Der Weg ins Glueck
übrig.«
Mit Leidensmiene zog Cousine Sophia ihr Taschentuch hervor, um zu demonstrieren, in welch arger Bedrängnis die Welt stecke.
Für Susan bedeutete Cousine Sophia die Rettung. Schlagartig kam sie wieder zu Verstand.
»Sophia Crawford, halt den Mund!«, rief sie streng. »Du bist zwar dumm, aber deswegen brauchst du noch lange nicht so ehrfurchtslos daherzureden. Man hat doch wohl allen Grund zum Jammern, wenn der Allmächtige der Einzige ist, auf den sich die Alliierten noch stützen können. Kitcheners Tod ist ein großer Verlust, ohne Zweifel. Aber es hängt nicht vom Leben eines einzigen Mannes ab, wie der Krieg ausgeht, und jetzt, wo die Russen wieder zum Zuge kommen, werdet ihr sehen, dass sich bald alles zum Besseren wendet.«
Susan sagte das mit solchem Nachdruck, dass sie selbst daran glaubte, und sofort erhellte sich ihre Miene. Cousine Sophia schüttelte den Kopf.
»Alberts Frau will ihr Baby Brusiloff nennen«, sagte sie. »Aber ich habe ihr geraten, lieber abzuwarten und zu sehen, was aus diesem Brusiloff wird. Diese Russen bleiben doch nie lange bei der Stange.«
Dabei machen sich die Russen ganz großartig und sie haben Italien gerettet. Aber selbst wenn in den täglichen Nachrichten von einem weiteren Vorstoß der Russen die Rede ist, steht uns nicht der Sinn danach, die Flagge zu hissen, so wie wir es früher taten. Wie Gertrude sagt: Verdun hat bei uns jedes Triumphgefühl ausgerottet. Wir könnten uns viel mehr darüber freuen, wenn die Siege an der Westfront lägen. »Wann schlagen denn endlich die Briten los?«, fragte Gertrude heute Morgen und seufzte. »So lange warten wir schon - so lange.«
Das größte hiesige Ereignis in den letzten Wochen war der Marsch des Bezirksbataillons, bevor es nach Übersee ging. Sie marschierten von Charlottetown nach Lowbridge, dann rund um Harbour Head und durch Upper Gien, bis hinunter zum Bahnhof St. Mary. Alle Leute kamen heraus, um sie zu sehen, außer der alten Tante Fannie Clow, die bettlägerig ist, und außer Mr Pryor, der sich seit der Andacht letzte Woche nicht mehr vor der Tür hat blicken lassen, auch nicht in der Kirche.
Es war aufregend und traurig zugleich, das Bataillon vorbeimarschieren zu sehen. Junge Männer und Männer mittleren Alters waren dabei. Ich sah Laurie MacAllister aus Overharbour, der erst sechzehn ist, aber sich für achtzehn ausgegeben hat, damit er dabei sein kann; und Angus Mackenzie aus Upper Gien, der mindestens funfundfünzig ist, aber steif und fest behauptete, er wäre vierundvierzig. Zwei südafrikanische Veteranen aus Lowbridge waren dabei und die achtzehnjährigen Baxter-Drillinge aus Harbour Head. Alle spendeten Beifall, als sie vorübergingen, und auch, als Foster Booth mit seinen vierzig Jahren neben seinem zwanzigjährigen Sohn Charley einherschritt. Charleys Mutter starb bei seiner Geburt, und als Charley sich zum Kriegsdienst meldete, da sagte Foster, er würde Charley niemals irgendwohin gehen lassen, wo er sich selbst nicht hintrauen würde. Allerdings hatte er dabei nicht unbedingt gleich an die Schützengräben von Flandern gedacht. Am Bahnhof wäre Monday fast durchgedreht. Er rannte wild hin und her, um allen einen Gruß an Jem auszurichten. Mr Meredith hielt eine Ansprache und Reta Crawford trug den Pfeifer vor. Die Soldaten klatschten wild und riefen: »Wir folgen ihm, wir folgen ihm, wir werden unser Wort nicht brechen«, und ich war so stolz bei dem Gedanken, dass mein geliebter Bruder dieses wunderbare, rührende Gedicht geschrieben hat. Und wie die Soldaten so in Reih und Glied dastanden, konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass diese großen Jungen in Uniform wirklich dieselben waren, mit denen ich früher so fröhlich gespielt und herumgealbert habe. Es ist, als ob irgendetwas sie berührt und umgestimmt hätte. Sie haben den Ruf des Pfeifers gehört.
Fred Arnold war auch bei dem Bataillon. Es war schlimm für mich, ihn zu sehen, denn ich wusste, dass er wegen mir mit so einem traurigen Gesicht fortging. Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen.
Am letzten Abend seines Urlaubs kam Fred nach Ingleside. Er sagte mir, dass er mich liebe, und bat mich ihm zu versprechen, dass ich ihn eines Tages heirate, falls er je zurückkäme. Es war ihm völlig ernst und ich fühlte mich so unglücklich wie noch nie. Ich konnte ihm das doch nicht versprechen, selbst wenn es nicht um Ken ginge, Fred bedeutet mir einfach nicht so viel. Aber es kam mir so gemein und herzlos vor, ihn so ganz ohne
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