Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
von jahrtausendalten Erkenntnissen, fallen ihre Antworten im Detail allerdings genauer aus, dank präziser Untersuchungsmethoden, die den Denkschulen in der Antike nicht zur Verfügung standen.
Die sogenannte Glücksforschung ist vor allem mit zwei Namen verbunden: Mit der Gründung des gemeinnützigen Instituts zur Glücksforschung in Vallendar schaffte Alfred Bellebaum die Voraussetzung, um die wissenschaftlichen Ergebnisse der einzelnen Disziplinen zu vernetzen. Ruut Veenhoven, Professor an der Erasmus-Universität in Rotterdam, fasst seit Jahren internationale Erhebungen in einer Glücksdatenbank (World Database of Happiness) zusammen. Umfragen in bisher 50 Ländern sollen den Einfluss gesellschaftlich-sozialer Bedingungen auf das persönliche Glücksempfinden transparenter machen.
Am einfachsten ist das Forschungsobjekt für die Neurologen. Für sie ist klar: Alles, was Menschen fühlen und denken, ist das Ergebnis komplexer Vorgänge zwischen Hormonen und Nervenzellen im Gehirn. Für die Emotionen zuständig sind »Gemütsmoleküle«: Als Glücksboten gelten vor allem Serotonin und Dopamin, zusammen mit Adrenalin und Noradrenalin sorgen sie für unsere begehrten Hochgefühle. »Viele stellen sich ihr Hirn wie fest verdrahtet vor, in Wirklichkeit ist es aber flexibel und flüssig, eher vergleichbar mit einem Kopfsalat, durchtränkt mit Soße. So wie die Soße den Geschmack, so bestimmen die Botenstoffe die Stimmung«, erklärt der Neurologe und Kabarettist Eckart von Hirschhausen in seinem erfolgreichen Kabarett-Programm »Glücksbringer« ein ausgetüfteltes System, mit dem Menschen belohnt oder bestraft werden. 39 Die Fähigkeit, glücklich zu sein, verdanken sie folglich der Chemie. Gingen Wissenschaftler lange davon aus, dass das Gehirn, ähnlich wie die Knochen, spätestens am Ende der Pubertät ausgewachsen ist, trifft nach neuestem Wissensstand genau das Gegenteil zu. Denn, erläutert der Biophysiker Stefan Klein im Bestseller »Die Glücksformel«: Immer wenn wir etwas lernen, verändern sich die Schaltkreise in unserem Gehirn, werden neue Maschen im Geflecht der Nervenzellen geknüpft. Mehr noch als Gedanken bringen Emotionen diesen Umbau in Gang. Das heißt: »Mit den richtigen Übungen kann man seine Glücksfähigkeit steigern. Wir können unsere natürliche Anlage für die guten Gefühle trainieren.« 40
Auch der Harvard-Psychologie-Professor Daniel Gilbert beschäftigt sich in seinem Buch »Ins Glück stolpern. Über die Unvorhersehbarkeit dessen, was wir am meisten wünschen« mit der Hirnforschung. Wie bereits der Titel besagt, kommt er jedoch zur gegenteiligen Aussage, die er mit psychologischen Experimenten untermauert. Planbar sei Glück nicht. Die eigenmächtige Steuerung unseres Lebenskurses werde vereitelt, weil wir in die Fallen unserer Wirklichkeitsverzerrung tappen. Wir fälschen und filtern Fakten: Wir glauben weniger, was wir sehen, sondern sehen vielmehr, was wir glauben. Wir frisieren Erinnerungen und lassen uns infolge unserer subjektiven Wahrnehmung von fehlerhaften Zukunftserwartungen leiten. Vereinfacht ausgedrückt: Fortuna führt Regie, da felicitas ein aussichtsloses Unterfangen ist.
Dass wir auf die Welt nicht reagieren, wie sie ist, sondern auf die mentalen Bilder, die wir von ihr selektiv gespeichert haben, setzt die Neurolinguistische Programmierung ( NLP ) um in therapeutische Techniken. Umstritten, gleichwohl international etabliert, geht NLP davon aus, dass Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen auf gewohnheitsmäßiger Programmierung beruhen. Zugunsten einer positiveren Lebenseinstellung könne man behindernde Verhaltensmuster aber umpolen und hilfreiche trainieren.
Gute Gefühle sind kein Schicksal. Man kann sich darum bemühen. Der Kerngedanke der antiken Glücksphilosophie hat auch in der heutigen Glücksforschung Bestand. Was Menschen glücklich macht, und wie das häufig verschwommene Ziel klarer fixiert und zielstrebiger erreicht werden kann, ist das Thema zahlreicher Ratgeber in Rekordauflagen. Betuliche Lebenshilfebändchen mit Titeln wie »Ich freue mich auf jeden Tag. 365 Ideen für das kleine Glück« reihen sich ein in die Flut von Büchern, in denen Autoren ihren Lesern die Faustregeln des positiven Denkens eintrichtern, dabei Glück oft von Erfolg ableiten und diesen wiederum im Glaubenssatz verankern: »Was ich wirklich will, kann ich erreichen!«
Auf seriöser Ebene beschäftigt sich vor allem die Positive Psychologie mit erlernbarer Lebenskunst.
Weitere Kostenlose Bücher