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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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auf?»
    «Versprecht ihm doch, ein Kloster zu bauen», schlug ich vor.
    Er sah mich an, als wäre ich nicht ganz bei Trost, bemerkte aber dann, dass ich scherzte, und lachte laut. «Wahrhaftig, damit
     ließe er sich am ehesten günstig stimmen. Habt Ihr davon gehört, dass bei Cynuit eine Kirche gebaut wird?»
    «Ja, und dass sie einen Altar aus purem Gold bekommen soll.»
    Wieder fing er lauthals zu lachen an. «Ich kann’s kaum glauben, aber so heißt es.» Er musterte eines der Mädchen, das die
     Gäste bediente. «Um die Geiseln sehen zu können, braucht Ihr nicht meine Erlaubnis, sondern die von Alfred, aber der wird
     sie Euch nicht geben.»
    «Ich brauche Alfreds Erlaubnis?», fragte ich.
    «Es handelt sich ja nicht bloß um einfache Geiseln», sagte er. «Es sind Gefangene, sie sind eingekerkert, und ich muss sie
     Tag und Nacht bewachen. So will es der König. Er mag glauben, dass Gott uns Frieden geschenkt hat, hat aber trotzdem sehr
     darauf geachtet, Geiseln von |59| hoher Geburt zu bekommen. Sechs Grafen! Habt Ihr eine Ahnung, wie viele Gefolgsleute dazugehören? Wie viele Frauen? Wie viele
     Mäuler ich zu stopfen habe?»
    «Und wenn ich einfach nach Wiltunscir reite», sage ich, «kann ich dann Graf Ragnar sehen? Wäre das möglich?»
    Wulfhere runzelte die Stirn. «Graf Ragnar? Den, der immer so viel Wind macht? Ein netter Kerl. Nein, mein Freund, unmöglich.
     Es gibt nur einen, der zu den Geiseln vorgelassen wird, und das ist ein verdammter Priester, der ihre Sprache spricht. Alfred
     hat ihn beauftragt, sie zu bekehren. Wenn Ihr ohne meine Erlaubnis diesen Ragnar aufsucht, wird Alfred davon erfahren und
     mich zur Rede stellen. Kein Mensch darf die armen Teufel sehen.» Kratzend versuchte er, einer Laus unter seinem Kragen beizukommen.
     «Diesen Priester muss ich auch noch ernähren, unentgeltlich, versteht sich. Alfred zahlt nicht einmal dafür, dass ich diesen
     Flegel Æthelwold durchfüttere.»
    «Dass ich meine Geiselhaft in Werham überlebt habe, verdanke ich Graf Ragnar», erklärte ich. «Alle anderen Geiseln wurden
     auf Guthrums Befehl gemeuchelt. Aber Ragnar hat mich beschützt und damit gedroht, dass, wer mich töten wolle, zuerst ihn umbringen
     müsse.»
    «Und er scheint ein Kerl zu sein, der sich zu wehren weiß», sagte Wulfhere. «Trotzdem werde ich ihn mir vorknöpfen, falls
     es Guthrum wagen sollte, Wessex anzugreifen. Ich werde ihn und all die anderen töten, außer vielleicht den Frauen.» Er starrte
     düster nach draußen in den Hof, wo einige seiner Männer im Mondlicht würfelten. «Und Guthrum wird angreifen», fügte er leise
     hinzu.
    «Ich habe da etwas anderes gehört.»
    Er sah mich argwöhnisch an. «Und was habt Ihr gehört, junger Mann?»
    «Dass Gott uns Frieden geschenkt hat.»
    |60| Meine spöttische Bemerkung brachte ihn zum Lachen. «Guthrum ist in Gleawecestre», sagte er, «und das liegt nur einen halben
     Tagesmarsch von unserer Grenze entfernt. Tagtäglich, so heißt es, treffen weitere dänische Schiffe ein. Sie sind in Lundene,
     auf dem Humber und im Gewæsc.» Sein Blick verfinsterte sich. «Immer mehr Schiffe, Heerscharen von Kämpfern, und Alfred baut
     Kirchen! Und dann wäre da noch dieser Svein.»
    «Svein?»
    «Der Bastard hat seine Schiffe von Irland an die walisische Küste verlegt. Aber da wird er bestimmt nicht bleiben. Er wird
     nach Wessex kommen, und es heißt, dass ihm weitere Dänen aus Irland folgen.» Wulfhere sah bei diesen Neuigkeiten schwarz,
     doch ich bezweifelte, dass sie der Wahrheit entsprachen. Solche Gerüchte machten allenthalben die Runde, und Wulfhere sollte
     nicht einfach alles glauben. «Wir sollten gegen Gleawecestre ziehen und das ganze Pack abschlachten, bevor es uns niedermacht»,
     sagte er. «Stattdessen aber wird unser Königreich von Priestern regiert.»
    Das stimmte, genauso wie es stimmte, dass Wulfhere es mir nicht leichtmachen würde, Ragnar zu sehen. «Würdet Ihr Ragnar eine
     Botschaft von mir überbringen?», fragte ich.
    «Und wie soll das gehen? Ich spreche kein Dänisch. Ich könnte allenfalls den Priester bitten, aber der würde Alfred in Kenntnis
     setzen.»
    «Hat Ragnar eine Frau bei sich?», fragte ich.
    «Das haben sie alle.»
    «Ein dünnes Mädchen», sagte ich, «schwarze Haare, mit einem Gesicht wie ein Falke.»
    Er nickte vorsichtig. «Könnte hinkommen. Sie hat einen Hund, nicht wahr?»
    |61| «Ja», antwortete ich. «Nihtgenga.»
    Er zuckte mit den Achseln, als interessiere ihn

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