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Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)

Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der weiße Klang der Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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sagte: ›Sei
vorsichtig. Das ist Jahre her.‹ Aber sie war nicht sicher, ob sie die Worte
zurückhalten konnte. Einige Wunden heilen nie, stellte sie leicht erstaunt
fest.
    »Ich hatte angenommen, wir würden schließlich eine Möglichkeit
finden, zusammen zu sein«, sagte sie. Der Aufzug kam, aber Thomas stieg nicht
ein. Heilfroh machte sich der Kellner davon.
    »Nun, dafür hast du ja gesorgt, nicht wahr?« sagte Thomas, unfähig,
einen leichten Anflug von Sarkasmus zu unterdrücken.
    »Hättest du selbst es getan?« fragte sie scharf. »Schließlich?«
    »Ja, natürlich hätte ich es getan. Ich habe dich mein Leben lang
geliebt. Das habe ich dir gesagt. Aber damals, genau in dieser Nacht, war es
undenkbar, Regina allein zu lassen. Das weißt du so gut wie ich.«
    Ja, das wußte sie. Die Wahrheit war immer belebend, dachte sie.
    »Und danach war alles kaputt«, fügte er hinzu. »Wir haben es
kaputtgemacht. Wir haben versäumt, uns das Chaos vorzustellen.«
    »Ich würde mein Leiden jederzeit gegen Reginas Leiden aufrechnen«,
sagte sie.
    Der Streit schien ihn abzustoßen. Sie wußte, daß ihr dies später am
meisten leid täte: Daß sie in ihrem Zorn gewöhnlich geworden war. Daß sie von
einem Moment zum anderen zur Xanthippe geworden war.
    »War es denn gar nichts wert?« fragte sie. »Lohnte sich die Mühe für
unser Zusammensein nicht? Gib zu, du hast nicht an uns geglaubt.«
    Ihre Fragen erstaunten sie ebensosehr wie ihn. Und warum stellte sie
sie? Bedauerte sie wirklich die Wahl, die ihr ihre Kinder beschert hatte? Die
Wendung des Schicksals, die Maria und Marcus hervorgebracht hatten? Hätte sie
sich gewünscht, sie hätte Vincent nicht getroffen, nicht geheiratet? Natürlich
nicht.
    »Außer an Billie habe ich fünfunddreißig Jahre lang kaum an etwas
anderes gedacht«, sagte Thomas ruhig.
    Sie sah auf den gemusterten Teppich. Sie betete, Thomas würde nicht
über den Gang kommen und sie umarmen. Sie beide darauf reduzieren. Sie erwog,
dies auszusprechen, es ihm zu verbieten.
    Sie war sicher, er würde sie jetzt verlassen, sie verlassen, um die
Erinnerung an die letzten Minuten auszulöschen. An das ganze Wochenende
vielleicht. Als hätten sie sich nicht getroffen, nicht gesehen, nach all den
Jahren.
    Sie hatte nicht mehr die Kraft für all das.
    Irgendwo im Gang hörte sie ein Telefon läuten. Es klingelte zwei-,
dreimal, bevor sie registrierte, woher es kam. Und dann trieb sie der
mütterliche Instinkt, der niemals ruhte, den Gang hinunter, bis sie bei ihrem
Zimmer war. Es war ihr Telefon. Mist, dachte sie. Es
war sicher Marcus. Sie drehte den Türknopf.
    Natürlich. Sie hatte sich ausgesperrt.
    »Ich geh runter und hol einen Schlüssel«, sagte Thomas, als er neben
ihr angelangt war.
    »Sie werden dir keinen geben. Außerdem wäre es ohnehin zu spät.« Das
Telefon klingelte weiter. ›Es muß wichtig sein‹, dachte sie. Sie war jetzt
sicher, daß Marcus anrief. ›Wie konnte ich bloß so dämlich sein?‹ Wieder rüttelte
sie am Türknopf.
    Thomas stand tatenlos neben ihr. Das Telefon klingelte immer noch.
Sie wünschte, es würde aufhören. Der Streit zwischen ihnen war nebensächlich
geworden.
    »Eigentlich«, sagte Thomas, »ist es irgendwie komisch.«
    Sie sah wieder zu ihm auf. Er rieb sich das Kinn, um ein Lächeln zu
unterdrücken. ›Er hat recht‹, dachte sie. Es war komisch. Zuerst das ganze
Drama, und jetzt die Posse mit der verschlossenen Tür.
    »Eine Farce, nach allem«, sagte sie.
    Sie hörte Schritte hinter sich. »Entschuldigen Sie, brauchen Sie
einen Schlüssel?« Auf dem Wagen des Zimmermädchens lagen Frühstückskarten und
kleine Schokoladentäfelchen. Das Mädchen kam, um das Bett aufzuschlagen. Diesen
Dienst würde Linda nie mehr abweisen.
    Sobald sie im Zimmer war, rannte Linda zum Telefon, in der Hoffnung,
es würde nicht zu klingeln aufhören, bevor sie es erreicht hatte. Sie lauschte
der Stimme am anderen Ende. Ihre freie Hand fuhr nach oben und machte
unbeholfen flattrige Bewegungen. Thomas, neben ihr, ergriff ihre fahrige Hand
und hielt sie fest.
    »Ich bin so erleichtert, deine Stimme zu hören«, sagte sie halb
lachend, halb weinend. Sie ließ sich schwer aufs Bett sinken. Thomas setzte
sich neben sie und ließ ihre Hand los.
    Linda drehte sich um und formte mit den Lippen die Worte: ›Es ist
gut. Es ist Marcus.‹
    »Tut mir leid wegen David«, sagte Marcus, der sich bemerkenswert
klar bei Verstand anhörte. »Ich weiß, daß er manchmal ein Arschloch sein kann.
Ich

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