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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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Regenbogental und hatte plötzlich eine sonderbare Vision oder Vorahnung, wie immer man es nennen mag. Rilla, ich sah den Pfeifer das Tal herunterkommen, mit einem schattenhaften Heer hinter sich. Die anderen dachten, ich bilde mir das nur ein, aber ich habe ihn wirklich für einen kurzen Augenblick gesehen. Und letzte Nacht, Rilla, da habe ich ihn wieder gesehen. Ich hatte Wachdienst und da sah ich ihn übers Niemandsland von unseren Schützengräben aus zu den deutschen Schützengräben hinübermarschieren. Es war dieselbe schattenhafte Gestalt, und sie spielte ganz eigenartig auf ihrer Flöte - gefolgt von lauter jungen Männern in Uniform. Rilla, ich sage dir, ich habe ihn gesehen, es war keine Einbildung, keine Illusion. Ich habe seine Musik gehört, und dann - dann war er fort. Aber ich hatte ihn wirklich gesehen, und ich wusste, was das bedeutet. Ich wusste, ich war unter denen, die ihm folgten.
    Rilla, morgen wird mich der Pfeifer mit seiner Flöte westwärts locken. Ich bin ganz sicher. Und, Rilla, ich habe keine Angst. Wenn du die Nachricht bekommst, dann denke daran.
    Ich habe meine Freiheit hier gefunden, ich bin frei von jeglicher Angst. Nie mehr werde ich mich vor etwas fürchten, nicht vor dem Tod und nicht vor dem Leben, falls ich nach alledem weiterleben sollte. Das Leben aber, glaube ich, wäre das Schlimmere von beiden, denn es könnte für mich nie wieder schön sein. Immer wieder müsste ich an schreckliche Dinge zurückdenken, Dinge, die für mich das Leben hässlich und schmerzlich machen würden. Nie könnte ich die vergessen. Aber egal, ob nun Leben oder Tod vor mir liegt, ich habe keine Angst, Rilla-meine-Rilla, und es tut mir nicht Leid, dass ich hierher gekommen bin. Ich bin sogar froh. Zwar werde ich niemals die Gedichte schreiben, von denen ich einmal geträumt habe - aber ich habe für die Sicherheit Kanadas mitgekämpft:, für die Dichter der Zukunft, für die Arbeiter der Zukunft -, ja, und auch für die Träumer, denn Träume sind nötig, um der Arbeit einen Sinn zu geben. Ich meine nicht nur die Zukunft Kanadas, sondern der ganzen Welt. Wenn der »rote Regem von Langemarck und Verdun einen goldenen Herbst hervorgebracht hat. Nicht in einem oder zwei Jahren, wie manche sich einreden wollen, sondern eine Generation später, wenn die Saat, die jetzt gesät wird, Zeit gehabt hat zu keimen und zu wachsen. Ja, ich bin froh, dass ich hergekommen bin, Rilla. Nicht nur das Schicksal meiner geliebten Insel steht auf dem Spiel - nicht nur das von Kanada - und nicht nur das von England. Sondern das Schicksal der Menschheit. Das ist es, wofür wir kämpfen. Und wir werden gewinnen, daran darfst du keinen Augenblick zweifeln, Rilla. Denn es sind nicht nur die Lebenden, die kämpfen, sondern auch die Toten. Eine solche Armee kann nicht besiegt werden.
    Ist in deinem Gesicht noch ein Lächeln zu sehen, Rilla? Ich hoffe es. Die Welt wird Zuversicht und Mut in den nächsten Jahren mehr brauchen denn je. Ich will keine Predigt halten -das ist nicht die richtige Zeit dafür. Ich möchte dir nur etwas sagen, was dir über das Schlimmste hinweghelfen soll, wenn du erfährst, dass ich »westwärts« gegangen bin. Ich habe nicht nur für mich eine Vorahnung, Rilla, sondern auch für dich. Ich glaube, dass Ken zu dir zurückkehren wird und dass dir viele glückliche Jahre mit ihm bevorstehen. Und dann wirst du deinen Kindern von der Idee erzählen, für die wir gekämpft haben und für die wir gestorben sind - und ihnen klarmachen, dass es genauso wichtig ist, zu leben wie zu sterben, weil sonst der Preis, der dafür bezahlt worden ist, umsonst gewesen wäre. Das wird zu deiner Aufgabe zählen, Rilla. Und wenn du das tust - du und alle anderen Mädchen aus meiner Heimat -, dann werden wir, die wir nicht zurückkehren, wissen, dass ihr euer Versprechen an uns gehalten habt.
    Ich habe daran gedacht, heute Abend auch an Una zu schreiben, aber die Zeit wird nicht mehr reichen. Lies ihr diesen Brief vor und sag ihr, er ist für euch beide gedacht. Ihr seid beide so gute, treue Menschen. Morgen, wenn wir den Hügel überqueren, werde ich an euch beide denken - an dein Lachen, Rilla-meine-Rilla, und an Unas standhafte blaue Augen. Auch ihre Augen sehe ich heute Abend ganz deutlich vor mir. Ja, ihr werdet beide euer Versprechen halten - das weiß ich genau -, du und Una. Nun denn, gute Nacht. Im Morgengrauen überqueren wir den Hügel.«
    Rilla las ihren Brief wieder und wieder. Als sie schließlich aufstand,

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