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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Wetzstein schabte über die Klinge. Überall um mich herum schärften die Männer ihre Waffen. «Wenn alles vorbei ist», sagte
     ich, «gehen wir beide von hier fort und bauen uns ein Haus.»
    «Wenn alles vorbei», entgegnete sie, «wirst du nach Norden gehen. Immer weiter nach Norden. Zurück in deine Heimat.»
    «Dann kommst du mit mir.»
    «Vielleicht.» Sie wendete das Kettenhemd und machte sich an die nächste Stelle. «Ich kann meine eigene Zukunft nicht sehen.
     Alles ist schwarz.»
    «Du wirst die Herrin von Bebbanburg», sagte ich. «Ich werde dich mit kostbaren Pelzen behängen und dir eine Silberkrone aufsetzen.»
    Sie lächelte, doch ich sah Tränen auf ihren Wangen. Ich nahm sie als Ausdruck ihrer Furcht. Davon gab es viel in dieser Nacht
     in unserem Lager, zumal der Feuerschein, |452| der über den Hügeln hing, den Männern zeigte, wie nahe uns der Feind war. Schließlich schlief ich doch ein, wurde aber schon
     lange vor dem Morgengrauen von einem Regenschauer wieder geweckt. Niemand hatte in dieser Nacht ruhig geschlafen. Alles rüstete
     sich zum Kampf.
    Wir brachen in grauer Dämmerung auf. Regenschauer wurden uns vom Wind in den Rücken getrieben. Die meisten von uns waren zu
     Fuß, unsere wenigen Pferde trugen vor allem unsere Schilde. Osric und seine Leute hielten sich ganz vorne, weil sie die Grafschaft
     am besten kannten. Alfred hatte entschieden, dass die Krieger von Wiltunscir und Suth Seaxa die rechte Seite der Kampflinie
     bilden sollten. Dann kam er selbst mit den Männern, die schon auf Æthelingæg zu ihm gestoßen waren. Er wurde von Harald und
     den Männern aus Defnascir und Thornsæta, von Burgweard und dem Fyrd aus Hamtonscir sowie meinem Vetter Æthelred aus Mercien
     unterstützt. Die linke Seite schließlich bildete der starke Fyrd aus Sumorsæte unter Wiglafs Führung. Zusammen waren wir dreieinhalbtausend
     Kämpfer. Die Frauen kamen mit uns. Manche trugen die Waffen ihrer Männer, andere ihre eigenen.
    Es war kalt an diesem Morgen, und der Regen hatte das Gras rutschig werden lassen. Die Männer waren hungrig und müde. Wir
     alle hatten Angst.
    Auf Alfreds Geheiß bildete ich mit fünfzig Kriegern aus Burgweards Reihen die Vorhut. Es waren Männer, die mit mir auf der
     in
Fyrdraca
umgetauften
Heahengel
gekämpft hatten, sechsundzwanzig von ihnen stammten aus Hamtun. Steapa, der eine unerklärliche Zuneigung zu mir entwickelt
     hatte, war ebenfalls bei mir, so auch Pater Pyrlig, der in seiner Rüstung als Priester nicht mehr zu erkennen war. Wir waren
     knapp dreißig Mann, und als wir an einem Grabhügel des alten Volkes vorbeiritten, stieß auch noch |453| Æthelwold zu uns. «Alfred hat mich zu euch geschickt», erklärte er.
    «Wirklich?»
    «Er sagt, ich soll nicht von deiner Seite weichen.»
    Ich lächelte wider Willen. Wenn ich einen Mann an meiner Seite hätte haben wollen, so wäre meine Wahl auf Eadic oder Cenwulf,
     Steapa oder Pyrlig gefallen, auf Männer, die verlässlich waren und die ihren Schild halten konnten. «Du wirst immer hinter
     meinem Rücken bleiben», entgegnete ich.
    «Hinter deinem Rücken?»
    «Im Schildwall wirst du dicht hinter mir bleiben und bereit sein, meinen Platz einzunehmen.»
    Er fühlte sich beleidigt. «Ich will aber in der ersten Reihe stehen», beharrte er.
    «Hast du jemals in einem Schildwall gekämpft?»
    «Nein, und das weißt du.»
    «Also stehst du besser hinten», erwiderte ich. «Außerdem, wer soll König sein, wenn Alfred fällt?»
    «Ah.» Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. «Ich bleibe also hinter dir?»
    «Du bleibst hinter mir.»
    Iseult und Hild führten mein Pferd. «Falls wir die Schlacht verlieren sollten, steigt ihr beide in den Sattel und reitet weg»,
     erklärte ich ihnen.
    «Und wohin?», fragte Iseult.
    «Einfach weg. Und nimm das Geld.» Mein Silber und alles, was ich besaß, steckte in den Satteltaschen. «Nimm es und mach dich
     mit Hild davon.»
    Hild lächelte. Sie war blass, und ihr regennasses blondes Haar klebte an ihrem Kopf. Sie trug ein weißes Gewand, das in der
     Taille mit einem Strick zusammengefasst war. Sie hatte darauf bestanden, mit dem Heer zu ziehen, und |454| das hatte mich überrascht, denn ich hatte gedacht, sie würde lieber in einem Kloster Zuflucht suchen. «Ich will sie sterben
     sehen», erklärte sie geradeheraus. «Und den einen, der Erik genannt wird, will ich eigenhändig töten.» Sie klopfte auf das
     lange, schlanke Messer, das an ihrem Gürtel hing.
    «Erik ist

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