finger, als ob sie brannten. » Na, wie schön«, sagte er ätzend.
» Ihr habt keinen Burggraben.« Ich verbarg ein Lächeln.
» Wir brauchen auch keinen. Zu angeberisch.«
» Absolut. Ihr gebt ja auch nie an. Aber es muss einen Weg geben, ihn zu umgehen.« Ich hockte mich hin und erwartete, dass der Graben auf mich genauso reagieren würde wie auf Luc. Aber meine Hand glitt mühelos ins kühle Wasser, und ich ließ es zwischen meinen Fingern hindurchströmen. Die Magie war ganz entspannt. » Es fühlt sich gut an.«
Er kniete sich neben mich und streckte die Hand aus. Wieder wallte das Wasser auf. Er verschränkte die Finger mit meinen, und es beruhigte sich.
» Es lässt sich nur von mir berühren, wenn ich zugleich dich berühre«, sagte er. » Zieh die Schuhe aus.«
» Ernsthaft?«
» Es ist zu breit, als dass wir darüber springen könnten, also können wir die Schuhe ausziehen und hindurchwaten, oder du kannst ein sehr hübsches Paar Stiefel ruinieren.« Er zog sich die eigenen Schuhe aus augenscheinlich teurem schwarzem Leder aus und steckte sie sich unter einen Arm, bevor er mir den Ellbogen darbot. » Es ist das Beste, nicht zu spät zu kommen. Das würde einem nicht gerade das Wohlwollen der anderen einbringen, verstehst du?«
Ich zog die Stiefel aus, schob den Dolch hinein und legte Luc eine Hand auf den Arm. Im Augenblick hatte ich alles Wohlwollen nötig, das ich bekommen konnte.
Das Wasser war erfrischend kalt, und meine Fußsohlen kribbelten, als die Magie auf die Linie reagierte, die sich durch den Bach schlängelte. Drei Schritte später waren wir auf der anderen Seite und zogen uns die Schuhe wieder an.
» Willst du
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