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Der Wein des Frevels

Der Wein des Frevels

Titel: Der Wein des Frevels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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auf der Mauer angegriffen hatten. Tränen rannen durch die Falten in Umias Wangen.
    »Was für eine grausame Rasse müssen die Nerdenbewohner sein«, keuchte sie.
    »Vielleicht – aber ihr seid überhaupt keine Rasse. Ihr habt eure Mitgliedschaft in der menschlichen Spezies verspielt.«
    »Sie tun mir leid.«
    »Leid?« fragte der betrogene Nerdenmensch.
    »Leid.«
    Der Test war beendet. Francis nahm Umias schlaffe Hand, legte den Clownskopf hinein. »Ich gebe es auf. Sie haben gewonnen. Das Ding ist unversehrt.«
    »Nicht einmal ein Sprung!« Sie betastete ihren Schatz mit behutsamen Fingerspitzen. Verwirrung mischte sich mit Entzücken, dann wurde ihr Gesicht ausdruckslos.
    »Verzeihen Sie, daß ich Ihnen Kummer bereitet habe, Umia. Es war nur ein Scherz. Auf der Nerde haben wir eine etwas sonderbare Vorstellung von Humor. Ich vergesse immer wieder, daß ich nicht zu Hause bin.«
    »Zu Hause ist man dort, wo man sich zu Hause fühlt, Francis Lostwax«, sagte Umia eisig.
     
    Die Party begann sich aufzulösen, ein Gast nach dem anderen verließ das Haus. Die Abschiedsworte reichten vom konventionellen »Es ist schon spät« bis zu Umias »Ich muß meine tote Katze füttern«. Alle umarmten die Gastgeber, wünschten ihnen alles Gute zur bevorstehenden Hochzeit und zur Geburt ihres Kindes. Auf ihren blasphemischen Flug zur Nerde, sicher eines der größten Ereignisse in Tez’ Leben, spielte man mit »gute Reise« an, aber niemand erwähnte die Technologie namens Raumfahrt. Die meisten Quetzalianer betrachteten Raketenschiffe immer noch so, wie ein Christ vielleicht ein Krocket-Spiel ansehen mag, bei dem die Schläger aus dem Holz des Heiligen Kreuzes angefertigt wurden.
    Umia, einen Stock in der Hand, den Clown um den Hals, war die letzte, die sich verabschiedete.
    »Tut mir leid, daß ich mir diesen Scherz erlaubt habe«, entschuldigte sich Francis und meinte es aufrichtig. Dann log er: »Ich dachte, Sie würden darüber lachen.«
    »Ein bizarrer Mensch«, flüsterte Umia der Gastgeberin zu. Sie wünschten sich eine gute Nacht, und die blinde Frau tappte in den Garten hinaus.
    »Wie findet sie denn nach Hause?« fragte Francis.
    Tez wandte sich taumelnd von der Tür ab und schenkte ihm ein betrunkenes Lächeln. »Sie hat eine weitsichtige Schildkröte in der Tasche.« Francis seufzte und stapfte in den großen Salon zurück.
    Das Olo war nach der lebhaften Party von drückender Stille belastet. Nachdem Tez minutenlang wie ein unvertäutes Boot durch die Villa geschwankt war, fand sie das Schlafzimmer und brach zusammen. Sie kroch unter die Decke und rief: »Wenn du willst, können wir uns jetzt lieben!«
    »Ich will nicht«, erwiderte Francis und trat in die Tür.
    »Was ist denn los?«
    Er berichtete, daß Umia den Aggressionstest nicht bestanden hatte.
    Tez schnitt eine Grimasse.
    »Umia war sechs Jahre lang nicht beim Gottesdienst«, fuhr er fort. »Trotzdem hat sie mir nicht einmal einen Schubs gegeben. Wenn die Abstinenz sie nicht verändert hat, dann wird sie dich auch nicht verändern.«
    »Große Sonnengöttin! Fang nicht schon wieder damit an, Francis!«
    »Hast du die ganze Zeit über den Fall Umia Bescheid gewußt?«
    »Das spielt doch keine Rolle.«
    »Verdammt, Tez, du hast mich belogen. Du wußtest, daß man Zolmec nur mit einer Injektion beikommen kann.«
    »Ich belüge weder dich noch sonst jemanden, Francis.«
    »Aber du gibst doch zu, daß das beunruhigend ist?«
    »Ich möchte dich warnen, Nerdenmann – wegen einer anderen Sache. Wenn du noch einmal andeuten solltest, daß die Quetzalianer nicht menschlich sind, verstecke ich meinen schwangeren Körper an irgendeinem Ort, wo du ihn niemals finden wirst. Hast du mich verstanden? Das wäre das Ende deiner Vaterschaft.«
    »O ja«, erwiderte Francis höhnisch.
    »Ich will jetzt schlafen.«
    »Dann schlaf.« Er sah die Schlafzimmerlampen erlöschen. Bald begann Tez zu schnarchen. Er kehrte in den großen Salon zurück, trat gegen den schlummernden Kamin. Irgendwo draußen jammerte ein Tier. Er starrte auf die Holzscheite, versuchte sie mit seinen Augen zu entzünden. Traurige, böse Gedanken schwirrten durch seinen Kopf. Warum ist sie so stur? Ich muß sichergehen, daß sie ein Mensch ist, bevor ich sie mit nach Hause nehme. Ich liebe sie zu sehr, um noch länger zögern zu können.
    Eine Laterne stand auf dem Kaminsims. Francis steckte ein brennendes Streichholz hinein. Der Docht flammte auf, die Glaskugel erglühte zum Leben.
    Das Schloß des

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