Der Weg nach Kaarborg: Ragnor Band 2 (German Edition)
schwaches rosa Licht.
Als im Morgengrauen der Hahn auf dem Misthaufen hinter der Herberge krähte und Ragnor wieder erwachte, war Nena bereits aufgestanden.
Nach einer hastigen Wäsche betrat er die Gaststube wo Nena bereits dabei war, den Tisch für das Frühstück zu decken. Sie begrüßte ihn freundlich und bedeutete ihm, sich zu setzten. Dann eilte sie hinaus und holte ihm ein Glas Milch, eine große eiserne Pfanne mit Eiern und Speck und einige Scheiben kräftiges Graubrot und meinte dabei ein wenig schnippisch lächelnd, als sie das Essen auf den Tisch gestellt hatte: "Nun stärke dich tüchtig, damit du bei deinem langen Ritt heute nicht vor Schwäche vom Pferd fällst und jeder dann sagt, ich wäre schuld daran!""Du hast recht, ich habe mächtigen Hunger"; antwortete Ragnor, jungenhaft grinsend und griff kräftig zu. Während er aß und Nena damit beschäftigt war, das Frühstück für die anderen herzurichten, kamen nach und nach seine Reisegefährten herunter. Mirana, die heute mal ausnahmsweise von Menno versorgt worden war, begrüßte ihn fröhlich, gab ihm einen dicken Kuss und griff dann ebenfalls tüchtig zu. Ragnor, der etwas früher fertig war als seine Gefährten, ging gleich hinauf in sein unbenutztes Zimmer, um seine Sachen zu packen und nach einem Geschenk für Nena zu suchen, denn er wollte nicht so einfach nur abreisen.
Er mochte das Mädchen, und er wollte ihr irgendwie für die wunderschöne Nacht danken.
Er fand unter den Dingen, die ihm Hauptmann Kufur als kleinen Beuteanteil geschenkt hatte, ein schönes Armband aus gehämmertem Silber, das Nena sicher sehr gut stehen würde. Er schob es zufrieden in die rechte Tasche seiner Leinenhose und packte seine Sachen fertig. Nachdem er sich wie gewohnt gerüstet hatte, trug er sein Bündel nach draußen und verstaute es in einem der Wagen. Als er die Treppe hinunter gegangen war, um seine Sachen nach draußen zu bringen, hatte er bemerkt, dass seine Reisegefährten ebenfalls bereits mit dem Frühstück fertig waren und offenbar auch auf ihre Zimmer gegangen waren, um ihre Sachen zu packen und sich für die Abreise fertig zu machen. Diesen kleinen Zeitvorsprung wollte er nutzen, um noch einmal in die Herberge zurückzugehen und sich anständig von Nena zu verabschieden.
Als er die Gaststube betrat, war sie gerade dabei den Tisch abzuräumen. Er trat von hinten an sie heran, nahm sie zärtlich an beiden Schultern, drehte sie zu sich herum, küsste sie liebevoll und sagte mit echtem Bedauern in der Stimme: "Wir brechen leider gleich auf, aber ich wollte nicht abreisen, ohne mich von dir zu verabschieden und dir für deine Wärme und Liebe zu danken."Etwas überrascht sah sie ihm in die Augen, erkannte die Ehrlichkeit seiner Worte und meinte dann sichtlich gerührt: "Du musst mir nicht danken, du warst sehr lieb zu mir, und es war sehr schön. Ich habe dir mindestens genauso zu danken, wie du mir."Glücklich über ihre freundliche Antwort zog er das Armband aus der Tasche, reichte es ihr ein wenig linkisch und sagte lächelnd: "Ich möchte dir dieses Armband gerne als Erinnerung an unsere gemeinsame Nacht schenken. Wer weiß, wann ich wieder einmal in diese Gegend komme, und ich möchte, dass du gerne an mich denkst, wenn du dich erinnerst."Nena war verblüfft über die großzügige Geste und starrte wie gebannt auf das wertvolle Schmuckstück. Sie war innerlich sehr stark berührt, denn sie hatte gar nicht erwartet, so ritterlich behandelt zu werden. Sie hatte Ragnor, eher aus einer spontanen Gefühlsregung heraus, diese Nacht geschenkt, weil seine offene, freundliche Art sie irgendwie bezaubert hatte.
Es war eigentlich gar nicht ihre Art, mit Reisenden anzubandeln, denn die meisten behandelten die Mädchen am nächsten Morgen so, als ob sie gar nicht da wären. Das hatte sie bei ihren Kolleginnen in der Schenke, die mit ihren Angeboten in Regel recht großzügig waren, nur zu oft erlebt. Es machte sie irgendwie glücklich, dass sie sich in dem jungen Mann nicht geirrt hatte, als sie ihn als ehrlich eingestuft hatte. Sie betrachtete das Armband noch einmal eingehend und erkannte erst jetzt erstaunt seinen tatsächlichen Wert, obwohl sie nur über wenig Erfahrung mit Schmuck verfügte. Es war sicherlich mehr wert, als sie in einem ganzen Jahr hier im Gasthaus verdienen konnte. Schließlich streckte sie doch, wenn auch zögerlich, ihre Hand aus, nahm das kostbare Stück entgegen und legte es sich an. Es war wirklich eine wunderschöne
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