Der Weihnachtspullover
war mein neuer Held! Es war so, als ob Taylor ein Erwachsener wäre und ihn seine Eltern auch als solchen behandelten. Meine Großeltern konnten vielvon Stan und Janice lernen. Das war wirklich eine perfekte Familie.
»Vielen Dank, dass Eddie bei Ihnen essen durfte«, sagte meine Großmutter durch das heruntergedrehte Fenster des riesigen Continental der Ashtons.
»Gern geschehen. Es freut mich, dass mein Junge im Sommer jemanden zum Spielen habt, der in der Nähe wohnt.« Die beiden Frauen tauschten einen Blick, den ich wiedererkannte. Ich hatte ihn zuvor schon beobachtet, wenn sich meine Mutter und Tante Cathryn unterhielten.
»Dann werden wir Ihren Sohn ... « Die Stimme meiner Großmutter verstummte, und ihr Blick wanderte zu Taylor hinüber.
»Taylor. «
»... Taylor auch bald einmal zu uns einladen.«
Mrs. Ashton fuhr davon, und meine Großmutter blieb lächelnd zwischen mir und dem Haus stehen.
»Was für eine nette Wendung des Schicksals, findest du nicht, Eddie?«
»Wenn du meinst.« Ich marschierte an ihr vorbei und betrat das Haus durch die Vordertür. Sie folgte mir nicht. Genau genommen blieb sie regungslos stehen und schaute auf die Stelle, wo ich gestanden hatte.
Ich hatte meine Großmutter noch niemals zuvor auf eine solche Weise verletzt, aber in diesem Moment nahm ich es gar nicht so recht wahr. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt, darüber nachzudenken, wie toll Taylors Leben war, und mir zu wünschen, Teil dieser Familie zu sein. Ich traf eine unbewusste Entscheidung, die sich in großem Maße auf Taylor und mich auswirken sollte: Ich würde die Vergangenheit auslöschen, indem ich sie einfach ignorierte.
Und Großmutter war Teil dieser Vergangenheit.
Kapitel 9
n jenem Sommer verbrachte ich eine Menge Zeit im Haus der Ashtons. Abgesehen vom Alter hatte Janice nichts mit meiner Mutter gemeinsam, und das war mir auch sehr recht. Ich wollte niemanden um mich haben, der mich an all das erinnerte, was ich getan und gesagt oder – was noch viel wichtiger war – nicht getan und gesagt hatte.
Erst sehr viel später begriff ich, dass Mrs. Ashton einsam war. Ich habe sie niemals betrunken gesehen, aber sie verbrachte kaum einen Nachmittag, ohne ein Kristallglas in der Nähe stehen zu haben. Damals nahm ich an, dass dies alles zu dem Leben gehörte, das »reiche« Leute führten. Es kam mir glamourös vor. Ich fühlte mich zu Hause.
Mrs. Ashtons ganzes Leben drehte sich um Taylor. Sie verwandte beinahe ihre ganze Zeit und Aufmerksamkeit darauf, ihn – und nun »uns« – glücklich zu machen. Es war eine Erleichterung, eine Auszeit von all dem, was in meinem alltäglichen Leben zur Wirklichkeit gehörte. Es gab keine Vergangenheit mit den Ashtons, bloß eine Zukunft. Und die war vielversprechend.
Ihre Familie war so ganz anders als das, was ich gewohntwar. Was ihnen an Lachen fehlte, das machten sie mit Geld mehr als wett. Taylor trug keine Brottüten anstelle von Stiefeln (er trug nicht einmal Stiefel, wenn er es nicht wollte), und seine Eltern schenkten ihm ein Fahrrad, wann immer er ein neues haben wollte. Ich hatte mindestens drei Stück in der Garage neben dem Continental stehen sehen.
Mr. Ashton war so groß und still, wie einem das Haus vorkam, wenn er sich darin aufhielt, was nicht allzu oft der Fall war. Er war häufig auf Geschäftsreise, aber jedes Mal, wenn er wieder nach Hause kam, brachte er ein Geschenk mit. Ich fand es klasse, dass er und Taylor kaum miteinander sprachen. Deshalb musste sich Taylor auch nie irgendwelche Strafpredigten anhören.
Nach einer dieser Reisen bekam Taylor ein brandneues TV-Spiel namens »Pong«. Ein anderes Mal, nachdem er eine lange Zeit fort gewesen war, schenkte Mr. Ashton ihm einen brandneuen, wunderschönen 63er Farbfernseher. Wer brauchte schon irgendwelche Gespräche, wenn alles so schön bunt war?
Als ich heranwuchs, war unser Fernseher so klein, dass ich mich immer nahe davor auf den Boden setzte, um besser sehen zu können. Mom versuchte mir ständig einzureden, dass ich Krebs bekommen oder blind werden würde, weil ich so dicht davorsaß, aber Dad beruhigte mich und sagte, sie versuche mir nur Angst zu machen.
Im Nachhinein glaube ich, dass er das nur behauptet hat, weil er mich als seine persönliche Fernbedienung benutzte. Von Zeit zu Zeit rief er mir zu: »Eddie, schalt um auf vier. Auf fünf. Versuch mal sieben.«
Es kam mir so
Weitere Kostenlose Bücher