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Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert

Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert

Titel: Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina von Kleist
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ausgeprägtes Verantwortungsgefühl ahnen lässt, wie sehr sein Spielraum geschrumpft ist, das Leben auch mal leichtsinnig und übermütig herauszufordern.
    Mit der Krebsdiagnose und dem Sterben von Charlottes Mutter erfolgte seither ein weiterer schmerzlicher Lebenseinschnitt. Vielleicht schweiße geteiltes Unglück noch mehr zusammen als geteiltes Glück, begründet Charlotte die enge Bindung des auffällig ungleichen Paares, die auch die sprichwörtliche Krise im siebten Jahr überstand. Kritisch gegenüber traditionellen Rollenmustern in ihrer rumänisch-ungarischen Familie, gleichwohl froh über das Netz enger Verwandtschaftsbeziehungen, lässt Charlotte offen, wie dringend für sie die eigene Familiengründung ist. Mehr als früher kollidiere ihr grundsätzlicher Kinderwunsch mit beruflichen Chancen; ihr Traum von einer Hochzeit in Weiß sei längst abgelöst von der Überlegung, welchen Aufwand ein großes Fest bedeuten würde, erläutert die gebürtige Siebenbürgerin. Falls sich andernorts bessere Berufsmöglichkeiten böten, schließe sie auch den Wiederverkauf ihres Hauses nicht aus, trotz ihrer Freude über jeden bewohnbaren Quadratmeter.
    Für einen Bauherrn ungewöhnlich konzise, erläutert mir Malte vor meiner Abfahrt die Ausbaupläne für die angrenzende Scheune, dem asphaltierten Hof werde bald ein weiteres Hochbeet abgetrotzt, die Erkundung der Nachbarschaft ist auf der Liste von Unerledigtem an oberer Stelle. Als er mich zum Bahnhof fährt, macht er mich auf eine Klinik aufmerksam. Seltsam, dass sein täglicher Arbeitsweg ihn an der Psychiatrie vorbeiführe. Oft sehe er Patienten unter Psychopharmaka mit den typisch ruckartigen Kopfbewegungen, die er von seiner Mutter kenne.
    Über mich zu sprechen ist kein Problem für mich. Ich halte nichts davon, Gefühle zu verbergen, die meisten meiner Bekannten haben jedoch nicht den Drang, tiefe Gespräche zu führen. Die Bereitschaft, über mich zu sprechen, habe ich erst entwickelt, seitdem ich von zu Hause weg bin und nach dem Tod meiner Mutter viel über meine Gefühle nachgedacht habe. Dazu hat Charlotte einen großen Beitrag geleistet.
    Charlotte und ich haben uns mit 17 in der Schule kennengelernt. Es war nicht die typische Liebe auf den ersten Blick. Die lange gemeinsame Zeit schafft Vertrautheit, Geborgenheit, es entsteht eine emotionale Abhängigkeit voneinander. Wir sind auch durch Leid zusammengewachsen. Wir leben gewiss anders als Paare, die nicht so viel Unglück erlebt haben. Vielleicht schenkt einem das auch mehr Glück, weil man bewusster lebt, dankbarer ist und somit das Glück auch beeinflusst.
    Ich hatte eine wunderschöne Kindheit. Am liebsten erinnere ich mich daran, dass unsere Wohnung und später unser Haus ständig voller Menschen war. Geraldine und Wilhelm, meine Eltern, und wir hatten immer Freunde um uns herum, meist sind wir auch mit Freunden oder Verwandten verreist. Wir waren von Leben umgeben. In einem Alter, in dem man sehr viel Bewegungsdrang hat, tollten mein Bruder und ich mit den Nachbarskindern durch die Gärten, bauten Baumhäuser und Dämme, wir haben oft bei Spielkameraden übernachtet, im Sommer haben wir draußen gecampt.
    Meine Eltern waren sehr liebevoll und auch ein sehr harmonisches Paar. In unserer Familie gab es nie Streit, was ich heute auch als negativ ansehe. Charlotte fragte mich in den ersten Jahren manchmal: »Warum sagst du deinem Vater nicht, wenn dich etwas irritiert?« Aber es gab bei uns einfach keine Auseinandersetzungen. Im Haushalt haben wir vieles gemeinsam gemacht, wir haben zusammen die Wohnung aufgeräumt, Geschirr gespült, den Hund und die Katzen gefüttert. Es gab keine aufgeteilten Pflichten. Anders als mein Bruder Peter habe ich gern beim Kochen geholfen. Ich möchte, dass auch bei uns die Küche zum räumlichen Mittelpunkt wird.
    Als Geraldine noch lebte, war die Beziehung zu ihr die herzlichere, sie war ein Bauchmensch, während Wilhelm immer der Kumpeltyp war. Er war und ist ein unkomplizierter Vater, der auch groben Unfug mitmachte. Ich konnte ihn überallhin mitnehmen, er hatte keine Gewohnheiten, keine Macken, auf die man sich einstellen musste, ich konnte mit ihm so sein wie ich bin. Von ihm habe ich den Spaß an handwerklichen Dingen, den Mut, Neues anzupacken. In seiner Freizeit war er früher Sänger in einer Band, er hat viel Musik gehört: Blues, Jazz, Rock ’n’ Roll. Ich habe das Klavierspielen aufgegeben, aber Musik bewegt mich sehr. Wenn ich Musik höre, bin ich

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