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Der Weihnachtsfluch - Roman

Der Weihnachtsfluch - Roman

Titel: Der Weihnachtsfluch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Stirn. »Und noch einen ganz Großen mit vielen Tätowierungen. Ich meine, er hieß Wat oder so ähnlich. Sind sie alle umgekommen? Sind Sie sicher?«
    »Das wissen wir nicht«, antwortete Susannah. »Wir haben die ganze Nacht gewartet, aber es ist niemand mehr an Land gespült worden. Leider.« Ihre Stimme war sanft, aber sie musterte ihn genau. Was wollte sie in seinem Gesicht lesen? Spuren einer Lüge? Die Erinnerung an etwas anderes? Oder sah sie Connor Riordans Geist in ihm und die Tragödie, die er hervorgerufen hatte?
    »Was ist heute für ein Tag?«, wollte Daniel plötzlich wissen. Er blickte von Susannah zu Emily und zurück.
    »Samstag«, antwortete Emily.
    »Bestimmt gibt es eine Kirche im Ort. Ich habe einen Priester gesehen. Ich möchte morgen zur Messe gehen. Ich will Gott für meine Rettung danken, und vor allem will ich für die Seelen meiner Freunde beten. Vielleicht gibt mir Gott die Erinnerung wieder. Niemand darf so einsam sterben, dass die Überlebenden ihn nicht mal beim Namen nennen können.«
    »Natürlich«, sagte Susannah sofort. »Ich gehe mit Ihnen. Es ist nicht weit.«

    Emily zuckte zusammen. »Geht es dir auch wirklich gut genug?« Sie wollte unbedingt eine Ausrede finden, damit sie zu Hause blieb. Für Daniel war es nur zu natürlich, dass er die Messe besuchen und für seine Kameraden beten wollte, welcher anständige Mensch hätte das nicht gewollt? Ganz bestimmt hatte er nie von Connor Riordan gehört, dessen Tod ja auch gar nichts mit diesem Sturm oder den Verschollenen zu tun hatte. Aber das Dorf könnte den Geist in seinem Gesicht sehen, und mindestens eine Person würde sich schuldig fühlen.
    »Ja, natürlich«, antwortete Susannah in einem etwas scharfen Ton. »Morgen geht es uns allen sicher besser.«
    Aber am nächsten Tag, als Susannah in die Küche kam, fühlte sie sich so schwach, dass sie sich an der Stuhllehne festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und umzufallen.
    Emily sprang auf und stützte sie, hielt sie mit beiden Armen fest und half ihr, sich zu setzen.
    »Es geht schon«, sagte Susannah leise. »Ich muss nur etwas frühstücken. Hast du Daniel heute Morgen schon gesehen?«
    »Noch nicht, aber er ist schon auf. Susannah, bitte lege dich wieder hin. Dir geht es nicht gut genug, um zur Kirche zu gehen. Der Wind ist noch recht stark.«
    »Ich hab dir doch gesagt, dass es mir nach einer Tasse Tee und etwas im Magen besser geht«, sagte Susannah forsch.
    »Susannah!« Emily ging zu ihr hin und zwang sie zuzuhören. »Du kannst so nicht in die Kirche gehen. Allen wäre das peinlich und in erster Linie dir selbst. Wir
gehen ja hin, um Gott für Daniels Leben zu danken und um den Vermissten Ehre zu erweisen.«
    »Daniel kann nicht alleine …«, begann Susannah.
    »Ich begleite ihn. Das kann ja nicht so schwierig sein, die Kirche zu finden.«
    »Du bist nicht katholisch«, erinnerte sie Susannah mit einem sehr verhaltenen Lächeln in ihrem Blick. »Ich weiß, dass du mit dem katholischen Glauben nicht einverstanden und schon gar nicht gläubig bist.«
    »Und du?«, wollte Emily wissen. »Oder war es Hugo zuliebe?«
    Susannah lächelte reumütig. »Am Anfang war es wegen Hugo. Aber dann für mich selber.« Ihre Stimme wurde ganz leise.
    »Vor allem nach Hugos Tod. Ich wurde gläubig, weil er es war. Der Glaube erinnerte mich an all das, was er mir bedeutete.«
    Emily fühlte unermessliches Mitleid mit ihr. Mit schmerzlichem Erstaunen stellte sie fest, dass sie Jacks politische Arbeit genau kannte, ihm bei vielen Projekten und Auseinandersetzungen geholfen hatte und stolz darauf war, was er alles erreicht hatte. Aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie es um seinen Glauben stand. Sonntags gingen sie meistens in die Kirche, aber alle anderen taten das auch. Über das Warum hatten sie nie geredet.
    »Das wäre für mich eine gute Gelegenheit, die katholische Kirche kennenzulernen. Unwissenheit ist kein Grund, etwas nicht zu glauben.«
    »Aber du weißt doch nicht …«

    »… warum du hin willst?«, beendete Emily den Satz für sie. »Doch, ich weiß es schon. Father Tyndale hat es mir gesagt.«
    Susannah blickte verdutzt. »Was hat er dir erzählt? Über die Kirche?«
    »Nein, über Connor Riordan - vor sieben Jahren.«
    »Oh, er hat dir gesagt …«
    »Ist das nicht der Grund, weshalb du mich hier haben wolltest?« Emily gab nicht nach. »Um dir zu helfen, die Wahrheit herauszufinden?«
    »Ich konnte ja nicht wissen, dass wieder ein so

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