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Der Weg zurück

Der Weg zurück

Titel: Der Weg zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.M. Remarque
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Frau mit ihrem bangen, versorgten Gesicht. Sie hat die Hände gefaltet, müde zerarbeitete Hände mit weicher runzeliger Haut, auf der bläulich die Adern hervorstehen; Hände, die für mich so geworden sind. Früher habe ich das nie gesehen, früher habe ich überhaupt vieles nicht gesehen, denn ich war noch zu jung. Aber jetzt begreife ich, weshalb ich für diese schmale verhärmte Frau anders bin als alle Soldaten der Welt: ich bin ihr Kind.
    Ich bin es immer für sie geblieben, auch als Soldat. Sie hat im Kriege nur einen Knäuel gefährlicher Bestien gesehen, die ihrem bedrohten Kinde nach dem Leben trachteten. Aber ihr ist nie der Gedanke gekommen, dass dieses bedrohte Kind eine ebenso gefährliche Bestie für die Kinder anderer Mütter war.
    Ich senke den Blick von ihren Händen auf meine eigenen. Damit habe ich im Mai 1917 einen Franzosen erstochen. Das Blut lief mir widerlich heiß über die Finger, während ich in besinnungsloser Angst und Wut immer wieder zustach. Nachher musste ich mich erbrechen, und die ganze Nacht durch habe ich geweint. Erst morgens konnte Adolf Bethke mich trösten; ich war damals gerade achtzehn Jahre alt, und es war der erste Angriff, den ich mitmachte.
    Langsam drehe ich die Hände nach außen. Bei dem großen Durchbruchversuch Anfang Juli habe ich damit drei Leute erschossen. Sie blieben den Tag über im Drahtverhau hängen. Ihre schlaffen Arme baumelten im Luftdruck der Granateinschläge, und oft sah es aus, als drohten sie, aber manchmal auch, als flehten sie um Hilfe. Später habe ich einmal auf zwanzig Meter eine Handgranate geworfen, die einem englischen Hauptmann die Beine wegfetzte. Er schrie furchtbar, den Kopf hatte er mit aufgerissenem Munde hochgereckt, die Arme aufgestemmt, den Oberkörper gebäumt wie ein Seehund; aber dann verblutete er rasch. Und jetzt sitze ich hier vor meiner Mutter, und sie weint beinahe, weil sie nicht fassen kann, dass ich so roh geworden bin, einen unanständigen Ausdruck zu gebrauchen.
    »Ernst«, sagt sie leise, »ich wollte es dir schon immer einmal sagen: Du hast dich sehr verändert. Du bist so unruhig geworden.«
    Ja, denke ich bitter, ich habe mich verändert. Was weißt du denn noch von mir, Mutter? Es ist nur eine Erinnerung, nicht mehr als eine Erinnerung an einen schwärmerischen, stillen Jungen von früher. Nie, nie darfst du etwas erfahren von den letzten Jahren, nie darfst du ahnen, wie es wirklich gewesen ist und was aus mir geworden ist. Der hundertste Teil davon würde dir das Herz brechen, dir, die du schon zitterst und beschämt wirst durch ein einziges Wort, weil es dir bereits deine Vorstellung von mir erschüttert. »Es wird alles schon mal besser werden«, sage ich ziemlich hilflos, und ich versuche, mich selbst damit zu beruhigen.
    Sie setzt sich zu mir und streicht mir über die Hände. Ich ziehe sie weg. Sie sieht mich bekümmert an. »Manchmal bist du mir ganz fremd, Ernst, dann hast du ein Gesicht, das ich gar nicht an dir kenne.«
    »Ich muss mich erst gewöhnen«, sage ich, »ich fühle mich noch immer so, als wäre ich hier nur auf Besuch. –«
    Die Dämmerung fällt ins Zimmer. Vom Korridor kommt mein Hund herein und legt sich vor mir auf den Boden. Seine Augen schimmern, während er zu mir aufblickt. Er ist auch noch unruhig und hat sich noch nicht gewöhnt.
    Meine Mutter lehnt sich zurück. »Dass du nur wiedergekommen bist, Ernst …«
    »Ja, das ist die Hauptsache«, sage ich und stehe auf.
    Sie bleibt in ihrer Ecke sitzen, eine kleine Gestalt in der Dämmerung, und ich empfinde in einer sonderbaren Weichheit, wie plötzlich die Rollen vertauscht sind. Jetzt ist sie das Kind geworden.
    Ich liebe sie, ach, wann hätte ich sie mehr geliebt als jetzt, wo ich weiß: nie kann ich zu ihr kommen und bei ihr sein und ihr alles sagen und vielleicht ruhig werden. Habe ich sie nicht verloren? Mit einmal fühle ich, wie fremd und allein ich eigentlich bin.
    Sie hat die Augen geschlossen. »Ich ziehe mich jetzt an und gehe noch etwas aus«, flüstere ich, um sie nicht zu stören. Sie nickt.
    »Ja, mein Junge«, sagt sie – und nach einer Weile leise – »mein guter Junge.«
    Es trifft mich wie ein Stich. Behutsam ziehe ich die Tür zu.
III
    Die Wiesen sind nass, und von den Wegen rinnt glucksend das Wasser. Ich trage ein kleines Einmachglas in der Manteltasche und gehe den Pappelgraben entlang. Hier habe ich als Junge Fische und Schmetterlinge gefangen und unter den Bäumen gelegen und geträumt.
    Im Frühjahr hing

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