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Der weibliche Weg Gottes

Der weibliche Weg Gottes

Titel: Der weibliche Weg Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Gerland
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Maria, und genau dies ermöglichte das Vorwärtsgehen auf diesen beiden Ebenen. Wenn ich nun glaube, dass Maria auch auf dem Camino die Weichen stellt, also die Anstöße bereithält, so hängt alles miteinander zusammen. Maria ist das Bild, das mir noch fehlte, um SIE, die weibliche Seite Gottes zu begreifen.
    Von nun an geht alles sehr leicht, selbst mein Aufstieg zum O Cebreiro. Ich habe so viel zurückgelassen auf diesem Weg, was sich in meinem Inneren angestaut hatte, das erleichtert auch das Gehen.
    Auf dem Gipfel des Passes treffe ich Dick wieder, und wir gehen ein Stück gemeinsam. Dick kann sich jedem Menschen mit der gleichen liebevollen Aufmerksamkeit zuwenden, dadurch ist er mir aufgefallen. Unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt, obwohl er viel schneller geht als ich. Vor wenigen Tage habe ich erfahren, dass er Priester ist. Gut, dass ich es erst so spät erfahren habe. Ich hätte bestimmt einen großen Bogen um ihn gemacht. So schließe ich indirekt meinen Frieden mit dem Klerus. Aber selbst mit Dick kann ich nicht über das sprechen, was mir mit Maria in den letzten Wochen widerfahren ist.
    Es ist noch nicht die Zeit dafür. Erst muss ich mit mir selbst zurechtkommen auf der dünnen Eisschicht. SIE ist da, bei mir, jetzt, das spüre ich, und SIE ist Maria: Eine Frauengestalt, mit der ich mich verbunden fühle. Ein Symbol für bedingungslose Hingabe und Liebe. Die Mutter Gottes. Das Symbol für das Göttliche.

Die Himmelskönigin

    Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau. (1. Mose 1,27)
    Deutlicher kann man es nicht formulieren. Beide Geschlechter schuf er als sein Ebenbild. Gott ist Mann und Frau. Aber wo ist Gott-Frau? Wo hat SIE IHREN Platz? Wo sprechen wir von IHR? Welcher Künstler hat SIE dargestellt?
    Wenn ich mir Gott in den letzten Jahren vorgestellt habe, dann als ein Wesen, das Yin und Yang in sich vereinigt — weibliche und männliche Anteile. Einen Zugang gefunden habe ich dadurch nicht. Es war der Versuch, meinen Kinderglauben vom bärtigen, weißhaarigen Vater an ein erweitertes Bewusstsein anzupassen. Nur sitzt das, was wir in unserer Kindheit aufgenommen haben, fester als alles, was danach kommt. Am deutlichsten zeigt sich das, was ich damals aufgenommen habe, im Bild von Michelangelo, auf dem Gott mit Adam dargestellt wird. Zwei männliche Wesen, die sich am Zeigefinger berühren. So schließt Gott das Bündnis mit den Menschen.
    Gott war fremd, ein Wort im Kopf, etwas zum Philosophieren, ein Konzept, aber kein Gefühl, das satt macht. Jetzt weiß ich, Gott hatte keine weibliche Entsprechung für mich als Kind. Der Schöpfer, Richter, Gesetzesgeber — das passte, erwies sich als schlüssiges Bild von Gott-Mann. Aber was tat Gott-Frau in der Zwischenzeit? Ich habe mich schon oft gefragt, warum Gott eine Frau brauchte, um seinen Sohn auf die Welt zu bringen. Warum macht Gott es nicht selbst? Wenn er seinen Samen gibt, warum nicht auch den Uterus?
    Weil Gottes Wege unergründlich sind — eine der Aussagen in der Bibel über Gott, die ich übrigens mehr mit seiner weiblichen Seite verbinde, mit diesem Prinzip des Dunklen, Fließenden, Rätselhaften.
    Seitdem ich gefühlt habe, dass dieses Göttliche auch weiblich ist, fühle ich mich nicht mehr allein, bin ein Teil der anderen. Verbunden mit ihnen durch eine Kraft, die liebevoll ist, voller Verständnis und die verzeihen kann. Dafür bin ich dankbar.
    Die Mutter Gottes ist auch Gott-Mutter. SIE ist die Frau und SIE ist Gott. Sie ist die Himmelskönigin, die auf dem Mond steht und von Sternen umgeben ist — sie ist ein Teil der göttlichen Energie. SIE ist die weibliche Seite Gottes.
    Bilder und Statuen zeigen Maria schon lange als Himmelskönigin, oft mit den Insignien ihrer Macht: Auf dem Kopf die Krone, unter ihren Füßen die Erdkugel, mit dem Mond als Symbol des Weiblichen und den Sternen als Lichter des Himmels. Die Krone auf ihrem Kopf, die sie auch auf anderen Darstellungen als Jungfrau oder Mutter zeigt, war in den vergangenen Jahrtausenden ein Hinweis auf die weltliche Macht. Der Mensch sollte der Macht untertan sein. Wie sich die gekrönten Herrscher dieser Himmelskönigin beugten, so sollte das Volk sich vor seiner Obrigkeit beugen und ihr gehorchen.
    Sie ist auf diesen Abbildungen prächtig anzusehen, manchmal mit einem großen Mantel bekleidet, unter dem sich die Verfolgten flüchten können. Schön und stark, weich und kraftvoll zugleich. Nicht mehr

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