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Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Paul Young
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noch am Leben seid, verdankt ihr zum Teil der Tatsache, dass du früh eine scharfe Urteilsgabe entwickelt hast. Doch solche Werkzeuge oder Hilfsmittel werden irgendwann zu einer Beeinträchtigung und schaden dann mehr, als sie nützen.«
    »Aber ich habe es gesehen. Es ist so hässlich. Wie kann ich damit aufhören?« Er flehte beinahe.
    »Das wirst du, mein Liebling, wenn du etwas anderem mehr vertraust.«
    Die dunkle Welle hatte sich zurückgezogen, aber er wusste, dass sie nicht verschwunden war, sondern wie ein lauerndes Ungeheuer auf eine andere Gelegenheit wartete. Für den Moment war sie durch die Gegenwart dieser Frau gebändigt. Das war nicht länger ein Spiel oder unbeschwertes Abenteuer. Das war Krieg, und offenbar befand sich das Schlachtfeld in Tonys eigenem Herzen und Bewusstsein – etwas Altes und Verletztes lag im Konflikt mit etwas Neuem, das nun zum Vorschein kam.
    Großmutter gab ihm noch eine Tasse zu trinken. Diesmal schmeckte der Trank erdig und würzig. Tony spürte, wie er ihm durch die Kehle strömte und sich in seinem Körper ausbreitete, bis zu den Fingerspitzen und Zehen. Ein Kribbeln lief ihm an der Wirbelsäule hinauf und hinunter, und Großmutter lächelte zufrieden.
    »Frag nicht. Ich verrate das Rezept nicht und verkaufe es nicht.«
    Er lachte. »Haben wir nicht eigentlich über Cabby gesprochen?«
    »Später«, erwiderte sie. »Jetzt ist es Zeit für dich, zurückzugehen.«
    »Zurück? Wieder in Cabby hinein?«, fragte er, und sie nickte.
    »Musst du denn nicht, nun ja, etwas tun?«
    »Quantenfeuer?« Sie lächelte ihr breites, zahnloses Lächeln. »Das war Spielerei, bloß ein bisschen …« – sie schüttelte die Hüften – »… Showtanz! Oh nein, oh nein, ich muss überhaupt nichts. Noch etwas, Anthony: Falls du an einem schwierigen Ort landest, und du wirst merken, wenn das der Fall ist, drehe dich einfach um.«
    »Mich umdrehen?«, fragte er verwirrt.
    »Ja, umdrehen, du weißt schon …« Großmutter machte mit einem kleinen Luftsprung, wie beim Tanz, eine Vierteldrehung. »Wie bei diesem – wie nennt ihr das noch? – Line Dance, Tanzen in einer Formation?«
    »Kannst du es mir noch mal vormachen, damit ich es mir auch ja richtig einpräge?« Jetzt neckte er sie.
    Sie grinste. »Einmal muss genügen. Das wirst du von mir nicht noch mal zu sehen bekommen.«
    Sie lachten beide.
    »Jetzt aber los!« Es war fast ein Befehl.
    Und schon war er weg.

9
    KIRCHLICHER TUMULT
    »Eine Frau ist das Einzige, wovor ich mich fürchte,
das mir nicht wehtun wird.«
Abraham Lincoln
    T ony traf ein, als das Frühstück gerade beendet war. Nach den wenigen Resten auf Cabbys Teller zu urteilen, hatte er sich einen Burrito mit Huhn, Bohnen und Käse schmecken lassen. Und aus dem zufriedenen Gefühl, das sich in Cabby ausbreitete, schloss Tony, dass es sich dabei um eine seiner Lieblingsspeisen handelte.
    »Cabby, du hast noch zwanzig Minuten Zeit zum Spielen, bevor ich dich zur Schule bringe. Maggie holt dich heute ab, weil ich zu Lindsay ins Krankenhaus muss. Und Maggie nimmt dich später mit zur Kirche. Gefällt dir das?«
    »Cool.«
    »Und weißt du was? Maggie-Kumpel wird zum Abendessen Huhn machen, und du darfst für sie das Fleisch von den Knochen lösen, okay?«
    Cabby war begeistert und hielt die Hand hoch, bis seine Mutter ihm einen High five gab. Zufrieden mit der Welt trabte er in sein Zimmer und machte die Tür hinter sich zu. Er zog einen Gitarrenkoffer unter seinem Bett hervor und öffnete ihn. Eine kleine rote Spielzeuggitarre befand sich darin, und eine teuer aussehende Kompaktkamera. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass mit der Kamera alles in Ordnung war, klappte er den Koffer wieder zu und schob ihn unter das Bett zurück. Er blickte umher, entdeckte ein Lieblingsbilderbuch und blätterte darin. Er legte die Hand unter jedes der abgebildeten Tiere und nuschelte, für Tony halbwegs verständlich, deren Namen. Doch ein Tier war ihm offenbar entfallen, oder er wusste nicht, wie der Name ausgesprochen wurde. Jedenfalls saß er hilflos da und klopfte stumm unter das Bild.
    Tony konnte nicht mehr an sich halten. »Viel-fraß«, sagte er ohne langes Überlegen und erstarrte.
    Cabby erstarrte ebenfalls. Er klappte das Buch heftig zu und saß für mindestens zehn Sekunden stocksteif. Nur seine Augen bewegten sich, sein Blick huschte durchs Zimmer, suchte nach dem Ursprung der Stimme. Schließlich öffnete er das Buch langsam wieder und klopfte wiederholt unter das

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