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Der Weg ins Glueck

Titel: Der Weg ins Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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gefahren, kurz bevor der Sturm losbrach, und war bis jetzt nicht wieder zurück. Zuerst machten wir uns auch keine so großen Sorgen. Jims hatte schon mehrere Anfälle von Krupp gehabt und Susan, Morgan und ich haben ihn jedes Mal ohne große Schwierigkeiten wieder auf die Beine gebracht. Aber diesmal bekamen wir es mit der Angst zu tun.
    »So schlimm war der Krupp bis jetzt noch nie«, sagte Susan. Mir ging erst viel zu spät ein Licht auf, was für eine Art Krupp das war. Ich wusste plötzlich, es war nicht der gewöhnliche Krupp - »Pseudokrupp«, wie die Ärzte es nennen -, sondern der »richtige« Krupp, und ich wusste, dass er lebensgefährlich war. Und Vater war weg. Der nächste Arzt saß in Lowbridge, und wir konnten doch nicht telefonieren, und durch die hohen Schneewehen wäre niemand, auch kein Pferd, hindurchgekommen.
    Der tapfere kleine Jims musste ganz schön um sein Leben kämpfen. Susan und ich probierten jedes erdenkliche Heilmittel aus oder was wir eben in Vaters Büchern fanden, aber es wurde immer noch schlimmer mit ihm. Sein Anblick und sein Husten waren wirklich herzzerreißend. Er rang so entsetzlich nach Luft, der arme Kleine, und sein Gesicht lief erschreckend bläulich an. Er hatte ein ganz verzerrtes Gesicht und schlug mit seinen kleinen Händen um sich, als ob er uns anflehen wollte, ihm irgendwie zu helfen. Ich musste daran denken, dass die jungen Männer, die an der Front vergast worden sind, so ausgesehen haben müssen, und diese Vorstellung verfolgte mich noch zusätzlich zu meiner Angst um Jims. Und dabei wurde die verhängnisvolle Membran in seiner kleinen Kehle immer dicker und schnürte ihm die Luft ab.
    Ich wusste einfach nicht mehr, was ich machen sollte. Erst jetzt wurde mir richtig klar, wie viel mir der liebe kleine Jims bedeutet. Und ich fühlte mich absolut hilflos. Es war, als müssten wir ohne Waffen gegen einen unbarmherzigen Feind ankämpfen.
    Susan gab schließlich auf. »Wir können ihn nicht retten«, sagte sie. »Ach, wenn doch bloß dein Vater hier wäre! Sieh ihn dir nur an, den armen kleinen Kerl! Ich weiß nicht mehr, was wir tun sollen.«
    Ich schaute Jims an und dachte, er stirbt jeden Moment. Susan setzte ihn in seinem Kinderbett auf und stützte ihn, damit er besser atmen konnte, aber es sah so aus, als ob er überhaupt keine Luft mehr bekam. Mein armes kleines Kriegsbaby! So ein lieber Kerl mit so einem süßen schelmischen Gesicht! Und jetzt musste er vor meinen Augen ersticken, ohne dass ich ihm helfen konnte. Verzweifelt warf ich den heißen Umschlag, den ich bereitgehalten hatte, zu Boden. Was sollte er noch nützen?Jims musste sterben - und es war meine Schuld! Ich hatte mich nicht genug um ihn gekümmert!
    In diesem Augenblick - es war elf Uhr abends - klingelte es an der Tür. Es klingelte richtig Sturm und übertönte noch den Sturm draußen vor der Tür. Susan konnte nicht aufmachen, sie wagte nichtjims hinzulegen. Also rannte ich hinunter. Unten im Flur hielt ich inne, weil mir plötzlich eine schreckliche Idee kam. Eine unheimliche Geschichte fiel mir ein, die Gertrude mal erzählt hat. Ihre Tante war eines Nachts mit ihrem kranken Mann allein im Haus. Da hörte sie es an der Tür klopfen. Und als sie hinging und öffnete, da war nichts, zumindest konnte man nichts sehen. Aber es blies ein eiskalter Wind zur Tür herein und schien an ihr vorbeizufegen, die Treppe hinauf, obwohl es eine ruhige, warme Sommernacht war. Sie hörte einen Schrei, lief die Treppe hinauf, und da war ihr Mann tot. Später dachte sie, so erzählte es Gertrude, dass sie den Tod hereingelassen habe, als sie die Tür öffnete. Eigentlich war es dumm von mir, solche Angst zu haben. Aber ich war so aufgewühlt und ausgelaugt. Ich traute mich einfach nicht, die Tür aufzumachen, aus Angst, der Tod warte da draußen. Doch dann fiel mir ein, dass ich keine Zeit verlieren und mich einfach nicht so anstellen durfte. Ich sprang also zur Tür und machte sie auf.
    Natürlich blies ein kalter Wind herein und wirbelte Schnee in den Flur. Aber auf der Schwelle stand ein leibhaftiges Lebewesen: Mary Vance, von Kopf bis Fuß voller Schnee. Sie brachte das Leben mit sich und nicht den Tod! Aber das wusste ich in dem Moment noch nicht. Ich starrte sie einfach nur an.
    »Ich bin kein Phantom«, sagte Mary und grinste, als sie eintrat und die Tür hinter sich zumachte. »Vor zwei Tagen bin ich zu Carter Flaggs Laden gegangen und dann hat mir der Sturm den Rückweg abgeschnitten. Deshalb musste

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