Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)
Fliegenden Scootern. Aber der
Eingang ist verblüffend häßlich: nur ein Maschendrahtzaun und ein Schild.
Flaggen wehen an den Enden langer Masten, und Lindas Kopftuch flattert im
Nacken. Sie kauft eine Eintrittskarte und geht hinein.
Sie weiß, daß Michael sie in den Park begleitet hätte, wenn sie ihn
darum gebeten hätte. Er scheint von allen Verwandten, sogar noch mehr als
Patty, die sich immer wie eine Schwester verhalten hat, am meisten von Lindas
Schicksal berührt zu sein und bemüht sich deshalb, besonders nett zu sein. Um
Linda das Gefühl zu geben, willkommen zu sein, hat er ihr sein
John-Lennon-Poster geschenkt, sein Jeans-Kopfkissen und sein königsblaues
Schwinn-Fahrrad. Am Morgen fragt er sie immer, ob sie eine Mitfahrgelegenheit
zur Schule habe. Vielleicht ist es zu früh, um das zu sagen, aber Tommy und
Erin sind offensichtlich nicht so großzügig, möglicherweise haben sie das
Temperament ihrer Mutter geerbt oder ärgern sich einfach, weil noch ein Mund zu
füttern ist.
Jack, der jüngste, ist von seiner neuen Cousine hingerissen. Jeder,
der dem Vierjährigen in dieser Familie mit sieben Kindern Aufmerksamkeit
schenkt, ist seiner Meinung nach ein Gott.
Linda fährt im Wildwasserkanal, wirft Reifen und Bälle an den
Buden und kauft mexikanischen Zuckerkuchen am Süßigkeitenstand in der Arkade.
Nachdem sie den Kuchen gegessen hat, geht sie direkt zur Großen Berg- und
Talbahn und reiht sich in die kurze Schlange von Leuten ein, die die Kragen
hochgeschlagen haben. Sie ist noch nie Berg- und Talbahn gefahren, aber die
Logik sagt ihr, daß sie das Abenteuer wahrscheinlich überleben wird.
Das Gefühl der Angst in der steilen Höhe ist zutiefst erregend. Sie
weiß, daß es wieder nach unten gehen wird, ob sie will oder nicht.
Sie fährt siebenmal mit der Berg- und Talbahn und bezahlt mit dem
Geld, das sie im Heim für mißratene Mädchen gespart hat (fünfunddreißig Cents
die Stunde fürs Bügeln; fünfundzwanzig die Stunde fürs Austragen). Die Fahrt
dauert nur eine Minute, aber sie findet, daß ihr die Berg- und Talbahn
wahrscheinlich die besten sieben Minuten ihres Lebens beschert hat.
Auf dem Riesenrad, von dem aus sie Cape Cod sehen kann, drückt der
Wind die Gondel auf eine Seite, und Leute schreien. Tatsächlich kreischen und
schreien Leute im ganzen Park. Was ihrer Meinung nach auch der Sinn der Sache
ist.
Auf einer Seite des Parks ist eine Mole aus dicken Planken, die ins
Wasser hinausreicht. Sie wird von einer einzelnen Straßenlaterne beschienen.
Ihr ist ein bißchen schlecht von der Zuckerwatte und der anschließend
getrunkenen heißen Schokolade, ganz zu schweigen von dem Kuchen und der
Achterbahn, daher zieht es sie auf die Mole, um frische Luft zu schnappen. Sie
geht über die feuchten Planken und lauscht dem Rufen und Kreischen der Leute
auf den Karussells, das jetzt durch das Rauschen der sanften Brandung gedämpft
ist. Sie ist fast am Ende der Mole, als sie eine Gruppe von Jungen in Pullovern
und Parkas bemerkt, die rauchen. Sie halten die Zigaretten, die sie zwischen
Daumen und Zeigefinger geklemmt haben, nach unten und nehmen tiefe Züge wie
Jimmy Dean. Wenn sie ihren Worten Nachdruck verleihen wollen, rempeln sie sich
an den Schultern an, und gelegentlich erhebt sich ein leises Kichern wie feiner
Rauch über ihren Köpfen. Sie ist zu nahe gekommen, um unerkannt zu bleiben, und
befindet sich jetzt in der unangenehmen Situation, entweder weiterzugehen oder
kehrtzumachen und sich zurückzuziehen. Aber das will sie nicht, weil sie sich
nicht den Anschein geben möchte, vor den Jungen Angst zu haben, und weil ihr
die Vorstellung widerstrebt, sich wie ein Hund mit eingezogenem Schwanz
davonzumachen.
Sie geht zum nördlichen Rand der Mole und sieht nach unten. Es
herrscht Flut und das Wasser schwappt bis hoch an die Pfähle herauf. Die Jungen
haben sie bemerkt und sind jetzt stiller, obwohl sie sich immer noch
gegenseitig anrempeln. Sie beobachtet, wie ein Junge seine Zigarette in die
Brandung wirft und die Hände in die Taschen steckt. Seine Haltung ist nicht
mißzuverstehen. Sie beschließt zu bleiben, wo sie ist, noch mindestens eine
Minute lang, um sich dann, nachdem sie sich nicht hat vertreiben lassen, ganz
beiläufig davonzutrollen, genauso wie sie es getan hätte, wenn sie nicht dort
gewesen wären.
Aber der Junge mit den Händen in der Jackentasche löst sich von den
anderen und kommt auf sie zu.
»Hallo«, sagt er.
»Hi«, antwortet sie.
»Du bist
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