Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)
hat in den Polizeicomputer geschaut, und da findet sich eine ziemliche Akte über ihn. Nichts wirklich Schlimmes. Kleine Einbruchdiebstähle, um seine jahrelange Drogenabhängigkeit zu finanzieren. Dafür war er in Texas fünf Jahre im Knast.«
»Knast? Was ist denn das für ein Jargon?«
»Nun hab dich mal nicht so! Da, wo ich herkomme, ist das ein ziemlich alltägliches Wort.«
»Entschuldigung. Bitte, fahr fort.«
»Gestern habe ich im Krankenhaus ein paar Stunden mit Jake verbracht. Er hat viel über dich gesprochen. Ich weiß nicht, ob dir das überhaupt bewusst ist, aber er betet dich an. Er sagte mir, dass er dir sein Leben verdankt. Du hast ihn damals in der Kindheit beschützt, als um euch herum alles zusammenbrach. Dann wurdet ihr voneinander getrennt. Er geriet in schlechte Gesellschaft, wurde drogenabhängig, und aus Scham mied er jeden Kontakt zu dir, solange er nicht clean war. Du bist so etwas wie ein Vater für ihn, und er war der missratene Bruder, der drogensüchtige Versager.«
Tony hörte schweigend zu. Wieder überwältigten ihn Gefühle, die er lange verdrängt hatte.
»Heute ist Jake clean. Er geht regelmäßig zu NA-Meetings, hat eine Therapie gemacht und zu Jesus gefunden. Er lebt jetzt seit fast sechs Jahren ohne Drogen. Er hat am Warner Pacific College hier in der Stadt seinen Abschluss nachgeholt und sich währenddessen mit Teilzeitjobs über Wasser gehalten. Er hat für einige gemeinnützige Organisationen gearbeitet und sogar etwas Geld zurücklegen können. Er ist jetzt bald so weit, wieder in eine eigene Wohnung zu ziehen. Als die Polizei ihn anrief, um ihm mitzuteilen, was mit dir passiert ist, war er gerade dabei, all seinen Mut zusammenzunehmen, um sich bei dir zu melden. Tony, er hat geweint. Er wollte, dass du stolz auf ihn bist. Ich glaube, das hat er sich mehr als alles andere gewünscht. Jetzt hat er das Gefühl, dass er den richtigen Moment verpasst hat, um es dir zu sagen. Aber wir werden dafür sorgen, dass du geheilt wirst, und dann kann er mit dir über all das sprechen. Es ist furchtbar wichtig für ihn, dass du ihm selbst sagst, wie viel er dir bedeutet.«
Tony rang mühsam um Fassung. »Also, Maggie, was ich wissen muss, ist: Vertraust du ihm? Glaubst du, auf Jake ist Verlass? Hat er sich wirklich zum Besseren verändert?«
Sie spürte, welches Gewicht diese Fragen für Tony hatten. Deshalb dachte sie gründlich nach, ehe sie antwortete.
»Ja, ich vertraue ihm. Tony, ich bin mir sicher, dass dein Bruder zuverlässig und anständig ist. Er arbeitet hart, und ich würde ihm Cabby und Lindsay anvertrauen, womit, was mich betrifft, alles gesagt ist.«
»Das ist alles, was ich wissen muss, Maggie, denn ich vertraue dir, und wenn du Jake vertraust, genügt mir das vollauf. Danke!«
Sie merkte seiner Stimme an, dass es zu der Geschichte zwischen ihm und Jake noch ein paar Dinge mehr zu sagen gab, aber sie drängte ihn nicht. Tony würde es ihr erzählen, wenn er bereit dafür war.
»Es ist eine Ehre, wenn andere Menschen einem vertrauen, Tony.«
»Für mich bist du einer der ersten Menschen überhaupt, dem ich vertraue. Das bedeutet mehr für mich, als ich in Worte fassen kann.«
»Vertrauen heißt immer, ein Risiko einzugehen, Tony. Keine Beziehung zu anderen Menschen ist ohne Risiko. Aber ohne Beziehungen hat unser Leben keinen Sinn. Manche sind chaotischer als andere, manche sind nur vorübergehend, manche sind schwierig, und nur wenige sind einfach, aber jede unserer Beziehungen zu anderen Menschen ist wichtig.«
Sie schob ihren Kuchen in den Ofen, kontrollierte zweimal die Temperatur und machte sich dann einen Tee.
»Übrigens, Tony, alle, also deine Leute und meine Leute, haben sich inzwischen kennengelernt.«
»Danke, Maggie. Danke, dass du das ermöglicht hast.«
»Das habe ich wirklich gerne getan, Mr. Tony.«
»Warum hast du mich gerade so genannt … Mr. Tony?«, fragte er überrascht.
»Weiß nicht. Mir war spontan danach. Warum?«
»Ich habe ein kleines Mädchen getroffen, das mich auch so nannte. Daran habe ich mich erinnert.«
»Kinder!«, lachte Maggie. »Sie finden den Zugang zu unserem Herzen, auch wenn wir uns noch so sehr abschotten.«
»Ja, das ist wahr«, sagte Tony.
Während der Kuchen im Backofen gedieh, scherzten die beiden miteinander wie ein altes Ehepaar. Ihr Gespräch war leicht und doch sinnerfüllt.
Nur Momente nachdem Maggie einen perfekt aussehenden Apfelkuchen aus dem Ofen geholt hatte, kamen Molly und Cabby nach
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