Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert
aufgrund ihrer Gefühlsschwankungen und des knappen Budgets haben wir keinen Kinderwunsch. Ich hoffe, dass ich meiner Freundin etwas abgeben kann von meiner positiven Energie und sehe unsere Zukunft schon in einer gemeinsamen Wohnung.
Bin ich glücklich? Richtig glücklich wäre ich, wenn meine Freundin froher wäre. Das wäre die Krönung. Aber daran kann ich ja nichts ändern. Es ist wie es ist. Ich bin zufrieden mit dem, wer ich bin, was ich habe und geschafft habe und was ich schaffen werde. Ich bin dankbar für meine Arbeit, meine Selbständigkeit, mein Auto. Ich gehe jeden Samstag schwimmen. Ich freue mich über die Natur, über meinen Segel- und Motorbootschein. Letztes Jahr war ich mit meiner Schwester und ihrer Familie in Norwegen. Wenn mein Schwager mit meinen Neffen Bergtouren machte, ging ich mit meiner Schwester ins Museum, oder ich setzte mich an einen Fjord und guckte aufs Wasser.
Generell fühle ich mich nicht ausgeschlossen, habe nur einmal erlebt, als Rollstuhlfahrer unerwünscht zu sein. In einer Disco in Pankow schüttete ein junger Mann mir ein Glas Bier über den Kopf, niemand am Tisch hat für mich Partei ergriffen.
Für mich ist Glück, angekommen zu sein. Oft rufen Kleinigkeiten dieses Gefühl hervor: Gemeinsames Kochen, ein schönes Essen, ein tolles Gespräch, ein Treffen mit Freunden. Einmal im Monat fahre ich zum Rollstuhlstammtisch. Wenn ich meine, etwas muss weitergehen, habe ich die Kraft, das zu verfolgen. Aber ich kann auch zur Ruhe kommen und genießen. Angst habe ich vor Armut, dass ich mir einmal nicht mehr ein Auto leisten kann. Alles wird teurer, und ich habe weniger Möglichkeiten als Gesunde, zu Geld zu kommen. Aber wer kann schon von sich sagen, dass er jeden Tag beim Aufstehen ruft: »Hurra, hier bin ich!«
Im Traum kann ich laufen, ich fahre Motorrad, der Anblick meines Rollstuhls morgens macht mich jedoch nicht depressiv, ich habe mich daran gewöhnt. Schön ist, dass Rollstühle so leicht geworden sind. Ich kann meinen Rollstuhl und den meiner Freundin in nullkomma nichts ins Auto laden. Im Sommer fahre ich manchmal zum Biker- Treffen und schaue mir die Motorräder an. Man kommt ins Gespräch; ich freue mich, wenn ich die Jungs davonbrausen sehe. Wenn ich das Geld hätte oder die Aussicht auf einen Job, würde ich vermutlich auswandern, denn im Süden, bei warmen Temperaturen, ist es viel besser mit den Beinen, aber ich bin dankbar, in einer Großstadt zu wohnen.
Der Weg zum Glück ist ausgeschildert
»Wenn ich jemanden frage: ›Bist du glücklich?‹, dann holen die meisten Menschen tief Luft, werden nachdenklich, im Allgemeinen beginnen sie erst nach fünf Minuten zu reden. Es ist eine Frage, die dazu einlädt, das eigene Leben zu überprüfen. Wenn ich jemanden frage: ›Bist du zufrieden?‹, antworten Menschen relativ schnell. Im Begriff Zufriedenheit kann man auch Ambivalenzen unterbringen, also was gut und was weniger gut ist. Bei Glück wird die Meßlatte sehr hoch gelegt. Bei Glück assoziieren viele einen Glücksrausch, und solchen Ausnahmezustand haben die meisten Menschen allenfalls drei- oder vier Mal im Leben gehabt.«
Die Beobachtung des Berliner Psychotherapeuten Wolfgang Krüger lässt sich im eigenen Umfeld leicht überprüfen. Obgleich mit keinem anderen Wort mehr Etikettenschwindel betrieben wird, verbinden Menschen mit Glück oft ein fast unerreichbar hohes Gut, eine von aller Unbill bereinigte Seligkeit, die den Normalsterblichen nur in homöopathischen Dosen vergönnt ist. Zwar hadern in diversen Umfragen erstaunlich wenig (deutsche) Erwachsene mit ihren Lebensbedingungen. Nur wenige glauben jedoch, zum Schlaraffenland der Glücklichen Zugang zu haben. Bei meiner Suche nach Interviewpartnern reagierten viele bedauernd. Ein spannendes Thema. Doch weder kenne man Leute, die das Leben überwiegend zum Jubeln finden, noch sei man selbst an der Goldküste sesshaft. Natürlich, es gäbe Glücksmomente, aber wann laufe alles schon so rund und perfekt, um wunschlos glücklich zu sein?
In der Tat, die Phasen, wo alles im Lot ist, alles erledigt, alle gesund sind und kein Wölkchen den eitel Sonnenschein trübt, sind rar. Aber entgegen unseren trügerischen Wunschvorstellungen ist ständiges Wohlbefinden ohnehin nicht die Eintrittskarte zum Glück, denn dieses ist weder das Sahnehäubchen des Daseins, noch versteckt es sich in paradiesischen Gefilden. Angelehnt an die Maximen in der Antike, beweist auch die zeitgenössische Glücksforschung, dass
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