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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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solche Affären in Aca ein subtileres Flair hatten, daß es dort etwas gab, das telepathischer Orgasmus genannt wurde. Das war allerdings zweifelhaft. Trotzdem – den einzigen Nerdenmenschen in der Stadt zu lieben wäre ein neuartiges Erlebnis, das vielleicht von längerer Dauer zu sein wünschenswert sein könnte.
    Gestern hatte Tez ihm ein Sortiment von strategischen Patience-Spielen geschenkt, die sich in zwei entnervende Kategorien einteilen ließen. Da gab es Spiele, die ihm zu einfach und albern vorkamen, und andere, die ihm auf groteske Weise rätselhaft blieben. Vorgestern hatte sie ihm einen Korb voller Opos mitgebracht, runder Gartenfrüchte mit Schuppenhaut und saftigem Fleisch. Und am Tag davor hatte sie ihm eine handschriftliche Kopie des nationalen Epos überreicht. Francis las, wie sich die menschliche Rasse ausWürmern entwickelt hatte, die im Schmutz eines verseuchten Planeten umhergekrochen waren. In den Raumarchen hatten die Würmer eine Metamorphose durchgemacht und das Puppenstadium erreicht, dann hatten sie sich zu Schmetterlingen entwickelt, die im Land Utopia schwelgten. Francis war es zwar nicht gewöhnt, sich an der Poesie zu delektieren, dennoch genoß er jedes Wort in diesem Epos.
    Und noch einen Tag davor hatte Tez ihn in seinem Zimmer geweckt. »Versprechen Sie mir, daß Sie nicht hüsteln werden, dann werde ich ihnen zwei erfreuliche Neuigkeiten mitteilen.«
    »Ich werde nicht hüsteln.«
    »Das würde nämlich den intercranialen Druck verstärken. Soll ich zuerst von Ihrer Amputation sprechen oder von Ihrem Käfer?«
    »Von meinem Käfer.«
    »Mool hat mich in die Bibliothek von Iztac geschickt, und alle Leute haben übereinstimmend erklärt, daß Ihr Freund Newman ihn auf die Neurovorenjagd mitgenommen hat. Niemand weiß, warum.«
    Aber Francis wußte es schon – oder zumindest glaubte er es zu wissen. »Der gute alte Burne dachte wohl, ich sei zu krank, um für Ollie zu sorgen.« Dann fügte er in Gedanken hinzu: Außerdem hat er befürchtet, diese komischen Quetzalianer könnten den Käfer wegwerfen. »Und jetzt erzählen Sie mir von meiner Amputation.«
    »Der Splitter ist draußen. Ihr Thalamus ist gerettet.«
    »Dann brauche ich also das Lachen nicht aufzugeben?«
    »Nein«, erwiderte Tez. »Aber Sie müssen für eine Weile Ihre Freiheit aufgeben – für fünf Tage.« Sie strich sanft über seine Fußsohlen und deutete zum offenen Fenster. »Unsere Gärten haben therapeutische Kräfte.«
    »Sie sind ein Genie.«
    »Nur ein Genielehrling. Der große Gott Mool trägt hier den ganzen Ruhm davon.«
    »Ich mag ihn auch nicht.«
    »Mool wurde von Mutterkraut aufgezogen. Aber es sind nicht seine Manieren, die mich stören. Es paßt mir nicht, wie er meinen Vater behandelt.«
    »Ich könnte mir vorstellen, daß er alle Leute schlecht behandelt.«
    »Ich spreche von einer medizinischen Behandlung.« Tez berichtete von Teot Yons Unfall, von ihrem Streit mit Mool über die Coyowurzeltherapie.
    Francis bemühte sich, das Richtige zu sagen. »Leider liegt die Botanik nicht auf meiner Linie.«
    »Auf Mools Linie auch nicht. Aber Sie hören wenigstens zu.«
    Nun mußte das Thema gewechselt werden. »Wie hat mein Gehirn ausgesehen – tief drinnen? Ich muß gestehen, ich bin mir irgendwie vergewaltigt vorgekommen.«
    Tez strahlte. »Ich denke, die klinische Neurologie ist zwar intim, aber nicht fleischlich. Ein Gehirn sieht wie das andere aus.«
    »Haben Sie diese Cortex-Stimulation versucht. Sie wissen ja – dabei drückt man auf die wunden Punkte, damit ich meine Vergangenheit noch mal erlebe und darüber rede.«
    »Aber natürlich«, scherzte Tez. »Ich kenne jetzt Ihre tiefsten Geheimnisse. Ich weiß von den Büchern, die Sie nicht in die Bibliothek zurückgebracht haben, und von der Klempnerin mit dem spaßigen Knie. Übrigens, der Manschettenknopf, den Sie vor sechs Jahren verloren haben, liegt auf dem Waschtisch.«
    »Darf ich aufstehn?« fragte Francis.
    »Ganz langsam.«
    Als er seitwärts aus dem Bett glitt, merkte Francis, daß ihn irgend jemand in quetzalianische Roben gehüllt hatte. Er ging auf das Gemälde zu, das als Tür fungierte. Vor seinen Augen verschmolzen viele Millionen Pinselstriche zu aufregenden Ornamenten.
    »Wie nett von Ihnen, mein Zimmer mit einer so treffenden Darstellung meiner jüngsten Erlebnisse zu schmücken!«
    Mit diesen jüngsten Erlebnissen meinte er die Geschehnisse der letzten acht Tage, die ihm unwahrscheinlicher vorkamen als alles, was ihm bis

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