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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Aldermann Odda ausfindig machen und ihm erklären, dass er seine Soldaten zur Flussmündung bringen und die
     Sache für uns erledigen soll.»
    «Ja, Herr», sagte Egwine.
    «Heute Abend», sagte Alfred kühl zu mir, bevor er den Raum verließ.
    Ich war wütend, und genau darauf hatte er es angelegt. Mit Leofric stieg ich zur neu errichteten Festung hinauf und blickte
     hinaus auf die Marsch und die Wolken, die sich über der Sæfern-See zusammenzogen. «Wie könnten wir es schaffen, vierundzwanzig
     Schiffe niederzubrennen?», fragte ich.
    |288| «Ist doch ganz einfach», erwiderte Leofric. «Gott wird Feuer vom Himmel regnen lassen.»
    «Tausend Kämpfer wären mir lieber.»
    «Alfred wird Odda nicht rufen lassen», sagte Leofric. «Er hat dich damit nur herausfordern wollen.»
    «Aber er hat recht, oder?», sagte ich widerwillig. «Wir müssen Svein loswerden.»
    «Bloß wie?»
    Ich betrachtete die Bäume, die Haswold als Sperre über den Fluss gelegt hatte. Weil die Flut eingesetzt hatte, strömte das
     Wasser flussaufwärts und brach sich an den ineinanderverflochtenen Zweigen. «Ich erinnere mich an eine Geschichte», sagte
     ich. «Sie wurde mir erzählt, als ich noch ein Kind war», vermutlich von Beocca. «Darin hieß es, dass der Christengott die
     Wogen eines Meers teilte.»
    «Das war Moses», sagte Leofric.
    «Und als ihm seine Feinde folgten, schlugen die Fluten über ihnen zusammen, sodass sie ertranken.»
    «Schlau», sagte Leofric.
    «Und genauso machen wir es auch», sagte ich.
    «Wie?», fragte Leofric.
    Doch statt ihm zu antworten, rief ich einige Marschenleute aus dem Ort heran und beriet mich mit ihnen, und am Abend wusste
     ich, was ich tun wollte, und weil der Gedanke dazu aus den Schriften stammte, war Alfred sofort einverstanden. Die Vorbereitungen
     nahmen noch einen vollen Tag in Anspruch. Wir mussten genügend Kähne für vierzig Männer auftreiben. Außerdem brauchte ich
     Eofer, den einfältigen Bogenschützen. Er verstand nicht, was ich von ihm verlangte, und fürchtete sich, bis ihn ein kleines
     Mädchen von etwa zehn oder elf Jahren bei der Hand nahm und erklärte, dass er mit uns auf die Jagd gehen sollte. «Vertraut
     er dir?», fragte ich das Kind.
    |289| «Er ist mein Onkel», antwortete es. An der Hand des Mädchens hatte sich Eofer wieder beruhigt.
    «Tut Eofer, was du ihm sagst?»
    Das Mädchen nickte ernst. Ich forderte sie auf, uns zu begleiten und ihren Onkel bei Laune zu halten.
    Noch vor Sonnenaufgang brachen wir auf. Wir waren zwanzig Marschenmänner mit Booten, zwanzig Krieger, ein einfältiger Bogenschütze,
     ein Kind, Iseult und ich. Alfred wollte, dass Iseult zurückblieb, doch ich beachtete ihn nicht, und er bestand nicht darauf.
     Stattdessen sah er zu, wie wir abfuhren, und verschwand dann in Æthelingægs Kirche, auf deren Giebel ein neues Kreuz aus Erlenholz
     prangte.
    Und hinter diesem Kreuz schwebte der Vollmond niedrig am Himmel. Sein gespenstisch fahles Gesicht erbleichte mit dem Aufgang
     der Sonne noch mehr, doch als wir auf zehn Kähnen flussabwärts glitten, schaute ich immer wieder zu ihm auf und betete im
     Stillen zu Hoder, denn der Mond ist seine Frau, und sie ist es, die einem Krieger den Sieg schickt. Zum ersten Mal seit Guthrums
     Angriff an jenem frühen Wintermorgen schlugen die Sachsen zurück.

|290| ACHT
    Kurz bevor der Pedredan das Meer erreicht, schlägt er einen großen Bogen durch die Marsch, einen Bogen, der nahezu drei Viertel
     eines Kreises beschreibt. Dort, wo der Bogen beginnt, lag am Innenufer eine kleine Siedlung, bestehend nur aus einem halben
     Dutzend Hütten, die auf Pfählen gebaut waren. Diese Siedlung wurde Palfleot genannt, was so viel wie «der Ort mit den Stangen»
     bedeutet, denn mit spitzen Stangen hatten die Leute hier Aale gestochen und Fischreusen aus den Flüssen gezogen. Doch die
     Dänen hatten sie vertrieben und ihre Hütten niedergebrannt, sodass von Palfleot nicht mehr übriggeblieben war als verkohltes
     Pfahlwerk auf schwarzem Schlamm. Dort legten wir bei Sonnenaufgang an. Das ablaufende Wasser der Ebbe legte die großen Sandbänke
     und Schlickgebiete frei, durch die Iseult und ich uns gekämpft hatten, während ein schneidend kalter Westwind den Regen vor
     sich hertrieb. Jetzt aber warf schräges Sonnenlicht die langen Schatten von Dünengräsern und Schilfrohr über die Marsch. Zwei
     Schwäne flogen nach Süden, und ich wusste, dass sie ein Zeichen der Götter waren, doch ich konnte es nicht

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