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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gern unterwegs. Unter den Neuankömmlingen war außerdem kein einziger Thegn. Thegn waren Männer von Adel oder Vermögen,
     die Dutzende gutbewaffneter Kämpfer ins Feld führen konnten. In jeder Grafschaft gab es solche Thegn; sie standen gleich unter
     den Vögten und Aldermännern, die selber zu den Thegn zählten. Sie |285| stellten die eigentliche Macht von Wessex dar, doch kein einziger von ihnen war nach Æthelingæg gekommen. Manche waren, wie
     wir hörten, über die Grenze geflohen, andere versuchten, ihren Grundbesitz zu schützen. Alfred hätte sich in der Gesellschaft
     von einem Dutzend Thegn gewiss sehr viel wohler gefühlt, so aber musste er sich mit mir, Leofric und Egwine begnügen. «Wie
     stark sind derzeit unsere Truppen?», fragte Alfred.
    «Wir haben über hundert Mann», antwortete Egwine frohgemut.
    «Von denen nur sechzig oder siebzig zu kämpfen imstande sind», sagte ich. Es war, wie fast immer, wenn Truppen zusammengestellt
     werden, eine Krankheit ausgebrochen. Viele Männer mussten sich übergeben, zitterten am ganzen Leib und hatten Durchfall.
    «Reicht das?», fragte Alfred.
    «Wofür, Herr?» Egwine war nicht besonders schnell im Kopf.
    «Um Svein zu schlagen natürlich», sagte Alfred. Erneut breitete sich Schweigen aus, denn diese Frage war närrisch.
    Schließlich warf sich Egwine in die Brust. «Mehr als genug, Herr!»
    Ælswith schenkte ihm dafür ein Lächeln.
    «Und wie würdest du vorgehen?», fragte Alfred.
    «Ich würde alle Männer nehmen, die wir haben, und angreifen», antwortete Egwine. «Geradewegs angreifen!»
    Beocca ließ die Feder ruhen. Er wusste, wann Unsinn gesprochen wurde, und verschwendete keine kostbare Tinte auf dumme Gedanken.
    Alfred sah mich an. «Was hältst du davon?»
    «Sie würden uns von weitem kommen sehen und wären vorbereitet», antwortete ich.
    |286| «Wir könnten auch einen Haken ins Landesinnere schlagen und von den Hügeln aus angreifen», schlug Egwine vor.
    Wieder richtete Alfred den Blick auf mich. «Æthelingæg wäre ohne Verteidigung», sagte ich, «und es würde mindestens drei Tage
     dauern. Danach wären unsere Männer ausgehungert und erschöpft, und den Dänen bliebe, wenn sie uns von den Hügeln herabkommen
     sähen, immer noch genügend Zeit, sich zu rüsten. Im besten Fall wären wir zumindest zahlenmäßig ebenbürtig. Und im schlechtesten?»
     Ich zuckte mit den Achseln. Zurückgerufen, könnten Sveins Truppen nach drei oder vier Tagen zur Stelle sein, und dann würden
     unsere siebzig oder achtzig Männer einem ganzen Heer gegenüberstehen.
    «Wie also würdest du vorgehen, Uhtred?», fragte Alfred.
    «Wir zerstören ihre Flotte.»
    «Weiter.»
    «Ohne ihre Schiffe», sagte ich, «können sie die Flüsse nicht heraufkommen. Ohne ihre Schiffe sind sie wie Fische auf dem Trockenen.»
    Alfred nickte. Beocca kratzte wieder mit der Feder übers Pergament. «Wie willst du die Flotte zerstören?», fragte der König.
    Darauf wusste ich selbst noch keine Antwort. Wir könnten mit siebzig Mann gegen ihre siebzig antreten, aber am Ende, selbst
     wenn wir gewinnen würden, bräuchten wir Glück, um noch zwanzig Männer auf den Beinen zu haben. Sie könnten dann natürlich
     die Schiffe in Brand stecken, doch ich bezweifelte, dass wir so lange durchhalten würden. Bei Cynuit waren auch Dutzende dänischer
     Frauen. Wenn es zum Kampf käme, würden sie sich an die |287| Seite ihrer Männer stellen, und wir würden aller Wahrscheinlichkeit nach geschlagen. «Feuer», rief Egwine begeistert. «Wir
     schaffen es in Kähnen heran und bewerfen die Schiffe mit brennenden Fackeln.»
    «Sie haben Wachen bei den Schiffen», sagte ich müde, «und sie werden Speere, Pfeile und Äxte auf uns schleudern. Vielleicht
     gelingt es, eines ihrer Schiffe niederzubrennen, aber mehr werden wir nicht erreichen.»
    «Wir könnten nachts angreifen», sagte Egwine.
    «Es ist fast Vollmond», sagte ich. «Sie würden uns kommen sehen. Und wenn der Mond hinter Wolken steht, werden wir die Flotte
     nicht früh genug erkennen.»
    «Wie also würdest du vorgehen?», fragte Alfred erneut.
    «Gott wird Feuer vom Himmel regnen lassen», sagte Bischof Alewold, doch darauf ging niemand ein.
    Alfred erhob sich. Wir alle standen auf. Dann deutete er auf mich. «Du wirst Sveins Flotte zerstören», sagte er. «Und heute
     Abend möchte ich wissen, wie du vorgehen wirst. Wenn dir nichts eingefallen ist, dann wirst du», er zeigte auf Egwine, «nach
     Defnascir reiten,

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