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Der weiße Reiter

Titel: Der weiße Reiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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einen hochgewachsenen, hageren Mann mit grauem
     Haar, der den anderen Handwerkern vorstand, «er ist päpstlicher als der Papst. Wenn er uns auf die Schliche käme, würde er
     es sofort den Geistlichen vor Ort zutragen, und die würden es Alfred sagen, und der würde mir die
Eftwyrd
abnehmen und Burgweard unterstellen.»
    «Du magst diesen Burgweard nicht, stimmt’s?»
    Leofric spuckte aus. «Nur gut, dass keine Dänen in der Nähe sind.»
    «Ist er feige?»
    «Nein, aber er glaubt, dass Gott über den Ausgang einer Schlacht entscheidet. Und so verbringen wir mehr Zeit auf unseren
     Knien als am Ruder. Als du noch die Flotte angeführt hast, ist jede Menge Geld für uns herausgesprungen. Jetzt betteln sogar
     die Ratten an Bord um einen Brotkrümel.»
    Wir waren an Geld gekommen, indem wir dänische Schiffe aufgebracht und ausgeplündert hatten, und obwohl keiner von uns dadurch
     wirklich vermögend wurde, hatten wir doch genügend Silber für Notzeiten zurücklegen können. Ich war nach wie vor reich, denn
     ich hatte einen Schatz bei Oxton versteckt, einen Schatz aus dem Erbe Ragnars des Älteren, den die Kirche und Oswalds Verwandtschaft
     an sich reißen würden, wenn sie nur |70| könnten. Doch kein Mann kann je genug Silber haben. Mit Silber erwirbt man Land und die Treue seiner Krieger, Silber verleiht
     den Herren Macht, und wenn es fehlt, bleibt einem nichts anderes übrig, als die Knie zu beugen oder in Knechtschaft zu leben.
     Die Dänen machten sich ihre Männer mit dem Reiz des Silbers gefügig, und wir machten es genauso. Wenn ich wieder ein Herr
     sein und die Mauern der Bebbanburg stürmen wollte, brauchte ich Männer und eine große Menge Silbers, um Schwerter, Schilde,
     Speere und die Herzen meiner Kämpfer zu kaufen. Also würde ich auf See danach suchen. Den Schiffsbauern erzählten wir, dass
     wir lediglich eine Erkundungsfahrt entlang der Küste machen wollten. Wir beluden das Schiff mit Fässern voller Bier, Zwieback,
     Käse, geräuchertem Fisch und Speckseiten. Mildrith bekam von mir die gleiche Geschichte zu hören: dass wir die Küsten von
     Defnascir und Thornsæta im Auge behalten wollten. «Was wir auch wirklich tun sollten», meinte Leofric, «nur für den Fall,
     dass tatsächlich Dänen aufkreuzen.»
    «Die Dänen halten sich bedeckt», sagte ich.
    Leofric nickte. «Ganz recht. Sie lauern auf eine Gelegenheit.»
    Ich war mit Leofric einer Meinung. Guthrum lag mit seinem Heer unweit der Grenze zu Wessex, und Svein, falls es ihn tatsächlich
     gab, steuerte auf die Nordküste zu. Alfred mochte glauben, dass sein Frieden, von den Geiseln abgesichert, Bestand haben würde,
     ich aber wusste aus langjähriger Erfahrung, wie landhungrig Dänen waren und wie sie nach den fruchtbaren Äckern und fetten
     Weiden von Wessex gierten. Sie würden kommen, und wenn nicht von Guthrum so von irgendeinem anderen dänischen Kriegsherrn
     angeführt, und dann würden sie Alfreds Reich mit Schiffen, Kämpfern, Schwertern und Äxten |71| heimsuchen. Immerhin herrschten die Dänen schon über die drei anderen englischen Königreiche. Sie hatten meine Heimat Northumbrien
     unter Kontrolle, siedelten in Ostanglien und breiteten sich in Mercien aus. Sie würden nicht zulassen, dass sich das letzte
     englische Königreich im Süden unangefochten weiterentwickelte. Sie waren wie Wölfe, die sich für den Moment in den dunklen
     Wald zurückgezogen hatten, aber eine Herde fetter Schafe im Auge behielten, auf die sie früher oder später Jagd machen würden.
    Ich bestimmte elf junge Männer von meinem Land und brachte sie an Bord der
Eftwyrd
. Auch Haesten nahm ich mit, denn er hatte viele Jahre seines jungen Lebens auf der Ruderbank verbracht und konnte mir nützlich
     sein. Eines Morgens – es war nebelig, und die Flut hatte ihren Höchststand erreicht – schoben wir die
Eftwyrd
vom Ufer ins Wasser, ruderten um die langgezogene Sandbank herum und steuerten der offenen See entgegen. Die Ruder knarrten
     in den mit Leder ausgeschlagenen Löchern, und vorm Bug schäumten die Wellen, und als ich den Druck des Steuerruders in meiner
     Hand spürte, frischte mein Gemüt auf wie der Wind, und ich sah hinauf in den perlgrauen Himmel und schickte ein Dankgebet
     zu Thor, Odin, Njord und Hoder.
    Ein paar kleine Fischerboote dümpelten in Ufernähe, doch als wir in südwestlicher Richtung die Küste hinter uns gelassen hatten,
     waren wir allein auf dem Wasser. Ich schaute zurück auf die flachen Dünen am Rand der

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