Der weiße Bikini

Mordskrach macht, wenn die Lehne zurückschnappt .«
    »Habe ich mein Augenlicht bei
dem Sturz verloren ?« fragte ich voll Bitterkeit.
»Vielleicht hast du mir die Augen herausgerissen, bevor du dich über meine
Kleider gemacht hast ?«
    »Ich habe nicht an die Lampe
auf dem Wandbrett gedacht. Bei dem Krach ist sie heruntergefallen und auf dem
Boden zerbrochen .«
    Plötzlich fühlte ich mich
wesentlich besser — ja in gewisser Weise sogar mutig. Ich machte mit meinen
Armen einige experimentelle Bogenbewegungen, traf aber auf nichts als Luft.
    »Du hast mir erzählt, das Bett
sei so groß wie ein Baseballspielfeld«, sagte ich entrüstet. »Wo, zum Kuckuck,
bist du? Bei der dritten Ersatzmannschaft?«
    »Ich bin hier drüben .« Ihre Stimme klang wie aus weiter Ferne. »Ich glaube, ich
ziehe das vor .«
    »Willst du damit sagen, daß wir
diesen ganzen Schrecken und das damit verbundene Getöse nur erduldet haben, um
jetzt im Dunklen Fangen zu spielen ?« fragte ich
entrüstet.
    »Ich dachte du machst bloß
Witze«, fuhr sie mich an. »Ich hätte mir darüber klarwerden sollen, daß es
sinnlos ist, wenn ein Mädchen einem Mann nicht gefällt .« Ihre Stimme klang plötzlich gedämpft. »Ich glaube, du hast einen mächtig
billigen Eindruck von mir bekommen .«
    »Kathie?« Meine Arme flegelten
hilflos durch die Dunkelheit. »Es lag an den verdammten Volksliedern, die du im
Café gesungen hast. Sie vermittelten mir das phantastische Bild süßer
unschuldiger Kindheit und erzeugten in mir einen Komplex, unter keinen
Umständen einen unfairen Vorteil wahrzunehmen. Vermutlich dauert es bei mir
mächtig lange, bis ich mich anpasse, aber...«
    »Jetzt versuchst du nur, nett
zu mir zu sein .« Man hörte sie fast die Nase rümpfen.
    »Honey, ich habe mich angepaßt .« Ich bewegte mich in raschen Kreisen auf meinen Knien,
während meine Arme immer noch im Dunklen herumschlegelten, aber ich fand sie
nicht. Die Couch war eben doch kein Baseballspielfeld, dachte ich erbittert,
sie war ein Bundesstaat für sich. Ich hielt atemlos inne und keuchte mit
bittendem Unterton: »Kathie !« Nichts als
unheilschwangere Stille. Ich rief sie mehrere Male mit Namen, und schließlich
wurde die Stille verzweiflungsvoll. Dann fuhr eine Inspiration wie ein Blitz in
meine Kehle. Ich räusperte mich einige Male, dann fing ich in meinem
Badezimmerbariton an zu trillern:
     
    » Undress yourself, my
darling, says he,
    Undress yourself, and come to bed with me .«
     
    Der letzte scheußlich klingende
Ton verklang, und meine letzten Hoffnungen entschwanden in der weiterhin tiefen
Stille. Dann brach sich ein warmer pulsender Tornado an meiner Brust und
schleuderte mich erneut rücklings auf die Couch. Dort blieb ich beglückt wie
festgenagelt liegen und lauschte einem leise gurgelnden Lachen — nur wenige
Zentimeter von meinem Ohr.
    » If you keep all those flash girls away «, murmelte Kathie kehlig — in
dem kurzen Augenblick, bevor ihre Lippen mit leidenschaftlicher, ja geradezu raubtierhafter
Gier die meinen fanden.

SECHSTES KAPITEL
     
    G egen Mittag des nächsten Tages
erreichte ich die Abzweigung der Autostraße diesseits von San Diego. Nachdem
Kathie mich mit einem Frühstück versorgt und sich dann beglückt dem zweiten
Vers ihrer Ballade zugewandt hatte, verließ ich sie. Ich mußte ihr das
feierliche Versprechen geben, sie über jeden Fortschritt, den ich machte, zu
informieren, so daß sie mit ihrer Ballade auf dem laufenden bleiben konnte. Ich tauschte dieses Versprechen vergnügt gegen ein anderes ein
— wenn ich sie über meine Fortschritte informierte, so mußte sie dafür sorgen,
daß das riesige Messingdings nie mehr klemmte.
    Nach weiteren zwanzig Minuten
Fahrt war ich in San Lopar . Ich war stark
erleichtert, festzustellen, daß die mikroskopische Stadt wirklich existierte
und nicht nur ein Traumgebilde Pete Bliss’ aus einer jener düsteren Nächte war,
in denen er auf seine Jenny gewartet hatte.
    Ich fuhr im Schrittempo um die nächste Kurve, und da stand das große Haus auf dem Hügel mit seiner
hohen Backsteinmauer, gerade vor mir. Zwei Querstraßen weiter stieß ich auf ein
Restaurant, vor dem ich anhielt, um zu essen. Solange ich da war, gab es nur
einen Gast — und der war ich — , und so sah mir die Kellnerin mit einer Art
brütender Konzentration zu, wie ich mich durch ein Steak-Sandwich
hindurcharbeitete, die etwas Entnervendes hatte. Als sie mir eine zweite Tasse
Kaffee eingoß, ließ ich ihr ein strahlendes