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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Sachsen aus dem Gleichgewicht. Auf ähnliche Weise hatte auch Haesten
     kämpfen müssen, als ich ihm zum ersten Mal begegnet war. Diejenigen, die Steapa gefangen genommen hatten, verdienten offenbar
     gut an ihm und all den Narren, die ihre Kräfte an dem gefesselten Kämpfer messen wollten. Gerade war ein dünner, grinsender
     Däne sein Gegner. Er tanzte um den Riesen herum und versuchte ihn mit überraschenden Ausfällen aus der Deckung zu locken,
     gerade so, wie ich es in meinem Kampf gegen Steapa versucht hatte. Steapa aber wusste sich geschickt zu wehren, wehrte jeden
     Schlag ab und griff auch selbst an, wenn es diejenigen, die ihn an der Kette führten, denn zuließen. Einmal rissen ihn die
     beiden Männer so heftig zurück, dass er auf sie losging und nur von drei auf ihn gerichteten Speeren daran gehindert wurde.
     Die Menge jubelte vor Begeisterung. Steapa drehte sich wieder um, wehrte den nächsten Angriff ab und wich zurück. Der dünne
     Mann setzte nach und witterte eine günstige Gelegenheit, Steapa zu Fall zu bringen, doch der wehrte die Klinge des Gegners
     mit dem Schild ab. Dann brachte er seine Linke vor und schmetterte seinem Gegenüber das massige Heft seines Schwertes auf
     den Kopf. Der Däne stürzte zu Boden. Als Steapa das Schwert umdrehte, um mit der Spitze zuzustechen, wurde er an der Kette
     von den Beinen gerissen und mit Speeren daran gehindert, den Kampf zu beenden. Der Menge gefiel es. Er hatte gewonnen.
    Geld wechselte von Hand zu Hand. Steapa hockte vor einem der Feuer. Seine Miene verriet keinerlei Regung, als einer der beiden,
     die ihn an der Kette hielten, neue |318| Gegner zum Kampf herausforderte. «Zehn Silberstücke für den, der ihn verletzt, fünfzig für den, der ihn tötet!»
    Steapa verstand wahrscheinlich kein einziges Wort. Er starrte in die Menge, aus der auch schon bald ein betrunkener Kerl grinsend
     hervortrat. Wetten wurden abgeschlossen, und Steapa musste sich dem Kampf erneut stellen. Es war wie bei einer Bullenhatz,
     außer dass sich Steapa immer nur eines einzigen Gegners erwehren musste. Er hätte sicher auch gegen drei oder vier Gegner
     gleichzeitig antreten können, doch die beiden Dänen, die ihn gefangen hatten, wollten, dass er am Leben blieb, solange sich
     noch Tölpel fanden, die bereit waren, für einen Kampf gegen ihn zu bezahlen.
    Ich ging weiter an der Mauer entlang und sah mir weiter die Gesichter an. «Sechs Pennys?», hörte ich da eine Stimme hinter
     mir sagen. Ich drehte mich um und hatte einen grinsenden Mann vor mir. Er stand an einer der insgesamt zwölf Türen, die in
     gleichmäßigem Abstand in die gekalkte Wand eingelassen waren.
    «Sechs Pennys?», fragte ich verblüfft.
    «Billig», antwortete er und öffnete eine Klappe in der Tür, um mir einen Blick zu gewähren.
    Ich trat näher und schaute in einen winzigen Raum, der von einem einzigen Talglicht erleuchtet wurde. Auf der Pritsche lag
     eine nackte Frau unter einem Mann, der seine Hose heruntergelassen hatte. «Er ist gleich so weit», sagte der Mann.
    Ich schüttelte den Kopf und wandte mich von der Tür ab.
    «Sie war hier Nonne», sagte der Zuhälter. «Jung und hübsch, nicht wahr? Und sie schreit dabei meistens wie eine Sau.»
    «Nein», sagte ich.
    |319| «Vier Pennys? Sie sträubt sich auch nicht. Jetzt nicht mehr.»
    Ich ging weiter, inzwischen überzeugt davon, dass ich hier nur Zeit vergeudete. War Alfred dagewesen und schon wieder gegangen?
     Aber wahrscheinlicher, dachte ich grimmig, hatte sich der Narr doch zu seinem Palas aufgemacht. Ich fragte mich, ob ich es
     wagen sollte, ebenfalls dorthin zu gehen, doch der Gedanke an Guthrums Rache hielt mich zurück. Der nächste Kampf hatte begonnen.
     Steapas Herausforderer trat in gebückter Haltung an und zielte mit dem Schwert auf die Füße seines Gegners, doch Steapa hatte
     keine Mühe, sich zu wehren. Ich schlich hinter den Männern mit der Kette vorbei und sah durch eine geöffnete Tür zur Linken
     in einen großen Raum, der, wie mir schien, den Nonnen als Speisesaal gedient haben mochte. Ein goldener Schimmer im Innern
     lockte mich hinein.
    Es war kein Metall, das da schimmerte, sondern der vergoldete Rahmen der kleinen Harfe, die zerschlagen auf dem Boden lag.
     Ich sah mich im Dunkeln um und entdeckte eine lang hingestreckte Gestalt in der hintersten Ecke. Es war Alfred. Er lebte,
     schien auch unverwundet zu sein, war aber sehr benommen. Ich richtete seinen Oberkörper auf und lehnte ihn an die Wand.

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