Der Weg Nach Tanelorn
Falkenmond auch nicht lange in Bazhel, sondern ritten weiter nach Munchein, wo der alte Prinz sie mit Geschenken schier überschüttete und sie anflehte, ein wenig länger zu bleiben und ihm von ihren Abenteuern zu erzählen. Abgesehen von ihrer Warnung vor der Vagabundenarmee und einem Bericht der Gräuel, die von den Bulgarbergen ausgingen (den der Prinz mit Skepsis aufnahm), erwähnten sie nichts von ihren Absichten. Jedenfalls trennten sie sich nur ungern von ihm. Mit besseren Waffen als ihren alten und auch besserer Kleidung zogen sie weiter. Falkenmond hatte allerdings seinen schweren Lederumhang behalten, denn der nahende Winter machte sich immer bemerkbarer.
Als Dorian Falkenmond und Katinka van Bak in Linz ankamen, das jetzt eine Republik war, sanken bereits die ersten Schneeflocken auf die Straßen der kleinen hölzernen Stadt herab, die statt der alten, völlig von den Armeen Granbretaniens vernichteten aufgebaut worden war.
»Wir müssen unbedingt schneller vorankommen«, mahnte Katinka van Bak, während sie in der Wirtsstube eines sauberen Gasthauses nahe des Hauptplatzes ein Mahl zu sich nahmen. »Sonst kommen wir nicht mehr über die Pässe, und unsere ganze Reise war umsonst.«
»Ich weiß nicht, ob sie nicht ohnehin umsonst war«, murmelte Falkenmond und nippte genussvoll an seinem dampfenden Glühwein. Er erinnerte nun in nichts mehr an jene Kreatur, die er auf Burg Brass geworden war, und sah nun wieder so aus wie vor dieser Zeit, so dass alle seine alten Freunde ihn sofort erkannt hätten. Sein Gesicht war stark und fest. Die Muskeln zeichneten sich unter seinem Seidenhemd ab. Seine Augen glänzten nicht weniger als sein langes helles Haar.
»Ihr meint, Ihr zweifelt jetzt daran, dass Ihr Yisselda finden werdet?«
»Das auch. Aber ich frage mich, ob diese Vagabundenarmee wirklich so stark ist, wie Ihr glaubt. Vielleicht war es reines Glück und purer Zufall, dass sie Eure Truppen so schnell und vollkommen niedermachen konnten.«
»Wie kommt Ihr plötzlich darauf?«
»Weil wir überhaupt nichts davon gehört haben, nicht einmal einen Hauch von Gerüchten, dass eine solche Armee von den Bulgarbergen aus operiert.«
»Ich habe sie gesehen«, erinnerte ihn Katinka van Bak. »Sie ist gewaltig! Das müsst Ihr mir glauben! Und sie ist mächtig – unaufhaltbar, fürchte ich, wenn sie es vorhaben sollte, die ganze Welt zu erobern. Auch das dürft Ihr mir glauben.«
Falkenmond zuckte die Schultern. »Ich glaube Euch ja, Katinka van Bak. Aber ich finde es merkwürdig, dass man nicht das Geringste über sie hört. Wenn wir von ihr berichten, findet sich nie irgendjemand, der unsere Geschichte bestätigt. Es ist also kein Wunder, dass man uns offenbar nicht sehr ernst nimmt.«
»Euer Verstand wird wieder schärfer«, lobte Katinka van Bak, »aber das bewirkt gleichzeitig, dass es Euch schwerer fällt, an das Phantastische zu glauben.« Sie lächelte ihn an. »Ist das nicht häufig der Fall?«
»Sehr oft, ja.«
»Möchtet Ihr umkehren?«
Falkenmond betrachtete den heißen Wein in seinem Glas. »Es ist ein langer Weg zurück nach Hause. Aber ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich einfach meine Pflichten vergaß, als ich mich auf dieses Abenteuer einließ.«
Ihr Lächeln wurde noch breiter. »Ihr habt diese Pflichten nicht sehr gut erfüllt, denn Ihr wart dazu gar nicht in der Lage – weder psychisch noch physisch.«
»Das stimmt«, erwiderte Falkenmond grimmig. »Diese Reise hat mir ungemein geholfen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass ich verantwortlich für die Kamarg bin, auch wenn ich das in meinem Zustand nicht beachtet hatte.«
»Es ist viel weiter zurück zur Kamarg als zu den Bulgarbergen«, gab sie zu bedenken.
»Ihr wart anfangs diejenige, die gezögert hat«, meinte Falkenmond. »Doch jetzt seid Ihr ganz offensichtlich sehr erpicht darauf, weiterzumachen.«
Sie zuckte die Schultern. »Was ich beginne, führe ich gern zu Ende. Ist das so ungewöhnlich?«
»Ich würde sagen, für Euch ist es typisch, Katinka van Bak.« Falkenmond seufzte. »Also gut, reiten wir weiter zu den Bulgarbergen, so schnell unsere Pferde uns tragen. Und dann wollen wir sofort zur Kamarg zurückeilen, wenn wir herausgefunden haben, was wir wollten. Und mit Hilfe der kamarganischen Streitmacht werden wir schon einen Weg finden, jene zu vernichten, die Euer Land verwüsteten. Wir werden uns mit Graf Brass besprechen, der ganz sicherlich bis dahin auch zurück sein wird.«
»Ein sehr
Weitere Kostenlose Bücher